1196 - Die Macht der Druidin
war Platz für uns beide. Die erste Berührung mit der Person ließ mich leicht zusammenzucken. Ansonsten erlebte ich keine Reaktion, denn auch vom Kreuz her floss keine Wärme auf meinen Körper über.
Mona erwartete mich wie einen Freund. Und wie das bei Freunden so ist, umarmt man sich. Das war auch hier der Fall. Wir umarmten uns, ich hielt sie im Arm, spürte ihren nackten Körper und ließ meine Hände auch über ihre Haut gleiten.
Es war ganz natürlich und passierte wie von selbst. Ein normales Verhalten. Meine Sinne waren okay, vielleicht sogar geschärft, und ich fühlte die Haut sehr deutlich.
War sie anders?
Für einen Moment stockte ich. Überlegte. Die Haut besaß nicht die normale Weichheit. Sie kam mir fester und rauer vor. Vielleicht auch widerstandsfähiger. Nicht zäh wie Leder, aber auch nicht weit davon entfernt.
Hinzu kam noch der Geruch, der meine Sinne vernebelte. Ich hasste dieses Parfüm plötzlich, aber ich war auch nicht in der Lage, es zu vertreiben.
Zudem hatte Mona ihr Ziel jetzt erreicht. Sie sorgte dafür, dass ich den runden Altar nicht mehr verließ.
Nichts passierte an mir. Das Kreuz zeigte nicht die geringste Reaktion, und das war auch irgendwie verständlich für mich, denn das Druiden-Paradies Aibon war nicht leicht mit dieser weißmagischen Waffe zu bekämpfen.
Ihre Lippen berührten mein Ohr. Es konnte auch ein Streicheln mit der Zungenspitze sein, so genau fand ich das nicht heraus. Meine Sinne waren tatsächlich benebelt. Der schwere Geruch sorgte dafür.
»Wir werden gemeinsam eine wunderbare Reise unternehmen«, sagte sie leise in mein Ohr. »Es wird dir gefallen, John Sinclair. Du wirst dich fühlen wie ein Götterbote, der eine andere Welt auskundschaften möchte. Du kennst sie ja. Du bist schon dort gewesen, aber jetzt reist du nicht allein, sondern mit mir als Begleiterin.«
Während des Sprechens waren ihre Hände nie ruhig geblieben. Sie wanderten über meinen Rücken hinweg. Ich hatte den 3-Klingen-Dolch längst vergessen. Außerdem dachte sie nicht daran, mich damit zu verletzen.
Sie war nackt. Ich trug noch meine dicke Kleidung. Unterschiedlicher konnte kaum ein Paar sein. Es wäre jetzt noch Zeit gewesen, sie vom Altar zu kippen. Das traute ich mich nicht, weil die vier Waffenmündungen auf mich gerichtet waren. Und auch als Schutzschild hätte sie mir wenig gebracht.
Sie war es gewohnt, ihren eigenen Weg zu gehen, und den mit allen Konsequenzen.
Mona begann zu flüstern. Nach den ersten Worten glaubte ich, mich verhört zu haben, was allerdings nicht stimmte. Es war nicht meine Sprache, deren Worte sie mir ins Ohr wisperte. Die Worte klangen so fremd. Ich war davon überzeugt, dass die Druiden-Priester sie vor langer Zeit schon gekannt und gesprochen hatten.
Und ich merkte sehr bald, dass die Worte nicht nur einfach so dahingesagt worden waren. Darin steckte ein tieferer Sinn. Meine Umgebung und meine Welt tauchten weg. Ich stand noch auf dem Untergrund, aber von unten her erreichte mich ein grüner Schein. Er drang in die Höhe. Er schlich sich an meinem Körper hoch. Er nahm sich die Farbe meiner Kleidung. Er ließ alles fahl werden, was auch für den Körper der leise Beschwörungen flüsternden Frau zutraf.
Ich hörte nur diese Sätze. Manche knapp gesprochen und sehr heiser klingend. Andere wieder schriller und leicht singend. Egal, wie sie gesprochen wurden, keines der Worte verfehlte seine Wirkung. So musste ich erleben, wie der Boden unter meinen Füßen allmählich aufweichte und ich den Kontakt verlor. Es gab keinen Widerstand mehr. Ich drang in den Stein ein, der sich plötzlich in einen Schacht verwandelte und mich holte.
Dabei hatte ich nicht das Gefühl, zu sinken. Ich fiel einfach weg, ich drehte mich auch, und ich kam mir dabei vor, als würde sich mein Körper auflösen.
Es ging hinein in die andere Welt. Die Worte umgarnten mich, der Geruch des Parfüms war ebenfalls noch intensiver geworden, und alles was mir vertraut vorkam, verschwand. Ich glitt hinein…
Jemand holte mich.
Und Mona sprach noch immer. Wispernde Worte, aber sehr intensiv. Ich war nicht in der Lage, mich gegen die neuen Einflüsse zu stemmen, und irgendwie wollte ich es auch nicht.
»Aibon… Aibon…«
Es waren die letzten Worte, die ich vernahm. Dann sank ich zusammen mit Mona in die Tiefe oder einer fremden Welt entgegen…
***
»Soll ich nicht besser mitkommen?«, hatte Shao zweimal gefragt, und Suko hatte immer auf die gleiche Art und Weise
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