1199 - In den Klauen des Ghouls
verdammt hart sein können.
Er klatschte in die Masse hinein, er bohrte sich tief in den weichen Schleim des Gesichts. Sie sah, dass die Tropfen zu den Seiten hin wegspritzten, riss den Arm wieder zurück und setzte den nächsten Angriff noch in der gleichen Sekunde nach.
Glenda hatte auf das Maul des Ghouls gezielt. Zwischen den beiden Zahnreihen befand sich eine Lücke. Genau in die stieß Glenda den Knochen zielsicher hinein.
»Erstick daran!«, schrie sie, als sie nach hinten sprang.
Der Ghoul war abgelenkt. Der Knochen steckte fest. Er hatte darauf gebissen. Er schüttelte sich, würgte an dem Knochen und versuchte, ihn auszuspucken.
Er war mit sich selbst beschäftigt. Es würde nicht lange dauern, doch darauf hatte Glenda gehofft, und sie wusste auch, dass diese Chance nicht noch einmal kam.
Bevor sich Elmar wieder auf sie konzentrieren konnte, war sie an ihm vorbeigehuscht. Sie hatte ihn noch gestreift, und der Ghoul hätte sie vielleicht auch bekommen, wäre er nicht zu unbeweglich gewesen. Er musste sich zunächst zur Seite drücken, er kämpfte auch noch gegen den Knochen in seinem Mund.
Bevor er begriffen hatte, was passiert war, hatte ihn Glenda bereits passiert.
Freie Bahn im Stollen!
Niemand wartete mehr auf sie.
Und sie rannte um ihr Leben!
***
Betty Brown war wie von Sinnen. Sie konnte kaum aufhören zu schreien und zu lachen. Ein regelrechter Anfall hatte sie erwischt. Während sie schrie, wurde ihr Körper durchgeschüttelt, bis Suko es leid war, sie packte und ebenfalls schüttelte, so heftig, dass Bettys Schreien verstummte.
»Uns wird niemand fressen!«, fuhr Suko sie an. »Haben Sie gehört? Niemand.«
Sie lachte, ging zurück und streckte uns dabei die Zunge aus. Für uns war sie nicht mehr normal, sondern stand an der Grenze zum Wahnsinn.
Unter Sukos Kontrolle war sie gut aufgehoben. So konnte ich mich um den Einstieg kümmern.
Ich schaute in einen Keller, der nicht sehr tief und auch nicht sehr dunkel war, denn irgendwo dort unten brannte Licht.
Ghouls verstecken sich. Normalerweise auf Friedhöfen oder an anderen Orten, an denen sie Leichen finden können. Dazu gehören auch Keller. Einer wie der unter uns war für einen Leichenfresser nahezu das ideale Versteck.
Es war auch zu riechen. Der eklige Gestank wollte einfach nicht aufhören.
»Suko, wir müssen runter!«
»Alles klar.«
Betty Brown lachte schrill. »Ja, ja, geht nur. Er wird euch holen. Eure Freundin hat er auch schon geholt. Wahrscheinlich ist er gerade dabei, sie zu zerreißen und zu…«
Sie stoppte ihre Hasstirade, als ich plötzlich vor ihr stand, hochrot im Gesicht und die rechte Hand zum Schlag erhoben.
»Ein Wort noch und…«
»Schon gut, Bulle, schon gut. Aber auch du solltest den Tatsachen ins Auge sehen.«
»Das werden wir auch!«, erklärte Suko. Er schleuderte die Frau herum, die sich um die eigene Achse drehte und am Treppenende gegen das Geländer prallte.
Das hatte Suko so gewollt. Die Handschellen hielt er bereits fest, und bevor Betty Brown sich versah, war sie an einem Pfosten des Geländers gefesselt.
Es war so schnell gegangen, dass sie es erst Sekunden später begriff und zu toben begann. »Das wird euch noch leid tun, ihr verdammten Hundesöhne! Elmar wird euch zerreißen. Er wird eure Stücke abnagen, und er wird…«
»Ist er Ihr Sohn?«, fragte Suko.
»Ja, ja, verdammt.«
»Sie haben ihn geboren?«
»Nein, ich habe ihn gefunden. Auf einem Friedhof. Ich habe ihm eine Leiche besorgt. Meinen eigenen Mann, dieser widerliche Rattenarsch. Er starb, und ich konnte endlich durchatmen. Er war ein Schwein. Sein ganzes Leben lang nur ein Schwein. Und dann ging er endlich kaputt. Der Freudentag in meinem Leben. Und auch der Beginn eines neuen Lebens. Von nun an war Elmar bei mir. Ich habe ihn so genannt, und wir haben uns sehr gut verstanden.«
Da kann man so alt werden wie man will, man erlebt immer wieder neue Überraschungen bei denjenigen, die sich Menschen nennen und in der Evolution angeblich ganz oben auf der Leiter stehen.
Hin und wieder verliert man seinen Glauben daran, wenn man Menschen wie dieser Betty Brown gegenübersteht, die sich an keine Regeln und Gesetze halten. Allerdings wollte ich mich nicht zum Richter aufspielen. Ich wusste nicht, was diese Frau alles erlebt hatte.
Sie hätte uns sicherlich noch mehr erzählen können. Dazu war nicht mehr die Zeit. Es ging um Glenda, und wir wussten, wo sie steckte und konnten nur hoffen, dass sie lebte.
Ich wollte mich
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