11.9. - zehn Jahre danach: Der Einsturz eines Lügengebäudes (German Edition)
Nachdem über einen Newsweek -Artikel im Dezember 2002 darüber etwas bekannt wurde, sahen sich die teilnehmenden Abgeordneten und Senatoren plötzlich einer Strafverfolgung wegen Geheimnisverrats ausgesetzt: FBI-Agenten durchsuchten ihre Büros und verhörten ihre Mitarbeiter. Für die einige Monate später startende 9/11-Commission war das ein deutliches Signal, dieses Territorium zu meiden, was dann dank Philip Zelikow auch geschah.
Ebenso systematisch ausgeblendet aus den Ermittlungen wurde die Tatsache, dass drei der vier späteren »Terrorpiloten« ausgerechnet bei Huffman Aviation in Venice Beach, Florida, trainiert hatten. Ausgerechnet deshalb, weil der kleine, unauffällige Flughafen des unauffälligen kleinen Rentnerstädtchens an der Küste eine ebenso verborgene wie unrühmliche Tradition hat – er wird seit Jahrzehnten für verdeckte Operationen des Militärs und der Geheimdienste genutzt 5 – und weil Huffman Aviation, eine von vielen tausend Flugschulen in den USA, alle Anzeichen einer Tarnfirma für solche Operationen trägt. Der nach 9/11 auf allen Kanälen als Besitzer der Flugschule auftretende Niederländer Rudi Dekkers fungierte eigentlich nur als Strohmann von Wally Hilliard, dem eigentlichen Investor, der außer dieser Flugschule auch noch einen Flugzeugverleih betrieb. In einem von Hilliards Lear-Jets waren im Juli 2000 knapp 20 Kilogramm Heroin beschlagnahmt worden, just zur selben Zeit, als sich Mohammed Atta bei Huffman anmeldete.
Dieser merkwürdige Zufall rief wenige Wochen nach den Anschlägen Daniel Hopsicker auf den Plan, der gerade eine Biographie über den größten Drogenschmuggler der US-Geschichte abgeschlossen hatte: Barry Seal. Das war der Chefpilot der Iran-Contra-Operation, bei der Mitte der 80er Jahre insgeheim Waffen an den Iran verkauft und diese Einnahmen dann an die rechten Contras in Nicaragua weiterverschoben wurden, um deren Krieg gegen die sandinistische Regierung zu beflügeln. Als die Sache aufflog – neben der Waffenschieberei war auch im großen Stil mit Kokain gehandelt worden –, sorgte das für einen handfesten Skandal. Die illegalen Geschäfte waren vom Weißen Haus nicht nur abgesegnet, sondern von einem Mitarbeiter von Vizepräsident Bush, Ltd. Oliver North, auch organisiert worden.
Seine Recherchen in Venice Beach verschafften Hopsicker nun ein Déjà-vu-Erlebnis nach dem anderen: Wieder ging es um einen unscheinbaren Provinzflughafen, wieder ging es um Drogenhandel und geheime Machenschaften, und wieder geschah dies alles, vorbei an lokalen Zoll- und Polizeibeamten, mit Protektion von »ganz oben«. Und das alles ausgerechnet in dem kleinen Kaff, in dem Hopsickers Eltern ihren Lebensabend verbrachten und das er jedes Jahr an Thanksgiving besuchte – und aus dem die Weltpresse, nachdem sie die blaue Markise von Huffman Aviation abgefilmt hatte, ohne weitere Fragen wieder verschwunden war. Das gute Dutzend junger arabischer Männer aber war aufgefallen in dem mit einem Durchschnittsalter von 72 Jahren gesegneten Städtchen, doch was Hopsicker von Nachbarn, Vermietern, Taxifahrern und allen anderen Zeugen über die späteren »Hijacker« erfuhr, ergab ein etwas anderes Bild als das in den Medien verbreitete von religiösen, islamistischen Fanatikern (→ Kap. 8 ). Es landete ebenso wenig in den Hauptnachrichten wie die Hintergründe, die Hopsicker über Wally Hilliard und seine äußerst merkwürdigen Aktivitäten im Luftfahrtgeschäft herausfand: neu gegründete Fluggesellschaften, die keine Profite machten, weil sie mit ihrer Flotte nie Passagiere transportierten, Verleih-Jets, die regelmäßige Kokainflüge unternahmen, von Strohmännern geleitete Flugschulen, die Terroristen ausbildeten, sowie ein halbes Dutzend weiterer klandestiner Geschäftstätigkeiten, die alle auf ein ähnliches Muster von staatlicher und krimineller Kooperation schließen lassen, wie es mit dem Netzwerk der Iran-Contra-Operationen ans Licht gekommen war. Diese staatlich sanktionierten Drogen- und Waffengeschäfte wurden damals über einen kleinen Provinzflughafen in Mena, Arkansas, abgewickelt – eine Rolle, die mittlerweile, davon ist Hopsicker überzeugt, dem Provinzflughafen Venice Beach, Florida, zukommt. Dass die Mehrzahl der späteren »Hijacker« sich Venice Beach rein zufällig als Trainingsstandort aussuchte und dabei rein zufällig in ein solches Netzwerk geriet, ist zwar nicht auszuschließen, bei all den anderen vorliegenden Indizien zu einer »schützenden
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