1199 - Der Prinz und der Bucklige
werden wir Bescheid wissen, Hamiller", sagte Waylon. „Irgendwo scheint der Teufel los zu sein."
Waylon saß allein im weiten Rund der großen Konsole. In der Kommandozentrale herrschte mäßiger Betrieb. Waylon hatte die Erlaubnis zu „entspanntem Dienst" gegeben, als feststand, daß die Gefahr fürs erste vorüber war. Die nervliche Anspannung der vergangenen Stunden bedurfte der Kompensation. Sandra Bougeaklis hatte ihm Gesellschaft leisten wollen, aber Waylon hatte sie fortgeschickt - mit nicht allzu freundlichen Worten, fürchtete er. Er würde sich dafür bei ihr entschuldigen müssen. Aber er legte Wert darauf, allein zu sein.
Ab und zu sah er sich mißtrauisch um. Jeden Augenblick erwartete er, Gesil wieder auf den Stufen stehen zu sehen. Sie hatte eine Art, zu kommen und zu gehen, ohne daß man es bemerkte. Er erinnerte sich an ihre letzten Worte. „Ich hoffe, dazu wird es nicht kommen", hatte sie gesagt, und im selben Augenblick war die Flotte der Torkroten auf Bremsfahrt gegangen. Konnte Gesil...?
Unsinn! Er schüttelte heftig den Kopf, ärgerlich darüber, daß er eine solche Möglichkeit auch nur hatte in Erwägung ziehen können. Auf der anderen Seite ließ sich allerdings nicht abstreiten, daß es an Gesil viel Geheimnisvolles gab. Niemand kannte ihre Herkunft.
Niemand wußte, welche Kräfte in ihr wohnten. Es hatte einst eine Gesil gegeben, die Männer gegeneinander ausspielte und deren Blick in den Bewußtseinen derer, die sie ansahen, die Vision finsterer Flammen erweckten. Es war nicht völlig unverständlich, daß man auf merkwürdige Gedanken kam, wenn man über Gesil nachdachte.
Er schrak auf, als Hamiller ihn unvermittelt ansprach.
„Sir, sind Sie bereit, die ersten Meldungen der zurückkehrenden Space-Jets zu hören?"
„Wie? Jetzt schon?"
Er sah auf das Chronometer und erschrak. Über seiner wirren Grübelei waren neunzig Minuten vergangen.
„Sprich", forderte er die wesenlose Stimme auf.
„Sämtliche dreißig Fahrzeuge sind inzwischen auf dem Rückweg, Sir. Die ersten haben bereits gedockt. Ihre Berichte lauten übereinstimmend: Die Torkroten haben eine ungeheuer große Anzahl von Beibooten ausgeschleust, insgesamt vermutlich mehr als zweieinhalb Millionen. Die Beiboote hielten auf die Oberfläche des Loolandre zu und verschwanden in den Öffnungen, die es dort, wie wir wissen, in Hülle und Fülle gibt.
Gegnerischer Funkverkehr konnte nicht abgehört werden. Feindberührung wurde vermieden. Bis auf die Beobachtung des gegnerischen Manövers verlief das Unternehmen ereignislos."
„Ich danke, Hamiller", sagte Waylon. „Laß mich wissen, falls einer der später Zurückkehrenden dem Bericht noch etwas hinzuzufügen hat."
„Selbstverständlich, Sir."
Ein Impuls des Unterbewußten veranlaßte Waylon, zur Seite zu sehen. Und wahrhaftig: Da stand sie! Auf der zweitobersten Stufe, wie immer, und lächelte ihn an.
„Noch keine Nachricht von Perry, Gesil", sagte er bedrückt.
„Oh, aber das siehst du nicht richtig", entgegnete sie mit freundlichem Spott.
„Was? Was sehe ich nicht richtig?"
„Die Torkroten fliegen nicht aus eigenem Antrieb zum Loolandre. Die Armadaschmiede müssen sie gerufen haben, nicht wahr?"
„Das ist wohl so", gab er zu.
„Wozu brauchen die Schmiede die Besatzungen von zweieinhalb Millionen torkrotischen Beibooten? Gegen wen wollen sie sie einsetzen?"
Er hob die Hände.
„Ich will es dir sagen", erbot sie sich. „Die Armadaschmiede haben es mit einem Gegner zu tun, mit dem sie aus eigener Kraft nicht fertig werden. Und wer könnte dieser Gegner sein?"
„Perry", antwortete Waylon ergeben.
„Richtig. Du siehst, wir haben also sehr wohl Nachrichten von Perry, wenn auch nur indirekte."
*
Ich habe eine Entdeckung gemacht. Die Kraft durchfließt uns immer dann, wenn wir einen Befehl erhalten. Der Befehl selbst ist die Kraft. Dann schließen wir uns zusammen und werden unser bewußt. Dann, und nur dann, wissen wir, was wir tun. Aber selbst während wir unter dem Einfluß eines Befehls stehen, gibt es Perioden, in denen die Kraft nachläßt und der eine oder andere Teil den Gesamtkörper vorübergehend verläßt - so wie jetzt zum Beispiel. Es muß etwas mit der Arbeitsweise des Gesamtkörpers zu tun haben, so stelle ich es mir vor. Genau weiß ich es nicht. Es gibt überhaupt nichts, was ich genau weiß.
Aber ich kann denken. Und je mehr ich mich im Denken übe, desto öfter gelingt es mir, Eindrücke, die der Gesamtkörper unter dem
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