11.9. - zehn Jahre danach: Der Einsturz eines Lügengebäudes (German Edition)
NMCC-Mitarbeiter weiterzugeben hätte, den Deputy Director of Operations (DDO). Dieser hätte die Erlaubnis seines Verteidigungsministers einholen müssen, Jets aufsteigen zu lassen, und erst danach das Militär benachrichtigen dürfen, also NORAD.
Am 11. September standen auf dem neuen verlängerten Dienstweg zufällig einige Hindernisse – und zwar an allen entscheidenden Stellen. Denn Mike Canavan, erst seit Jahresbeginn zuständiger Hijack Coordinator der FAA, der die Bitte um Unterstützung an das NMCC hätte weitergeben müssen, war an diesem Tag nicht auf seinem Posten. Sondern in Puerto Rico. Und verpasste nach eigener Aussage alles, was sich an diesem Tag ereignete. 3
Ob irgendjemand den abwesenden Hijack Coordinator hätte vertreten sollen, ist nicht bekannt, denn die Mitglieder der Untersuchungskommission befragten ihn zwar, aber nicht zu seiner Rolle am 11. September. Dass Canavan überhaupt im Abschlussbericht erwähnt wird, verdankt er seinen Ausführungen zu einem früheren gescheiterten Einsatz mit dem Ziel, Osama Bin Laden in Afghanistan festzunehmen, denn vor seinem nur kurzfristigen Einsatz als Hijack Coordinator (von Januar bis Oktober 2001) war er ausgerechnet Kommandant des Joint Special Operations Command (JSOC) gewesen, zuständig für verdeckte Operationen im Rahmen der militärischen Terrorabwehr. Als temporärer Hijack Coordinator stellte er allerdings am 11. September das entscheidende Bindeglied in der Kommunikationskette zwischen FAA und Militär dar. Und fehlte. Die Frage, wer ihn vertrat – falls überhaupt jemand –, wurde von den Mitgliedern der Untersuchungskommission nicht gestellt. 4
Canavans gedachter Vertreter hätte allerdings ohnehin ein Problem gehabt, denn wiederum zufällig war auch die nächste Dienstwegposition nicht adäquat besetzt. Der für die Einholung des ministerialen Abschussbefehls zuständige NMCC-DDO (Deputy Director of Operations), Brigadegeneral Montague Winfield, verließ pünktlich um 8:30 Uhr sein Büro, um an einer Konferenz hinter verschlossenen Türen teilzunehmen, und bat Captain Charles Leidig, ihn zu vertreten – einen Mann, der über keinerlei Erfahrung mit den exakten Abläufen im Ernstfall verfügte und erst seit August im NMCC tätig war. Trotz der sich im Folgenden dramatisch entwickelnden Situation im US-Luftraum blieben die Türen zu Winfields Konferenzraum von innen geschlossen, obwohl die Teilnehmer des Treffens lediglich über die Bewertung von Air-Force-Offizieren zu befinden hatten. Erst anderthalb Stunden nach Beginn des Meetings und nach dem Absturz der letzten Terrormaschine stand Winfield für seinen eigentlichen Job wieder zur Verfügung. 5
Endgültig unbeschreitbar wurde der Dienstweg schließlich durch den im Wortsinn alles entscheidenden Mann, nämlich den Verteidigungsminister selbst. Denn auch Donald Rumsfeld war, wie Canavan und Winfield, während der Krisenstunden von 8:30 bis 10 Uhr nicht zu erreichen, bis zum Absturz der letzten entführten Maschine in Shanksville. Erst um 10:40 Uhr war er, nach eigener Aussage, über die Lage informiert.
Er befand sich in bester Gesellschaft, wie wir im nächsten Kapitel sehen werden.
Vorzuladen:
Donald Rumsfeld. Zu fragen ist: Warum wurden die Dienstvorschriften für den Entführungsfall am 1. Juni 2001 so kompliziert geändert?
Außerdem: die abwesenden Mike Canavan und Montague Winfield
Sowie Captain Charles Leidig, der seinen Verteidigungsminister vor 10 Uhr nicht einmal auf dem Handy erreichen konnte
23 Das Militär: zu spät informiert
Es gab keine »Stand-Down-Order«. Dass keiner der entführten Flüge rechtzeitig von Kampfjets erreicht wurde, hatte ausschließlich mit Kommunikationsproblemen zwischen zivilen Lotsen und Militär zu tun. Das Militär erfuhr von den jeweiligen Entführungen zu spät, um noch reagieren zu können.
Dass zwischen dem Beginn der Entführungen (um 8:14 Uhr) und ihrem Ende (um 10:03 Uhr) fast zwei Stunden vergingen und keiner der Kamikaze-Passagierjets binnen dieser zwei Stunden von Abfangjägern auch nur erreicht wurde, lässt sich nach Ansicht von Skeptikern nicht anders erklären als mit einer »Stand-Down-Order«, also einem Befehl »von oben«, den Attentatsmaschinen keine Jets hinterherzuschicken.
Verfechter der offiziellen Darstellung hingegen verweisen auf die abschließende Darstellung der Kommission, der zufolge das Militär zu keinem Zeitpunkt eine Chance hatte, die jeweils entführten Flüge zu erreichen, da die zivilen Lotsen
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