12 – Das Raetsel von Chail
sehr unfruchtbaren Boden.
»Wir werden das Dorf verlassen«, sagte Atlan eines Abends, und wie auf ein Stichwort klopfte jemand an die Tür. Bjo Breiskoll sprang geschmeidig auf. Isun stand draußen und bat darum, mit den Fremden reden zu dürfen.
»Ihr müsst Ungilara verlassen«, sagte er. »Das Dorf ist für euch nicht sicher genug.«
»Warum?«, fragte Atlan.
»Morgen werden die Roxharen kommen«, erklärte Isun. »Zehn Meditierende haben seit ihrem letzten Besuch den entscheidenden Schritt getan. Die Roxharen werden zwei von ihnen zu Lehrern für die fremden Völker erwählen.«
»Ich dachte, es steht bereits fest, wer Chail verlassen wird?«, wunderte sich Wajsto Kolsch.
»Amodar wird dazugehören«, bestätigte Isun. »Wer der andere sein wird, ist noch ungewiss. Aber das ist jetzt unwichtig. Die Roxharen mögen es nicht, wenn wir Fremde bei uns aufnehmen.«
»Wir wissen das«, bemerkte Atlan sarkastisch. »Aber woher weißt du es?«
»Ich habe Gerüchte gehört«, wich Isun aus. Atlan kannte sich mittlerweile gut genug mit den Chailiden aus, um zu wissen, dass weitere Fragen sinnlos waren.
»Was schlägst du vor?«, fragte er.
»Ich werde euch nach Syrgan bringen«, sagte Isun. »Dort seid ihr vor den Roxharen sicher. Bei Morgengrauen warte ich am Waldrand auf euch.«
Ohne weitere Erklärungen verschwand der Chailide. Die drei Männer sahen sich betreten an.
»Vielleicht würden uns die Roxharen zurück zur SOL schaffen«, meinte Wajsto Kolsch schließlich unsicher. »Ich habe Sehnsucht nach meiner Heimat. Andererseits – ich kann mir nicht helfen, aber irgendetwas stimmt hier nicht. Ich möchte herausfinden, was das ist.«
Atlan lächelte flüchtig. »Früher oder später werden wir Kontakt zu den Roxharen aufnehmen müssen«, murmelte er. »Aber ich möchte diesen Zeitpunkt selbst bestimmen. Wenn diese Wesen wirklich so wild darauf wären, uns einzufangen – warum haben sie es noch nicht getan? Wir haben ihnen genug Gelegenheiten gegeben, uns zu orten.«
Wajsto Kolsch holte tief Luft. »Entweder fühlen sie sich so sicher, dass sie uns unbesorgt an der langen Leine laufen lassen«, sagte er nachdenklich, »oder sie glauben, dass dieser Planet uns früher oder später unschädlich machen wird.«
Atlan nickte. Diese Gedankengänge kannte er. Er hatte sie in den letzten Tagen oft genug vollzogen. »Wir nehmen Isuns Vorschlag an«, entschied er.
Im Morgengrauen verließen sie das Dorf. Isun wartete am Waldrand. Er hielt ein paar Murlen am Zügel. Als er sah, dass seine Schützlinge keine Anstalten trafen aufzusitzen, wandte er sich schulterzuckend um und ging voran.
Irgendwo, weit vor ihnen, lag Syrgan. Eine Stadt – zumindest nach chailidischen Begriffen!
8.
Es ging auf den Abend zu, die Schatten draußen wurden länger. Wie immer um diese Zeit beendeten die Bewohner Syrgans ihr Tagwerk. Es würde nicht mehr lange dauern, und die Siedlung lag in tiefem Schlaf.
Für drei Einwohner der Stadt verlief dieser Tag anders als sonst, an Schlaf war nicht zu denken. In dem schmucklosen, eingeschossigen Holzhaus abseits der Hauptstraße stand ein Ereignis besonderer Art bevor.
Zwielicht erfüllte die als Schlafgemach dienende Kammer. Zwei Chailiden umstanden eine roh zusammengefügte Bettstelle, die das markanteste Möbelstück in dem Raum bildete.
Auf dem einfachen Lager lag mit leicht angewinkelten Beinen eine Frau; sie war nackt, lediglich ein Laken bedeckte den aufgeblähten Leib. Benta hatte die Augen geschlossen und stöhnte unterdrückt, ihre kupferfarbene Haut war schweißbedeckt.
Wie schon so oft in der letzten Stunde tauchte die neben dem Bett sitzende alte Frau ein Tuch in einen mit Kräuterextrakten gefüllten Behälter, wrang es aus und legte es der Schwangeren als lindernde Kompresse auf die verschwitzte Stirn. Benta öffnete die Augen und schenkte ihrer Ziehmutter Lofos einen dankbaren Blick.
Plötzlich verzerrte sich ihr schmales Gesicht, der sehnige Körper verkrampfte sich; Halt suchend krallten sich die sechsfingrigen Hände in die weiche Unterlage. Mit einem Sprung war Maton heran, legte die Hände auf die Schultern seiner Gefährtin und presste ihr die beiden Daumen in die Achselhöhlen. Der Druck auf die darunterliegenden Nervenknoten bewirkte, dass der Schmerz in seiner Intensität abebbte.
»Die ... Wehen«, brachte Benta mühsam hervor. »Du musst Cendran holen.«
»Ich werde mich sofort auf den Weg machen.«
Der fast zwei Meter große, muskulös wirkende
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