12 – Das Raetsel von Chail
und führte die anderen in einen karg möblierten Raum. Auf dem Boden lagen bis zu zwei Meter lange Leitungen, an deren Ende Glaskolben angebracht waren. Atlan bückte sich und nahm alles in Augenschein.
Die Leitungen waren in etwa fingerdick und wirkten geradezu abenteuerlich. Sie bestanden aus einem dünnen Kupferdraht, der einst gerade gewesen sein musste, sich unter Hitzeeinwirkung aber gebogen hatte. Er war mit einer Glasschicht isoliert, die in der Regel nur einige Millimeter Stärke hatte, an manchen Stellen aber wesentlich dicker war. Es sah so aus, als hätte Vilot eine Rille mit Schmelze ausgegossen, den Draht in das erstarrende Glas gedrückt und anschließend nochmals mit der Masse übergossen.
Möglicherweise hatte der Glasbläser vorher eine andere Methode ausprobiert, denn der Arkonide sah einige dünne Kupferstäbe, die ausgeglüht wirkten. Wahrscheinlich hatte Vilot versucht, den Draht in die Schmelze zu tauchen, damit aber keinen Erfolg gehabt, denn der Schmelzpunkt von Kupfer lag bei etwas über 1000 Grad, während das Quarz-Mineral-Gemenge sich erst zwischen 1400 und 1600 Grad verflüssigte. Auf jeden Fall zeugte es von Sachverstand, das blanke Kabel zu isolieren.
Er betrachtete die Glaskolben. Im Innern der Birnen befand sich ein Kohlestückchen oder ein mit Kohle oder Graphit präparierter Draht; genau konnte er das mit bloßem Auge nicht erkennen. Jedenfalls waren die wie bauchige kleine Flaschen wirkenden Behälter vollkommen geschlossen und besaßen sogar eine Art Sockel, der mit dünnem Kupferblech umlegt war. Das alles wirkte recht primitiv, aber es sprach nichts gegen eine Funktionsfähigkeit. Atlan richtete sich auf.
»Es könnte funktionieren«, meinte er. »Jetzt gilt es nur noch, den Generator einsatzbereit zu machen.«
»Sag mir, was du brauchst. Ich werde mich gleich an die Arbeit machen«, rief Trentin begeistert.
»Nicht so schnell. Heute können wir die Anlage weder fertigstellen noch ausprobieren«, bremste der Arkonide. »Außerdem wird es auf einen Tag mehr oder weniger nicht ankommen. Wie lange bastelt ihr schon an den Geräten?«
»Seit etwa sechs Jahren.«
»Du nanntest vorhin den Namen Fulgor. Ich möchte mit ihm sprechen.«
»Fulgor ist tot«, erwiderte Trentin. »Er starb vor zwei Jahren.«
»Erzähl uns von ihm«, bat der Weißhaarige.
»Bitte setzt euch und seid meine Gäste«, sagte Vilot. »Ich werde uns einen Krug frisches Wasser und ein paar Früchte holen.«
Während Vilot den Raum verließ, um Essen und Trinken herbeizuschaffen, begann Trentin zu erzählen ...
Fulgor kam vor acht Jahren in die Stadt, er war ein Meditierender. Niemand wusste, woher er stammte, und er selbst mochte nicht darüber sprechen. Anfangs lebte er sehr zurückgezogen, doch nach einer Zeit der Anpassung suchte er Kontakt und redete zu den Leuten.
Der Meditierende war ein kluger Mann. Er fand bald heraus, dass die anderen Meditierenden in Syrgan bis auf einige Ausnahmen zugezogen waren wie er und nicht aus der Stadt stammten. Aus unerklärlichen Gründen ist es einem Syrganer fast unmöglich, ein Meditierender zu werden, obwohl jeder von uns die Sehnsucht hat, mit den Bewohnern fremder Welten in Kontakt zu treten.
Fulgor erkannte das. Er erkannte aber auch, dass uns die geistige Raumfahrt verwehrt blieb. Auf irgendeine Art und Weise fühlte er sich Syrgan und uns, seinen Bewohnern, verbunden; ich hatte den Eindruck, dass er einer von uns sein wollte, obwohl er uns als Meditierender so viel voraus hatte. Er riet uns, einige Techniken zu entwickeln, um eines Tages selbst Raumschiffe bauen zu können.
Wie gesagt, Fulgor war ein kluger Mann. Er wusste, dass so etwas Jahrhunderte dauern würde, deshalb versuchte er uns mit seiner Meditation zu helfen. Sobald er Kontakt mit Wesen anderer Welten oder mit Raumfahrern hatte, setzte er seine Kraft ein, um Dinge in Erfahrung zu bringen, die uns nützten und den Fortschritt brachten. Das war oft nicht einfach, denn wir verstanden vieles nicht und konnten uns darunter nichts Rechtes vorstellen.
Wenn wir mutlos wurden, weil wir keinen Erfolg hatten, tröstete uns Fulgor. »Seht, diese Wesen sind uns weit voraus«, sagte er. »Was für uns eine Entdeckung ist, ist für sie selbstverständlich. Stellt euch vor, ihr seid diese Wesen, und ich bin ein Murl, das euch befragt – denn so groß ist der Unterschied in der technischen Entwicklung. Also: Ich, das Murl, frage dich, den Schmied. Was muss ich tun, um eine Waffe zu schmieden?«
»Du
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