1192 - Schamanenkult
Naturvölker studiert. Ich lebte im Dschungel, und ich habe mich mit den Gebräuchen vertraut gemacht. Ich lernte einen Schamanen kennen, zu dem mich eine tiefe Freundschaft verband. Er weihte mich in die Geheimnisse seiner Zauberkunst ein, und ich habe ihm mit diesem Raum eine Stätte der Erinnerung eingerichtet. Ich bin das, was er in seiner Heimat war, denn ich habe es geschafft, mir eine große Macht aufzubauen. Am wichtigsten aber war der Schädel. Den musste ich finden, und ich habe ihn gefunden. Als der Mensch lebte, war er ein Schamane. Jetzt ist er tot, denken Sie - oder…?«
Taylor wollte, dass Bill antwortete, doch der hob nur die Schultern.
Damit gab sich Taylor nicht zufrieden. »Glauben Sie, dass dieser Schädel tot ist?«
»Es weist vieles darauf hin!«
Taylor musste lachen. »So kann nur jemand reden, der nicht Bescheid weiß. Nein, Conolly, der Schädel lebt. Er existiert. Er sieht nur eben anders aus, verstehen Sie?«
»Mag sein, aber…«
»Aber, sagen Sie? Gerade Sie? Ausgerechnet Sie?« Jedes Wort blaffte er Bill entgegen. »Ich will Ihnen was sagen. Als ich hier einzog, habe ich Erkundigungen über meine Nachbarn eingezogen. Ich habe auch einiges über Sie und Ihre Frau gehört. Sie beide sind alles andere als harmlos. Sie gehören zu den Wissenden und damit zu den Menschen, die gern hinter die Dinge schauen. Nein, nein, Conolly, mir können Sie nichts vormachen, mir nicht. Ich habe Pech gehabt oder Sie, wie man es nimmt. Ich hätte nicht gedacht, dass man mir auf die Spur kommen würde, aber Ihre Frau war zu neugierig.«
»Sie haben sie erschlagen wollen.«
»Stimmt!« gab er zu. »Sie war eine Zeugin, die ich nicht gebrauchen konnte. Aber es kam nicht dazu. Plötzlich war alles anders. Ich erinnere mich noch, dass mich eine gewaltige Kraft erreichte, die mich wegzerrte. Sie war ebenso stark wie die Kraft des alten Druiden-Schamanen, dessen Schädel ich hier in den Händen halte. Ich kann mir das schlecht erklären. Sie haben damit nichts zu tun, das weiß ich. Es muss jemand geben, der ebenso stark ist wie mein blanker Freund hier. Aber ich kenne ihn nicht und…«
»Denk an das Treffen, Avery.«
»Gut, Livia, sehr gut. Das wird es wohl gewesen sein. Das Treffen der Schamanen. Der Kongress, der drei Tage dauert. Störungen der Kraft meines Freundes. Können Sie damit leben, Conolly?«
»Vielleicht.«
»Also doch. Demnach habe ich Feinde. Oder einen großen Feind, der mir zumindest ebenbürtig ist.«
Er lächelte. »Schön, es wird einen Kampf geben, dem ich nicht ausweichen werde. Ich komme endlich dazu, meine Kraft zu beweisen.«
»Was wollen Sie mit einem alten und toten Schädel, Taylor?« fragte Bill.
»Alt und tot? Alt ja, aber nicht tot.« Er streichelte ihn wieder. »Darin steckt die Magie eines sehr weisen und alten Volkes. Auch die Kelten kannten ihre Schamanen. Sie nannten sie Druiden, und dieser Kopf hat einmal einem Druiden gehört. Der Körper ist längst zu Staub geworden, doch der Kopf hat überlebt. Sagen Sie selbst, Conolly, das ist etwas Besonderes.«
»Ich stimme Ihnen zu.«
»Sehr gut. Er hat seine Macht behalten. Nichts ist vergangen, und Sie werden seinen Zauber erleben.« Er nahm den Schädel hoch und hielt ihn Bill entgegen. »Da, nehmen Sie ihn. Fassen Sie ihn an. Spüren Sie, was in ihm steckt.«
Bill deutete ein Kopfschütteln an. Dass Taylor die Wahrheit sagte, glaubte er. Für ihn stand fest, dass von diesem alten Totenkopf noch immer eine gewisse Gefahr oder Macht ausging, die auch auf ihn übergreifen konnte.
»Sie werden ihn nehmen!«
Bill hatte vergessen, dass sich Livia Taylor noch hinter ihm aufhielt. Sie war bewaffnet und drückte die Mündung des Revolvers jetzt gegen Bills Nacken.
»Überzeugt?«
»In gewisser Weise schon.«
Avery stand auf. Er brauchte nicht weit zu gehen, um Bill zu erreichen. Zum ersten Mal sah der Reporter die verdrehten Augen aus der Nähe. Er konnte den Ausdruck schlecht deuten, der sich dort festgesetzt hatte, aber es war kein normaler. Dieser Mann musste in die Zauberwelt der Schamanen abgesackt sein und war nun von ihr übernommen.
Avery Taylor drückte Bill den Schädel in die Hände. Er wollte ihn zuerst fallen lassen und sehen, wie er auf dem Holzboden zersplitterte, ließ es jedoch bleiben, denn dann erhielt Livia einen Grund, um abzudrücken.
»Nun?«
Bill gab keine Antwort. Er spürte das Gewicht des Schädels, aber er spürte noch mehr.
Der Totenschädel war nicht tot, er lebte auf eine
Weitere Kostenlose Bücher