12 - Geheimagent Lennet und das tödliche Signal
Krankheit ließen ein Gefühl in ihm aufkommen, als sitze er in einem riesigen Spinnennetz. Wir müssen die Sache schneller vorantreiben, sagte Monsieur Schmitsky zu sich selbst. Zwar glaubte er nicht daran, unter Verdacht zu stehen, aber er hatte so ein Gefühl, und dieses Gefühl sagte ihm, daß er sich beeilen müsse. Ein Glück noch, dachte er, daß ich jemand im Büro habe, der die Laffon ersetzen kann.
Am nächsten Morgen befand sich Nicole, die von Lennet ausführlich unterrichtet worden war, noch keine zwanzig Minuten an ihrem Schreibtisch, als Clapan mit der unvermeidlichen Mütze den Kopf zur Tür hereinstreckte.
»Nicole, zum Chef! Und ein bißchen dalli. Er scheint nicht gerade gute Laune zu haben.«
Nicole konnte leicht erraten, was nun kommen würde, und die Knie begannen zu zittern. Sie hatte schon immer Angst vor Schmitsky gehabt, aber jetzt dachte sie trotz allen Zitterns nicht daran, ihren Plan aufzugeben. Mit feuchten Händen klopfte sie an die Tür des Direktors.
Keine Antwort. Sie wartete und klopfte dann abermals.
Wieder keine Antwort. Sie klopfte stärker. Wieder nichts.
Entschlossen stieß sie die Tür auf.
»Sie halten mein Büro wohl für eine Kneipe, was?« kreischte Schmitsky. »Sie kommen hier herein, ohne anzuklopfen?«
»Ich habe geklopft, Herr Direktor.«
»Aber habe ich herein gesagt?«
»Nein, Herr Direktor.«
»Also, warum kommen Sie dann herein?«
»Ich wollte Sie nicht warten lassen.«
»Quatsch. Sie sind unverschämt, das ist alles. Wenn Sie aber schon hier sind, bleiben Sie. Ich muß ein ernstes Wort mit Ihnen reden, ein sehr ernstes Wort.«
Nach einem kleinen Glucksen, das nichts Gutes versprach, beugte sich Schmitzky wieder über seine Papiere.
Nicole stand eine gute Viertelstunde und wußte nicht, was sie mit ihren Händen anfangen sollte. Sie hatte Zeit genug, sich zu überlegen, ob es richtig war, für Lennet zu arbeiten.
»Fertig!« sagte Schmitsky schließlich, als er zu der Überzeugung gelangt war, daß Nicole jetzt nervös genug war.
Er schob seine Papiere zur Seite und legte sich, die Hände im Nacken verschränkt, in seinem Sessel zurück.
»Ich schätze, daß Sie für wenigstens zehn Jahre Knast gut sind, meine Kleine.«
Seine kleinen Schweinsäuglein durchbohrten Nicole, die auch sofort wieder zu zittern begann.
»Zehn Jahre. Nicht eingerechnet, was Sie dafür bekommen werden, daß Sie sich bei mir betrügerisch eingeschlichen haben.
Ihr früherer Arbeitgeber ist ein einflußreicher Mann, und ich habe auch meine Beziehungen. Ich schwöre Ihnen, daß ich alles tun werde, um die Gesellschaft solange wie möglich von Ihnen zu befreien.«
»Ich verstehe nicht, Herr Direktor", stammelte Nicole.
»Sie versteht nicht!«
Schmitsky schlug mit der Faust auf den Tisch, stand mühsam auf und kam mit gesenktem Kopf auf das Mädchen zu.
»Sie sind eine Lügnerin und eine Diebin! Sie heißen nicht einmal Nicole Tresnel. Sie heißen... Sie heißen... Los, sagen Sie es schon! Sagen Sie Ihren Namen! Ihren richtigen Namen, Ihren Diebesnamen!«
Er packte sie am Arm und verdrehte ihn. Nicole biß die Zähne aufeinander, um nicht zu schreien. Ihre erste Regung war, Schmitsky kräftig gegen die Schienbeine zu treten, aber sie beherrschte sich. Tränen quollen aus ihren Augen. Sie stotterte:
»Madeleine... Madeleine... Tro...«
»Trolier!« vollendete der Direktor triumphierend das Wort und ließ ihren Arm los. »Ich habe es gewußt. Ich wußte alles.
»Sie sind eine Lügnerin und eine Diebin!« brüllte Schmitsky
Ich bin nicht so naiv, wie Ihr letzter Arbeitgeber, der Bankier. Und jetzt sagen Sie mir, wo Sie das Geld versteckt haben!« Und da sie so tat, als zögere sie, ergriff er wieder ihren Arm.
»Sprechen Sie, oder ich verdrehe Ihnen wieder den Arm!«
»Das Geld ist... auf einer Bank in der Schweiz", gestand Nicole.
»Nicht blöd", sagte Schmitsky anerkennend. »Und wieviel ist es? Wieviel?«
»Zweihunderttausend Francs.«
»Ich wußte es", log der Direktor. »Und die Nummer des Kontos? Und die Bank? Reden Sie!«
»Kantonalbank in Genf. Konto... Ich erinnere mich nicht an die Nummer, aber es läuft auf meinen falschen Namen Nicole Tresnel. Ich habe die Nummer in meiner Handtasche. Wollen Sie... wollen Sie, daß ich sie Ihnen bringe, Herr Direktor?«
Die kleinen schwarzen Augen Schmitskys glitzerten vor Befriedigung. Demütig und auf Knien, so hatte er seine Angestellten gern. Ich weiß, wie ich sie behandeln muß, um sie kleinzukriegen,
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