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1193 - Das Templerkind

1193 - Das Templerkind

Titel: 1193 - Das Templerkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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und wieder zurückplatschten. Auch der Rauch hatte sich verdichtet. Er hing an den Becken fest, trieb hin und her und vernebelte die Sicht.
    Ich musste weiter, denn auch Clarissa hatte sich wieder in Bewegung gesetzt. Sie rannte nicht, sondern bewegte sich mit den gleichen langsamen Schritten vor wie zu Beginn. Dabei behielt sie die Becken unter Kontrolle. Ich hörte sie auch sprechen, und wieder besaß ihre Stimme den veränderten Klang, der durch eine zweite, in ihr steckende Kraft hervorgerufen wurde.
    Aber sie ließ sich nicht aufhalten. Wie eine kleine Prinzessin schritt sie weiter. Das Ende des Flurs war nicht zu sehen und damit auch nicht der Beginn der Treppe. Zwischen den Wänden ließ der Rauch alles zu einer schemenhaften Welt zerfließen.
    Zweimal schon hatte ich die rechte Hand in die Tasche geschoben, um nach meinem Kreuz zu fühlen. Es war vorhanden, aber seine Wärme hielt sich in Grenzen. Es gab sie. Nur war ich enttäuscht, weil sie nicht intensiver war.
    Und Clarissa setzte ihren Weg fort. Unbeirrt. Das Weihwasser in den Gefäßen kochte. Es zischte.
    Die Spritzer waren größer und stärker geworden. Das Wasser dampfte. Der Qualm breitete sich träge aus.
    Aber es geschah noch mehr. Je tiefer wir in den Gang hineinschritten, um so rätselhafter wurde es.
    Das große Metallkreuz an der Wand war bisher nicht viel mehr als ein Schatten gewesen. Nun traute ich meinen Augen kaum.
    Auf einmal bewegte es sich. Es bog sich nach vorn. Es wollte sich vor uns verneigen. Zumindest sah es für mich so aus. Aber das stimmte nicht, denn das Kreuz erhielt eine andere Farbe. Ohne dass ein äußerlicher Ansatz zu erkennen gewesen wäre, begann es zu glühen. Tief in seinem Innern nahm es eine andere Farbe an. Das war ein helles Rot, wie man es von glühendem Eisen her kennt. Es drängte sich nach außen. Das Kreuz flammte nicht auf, aber das Metall musste sich einfach erhitzt haben, und es schmolz zusammen.
    Clarissa war stehen geblieben. Sie hatte den Kopf gedreht und leicht zurückgelegt. So schaute sie zu dem Kreuz hoch, das sich ihr und mir entgegensenkte.
    Ich rechnete sogar damit, dass das Metall flüssig werden würde, aber so stark schmolz es nicht zusammen. Es reichte schon, dass sich sein Oberteil nach vorn senkte, sich dabei weiter nach innen drehte und zu einem Klumpen wurde.
    Es war ein Vorgang, den ich als fantastisch und unheimlich zugleich einstufte. So etwas hatte ich noch nicht erlebt. Bisher hatten Kreuze allen Widrigkeiten standgehalten. Hier aber waren die Regeln auf den Kopf gestellt worden. Das lag einzig und allein an diesem zwölfjährigen Mädchen.
    Welche Kraft musste in ihm hausen?
    Clarissa war keinen Schritt mehr nach vorn gegangen. Sie schien von ihren eigenen Kräften fasziniert zu sein und beobachtete aus den veränderten Augen, wie sich das Kreuz zu einer ineinander geschlungenen Formation zusammendrehte.
    Ich war nicht in der Lage, etwas dagegenzusetzen. Es war wirklich so etwas wie ein Weg durch die Vorhölle. Noch immer kochte das Weihwasser. Die heißen Tropfen klatschten auf den Steinboden, wo sie rasch verdampften.
    Die Luft war von diesem feuchten und auch warmen Nebel erfüllt, und als ich meine Hand ausstreckte, um sie auf Clarissas Schulter zu legen, da zuckte ich zusammen, denn ihr Körper war eiskalt.
    Eine Leiche war sie bestimmt nicht, aber auch kein normaler Mensch mehr.
    Sie schüttelte meine Hand nicht ab, sondern wirkte eher wie ein erstauntes Kind. Es kam mir schon lächerlich vor, dass sie bei alldem noch immer ihren Koffer festhielt. Diese Szene hatte etwas Groteskes an sich. Auf mich wirkte sie, als würde Clarissa nicht in diesen verdammten Flur gehören.
    Noch hielt sie sich zurück. Kein Wort, kein Laut, nicht mal ein Räuspern. Es dauerte eine Weile, bis sie den Blick zur Seite nahm und wieder vorging. Sie schritt durch diese Vorhölle und ließ sich vom Rauch umwehen.
    Keine Tür wurde geöffnet. Niemand kam von vorn die Treppe hoch. Das Haus war wie ausgestorben. Es schien in einer völlig fremden Welt zu liegen, während die normale mit ihrer Normalität zurückgedrängt worden war.
    Das kochende Geräusch, das klatschende Wasser. Die Tropfen, die auf den Boden fielen, die Hitze, die von dem schmelzenden Kreuz ausging, das alles nahm ich hin, und ich sah, dass wir nur noch ein paar Schritte von der Treppe entfernt waren.
    Wären über sie monströse Gestalten gestürmt, es hätte mich nicht gewundert.
    Vor uns bewegte sich etwas im Nebel. Zuerst war es

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