1186 - Der Henker vom Hamburg Dungeon
Vergnügen oder andere Abwechslungen gestellt hatte.
So saß er in »seinem« Dungeon in der ersten Etage, die eine Cafeteria beherbergte. Man konnte hier was trinken, auch kleine Imbisse nehmen und vor allen Dingen in der düsteren Umgebung den Gang durch die blutige Geschichte noch mal Revue passieren lassen.
Auch hier war, sie präsent. Masken und Poster an den Wänden. Alles Devotionalien, die verkauft werden konnten. In einem kleinen Laden ließ sich vieles erwerben. Von den schlimmsten Masken angefangen, über T-Shirts mit den entsprechenden Aufdrucken, bis hin zu Waffen, wie Schwertern, Lanzen und Beilen.
Wenn Rico an die Beile dachte, bekam er einen Schauer. Er hätte sie am liebsten aus dem Programm genommen, aber das wollte er denn auch nicht.
Allein hier oben zu sein, machte ihm normalerweise nichts aus. Wenn er durch die Fenster nach draußen schaute, fiel sein Blick auf die Speicherstadt, in der das Dungeon lag und zugleich auch in der Freihandelszone. Er sah Kanäle, er sah die alten Fassaden der Häuser, und er sah auch das Kopfsteinpflaster, das immer einen grauen Farbton zeigte.
Er wartete nicht grundlos. Oberkommissar Knudsen wollte ihm mit dem Mann zusammen einen Besuch abstatten, der den verdammten Killer endlich stellen sollte. Wilde war eigentlich jedes Mittel recht, um zum Ziel zu kommen. Er wollte nicht, dass es zu einem weiteren Mord kam.
Er hätte nie gedacht, dass er auch Nerven haben könnte. Das Alleinsein passte ihm nicht, denn der Killer wollte ihm nicht aus dem Kopf. Er spürte in sich eine Kälte, obwohl es nicht kalt war. Die Luft gefiel ihm nicht, und das einzige Geräusch, das ihn umgab, war das leise Gluckern der Kaffeemaschine.
Er stand auf und ging über den Holzboden auf die Theke zu. Jeder Schritt hinterließ ein Echo und kam ihm vor wie das Klopfen eines übergroßen Herzens.
Der Kaffee würde ihn sicherlich nicht beruhigen. Er wollte ihn trotzdem trinken, ging hinter die Theke, wo sonst seine Mitarbeiterinnen standen, und schenkte sich eine große Tasse voll. Ein Stück Zucker klatschte in die braune Brühe. Auf Milch konnte er verzichten. Er rührte den Kaffee um und blieb gedankenverloren noch auf der Stelle stehen.
Von draußen hörte er nicht viele Geräusche. Irgendwo heulte eine Schiffssirene. Ein Lastwagen fuhr in der Nähe vorbei. Der Zoll war immer unterwegs, und die Fassaden der alten Lagerhäuser warfen die ersten Schatten.
Rico Wilde ging wieder zurück zu seinem Platz. Er war normal groß, recht schmal, besaß dunkle Haare, die kurz geschnitten waren, und heute sehr unruhige Augen, die sich immer bewegten, um alles genau in kürzester Zeit sehen zu können.
Er traute dem Frieden nicht. Und er wünschte sich, dass seine Besucher schon da wären und ihn nicht so lange allein lassen würden. Eine genaue Zeit war nicht ausgemacht worden, doch so allein in der ihm so bekannten Umgebung wurde ihm schon mulmig. Wenn jetzt der Henker erschien, hatte er keine Chance.
Der Kaffee dampfte. Er umschloss die Tasse mit beiden Händen und führte sie langsam zum Mund.
Fast hätte er sich die Lippen verbrannt, so heiß war das Zeug.
Sein Platz war in der Ecke. Der letzte Tisch vor einer Wand. Von hier aus hatte er den besten Überblick. Durch die Fenster fiel das Tageslicht in die erste Etage hinein über dem eigentlichen Dungeon, aber zu dieser Zeit nahm es bereits stark ab, obwohl sich das Wetter gehalten hatte, die Wolkendecke aufgerissen war und sogar der Sonne freie Bahn gegeben hatte.
Es würde nicht mehr lange dauern, dann schlich sich die Dämmerung an und mit ihr würde die Furcht kommen. Rico wusste das. Er hatte in den letzten Nächten so gut wie nicht geschlafen, weil sich die Gedanken immer nur um ein Thema gedreht hatten.
Auch jetzt ließ es ihn nicht aus seinen Klauen, und wieder fiel ihm der Begriff Schattenhenker ein.
Einer, der schnell und lautlos war wie ein Schatten und brutal und ohne Vorwarnung zuschlug. Er fragte sich, ob die Opfer etwas gesehen oder gehört hatten. Wenn das Beil durch die Luft gefahren war, bevor es den Nacken oder den Hals getroffen hatte.
Ein Schlag, und es war vorbei!
Rico verzog sein Gesicht, als er daran dachte. Wieder entstand bei ihm der kalte Schauer, und er spürte auch den Schweiß auf seinen Handflächen.
Er starrte in die Tasse. Sie war noch halb voll. Die Maschine hinter der Theke gab ihre typischen Geräusche ab. Er hörte das Glucksen und auch das leise Zischen.
Es ging ihm auf den Geist.
Der Blick auf
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