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12 - Im Auge des Tigers

12 - Im Auge des Tigers

Titel: 12 - Im Auge des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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durchweg ganz gewöhnliche »Leute von nebenan«.
    Gerald Paul Hendley jr. hatte einen kometenhaften Auf-stieg als Warenbroker erlebt, dabei ein beträchtliches Privatvermögen angehäuft und anschließend, mit Ende drei-
    ßig, eine politische Laufbahn eingeschlagen. Wenig später war er bereits Senator von South Carolina. Sehr bald haftete ihm der Ruf eines parlamentarischen Einzelkämpfers an, der sich nicht auf Sonderinteressen und die damit verbun-denen Wahlkampfspenden einließ, sondern eine geradezu fanatisch unabhängige politische Linie verfolgte. In Bürger-rechtsangelegenheiten neigte er zu einer liberalen Haltung, in Fragen der Verteidigungs- und Außenpolitik vertrat er hingegen einen ausgesprochen konservativen Standpunkt.
    Er war nie davor zurückgeschreckt, seine Meinung kundzu-tun, lieferte der Presse auf diese Weise reichlich interessanten Stoff, und schließlich unterstellte man ihm in einschlä-
    gigen Kreisen Ambitionen auf das Präsidentenamt.
    Gegen Ende seiner zweiten sechsjährigen Amtszeit erlitt Hendley jedoch einen schweren persönlichen Schicksals-schlag: den Verlust seiner Frau und seiner drei Kinder.
    Sie kamen bei einem Unfall auf der Interstate 185 ums Leben. Ihr Kombi wurde kurz hinter Columbia, South Carolina, von einem Sattelzug zermalmt. Wenig später, zu Beginn der Kampagne für Hendleys dritte Amtszeit, folgten weitere Rückschläge. Durch einen Artikel in der New York Times kam ans Licht, dass sein persönliches Investment-Portfolio Anzeichen für Insidergeschäfte aufwies. Hendley äußerte sich unter Berufung darauf, dass er kein Geld für Wahl-kampagnen annähme und folglich auch keine Veranlassung sähe, Näheres über seine privaten Vermögensverhältnisse 37

    bekannt zu geben, nie öffentlich dazu. Tiefer gehende Re-cherchen durch Presse und Fernsehen erhärteten jedoch den Verdacht gegen ihn. Hendley pochte darauf, dass die Bör-senaufsichtsbehörde nie konkrete Richtlinien darüber erlassen habe, wie das Gesetz in der Praxis anzuwenden sei.
    Dennoch entstand der Eindruck, dass er sein Wissen über bevorstehende Staatsinvestitionen dazu benutzte, ein Immobilien-Investmentunternehmen zu fördern, das ihm und seinen Co-Investoren im Laufe der Jahre über 50 Millionen Dollar eingebracht hatte. Schlimmer noch als die Tatsache, dass der Kandidat der Republikaner – ein selbst ernannter
    »Mr Clean« – die Angelegenheit in einer öffentlichen Debatte zur Sprache brachte, war, dass Hendley in seiner Antwort zwei Fehler machte: Erstens verlor er vor laufenden Kameras die Beherrschung. Zweitens verkündete er, wenn die Bürger von South Carolina an seiner Ehrlichkeit zweifelten, könnten sie ja den Trottel wählen, mit dem er das Po-dium teilte. In Anbetracht dessen, dass Hendley nie zuvor auch nur der kleinste politische Fehler unterlaufen war, kostete ihn allein der Überraschungseffekt fünf Prozent der Wählerstimmen in seinem Bundesstaat. Von da an ging seine glanzlos gewordene Kampagne unwiederbringlich den Bach runter. Trotz der Sympathiestimmen jener Wähler, die das tragische Ende seiner Familie in Erinnerung behielten, erlitten die Demokraten in South Carolina schließlich eine niederschmetternde Schlappe. Die verbitter-te Erklärung, in der Hendley seine Niederlage eingestand, machte alles nur noch schlimmer. Anschließend zog er sich ein für alle Mal aus dem öffentlichen Leben zurück. Statt auf seine Plantage aus der Zeit vor dem Bürgerkrieg nordwestlich von Charleston zurückzukehren, ließ er sein gesamtes bisheriges Leben hinter sich und siedelte nach Maryland über. Ein weiteres zündstoffgeladenes Statement Hendleys über das Kongresssystem im Allgemeinen sprengte schließlich jegliche Brücken, die ihm noch geblieben waren. I Eine Farm aus dem 18. Jahrhundert wurde 38

    Hendleys neues Zuhause, wo er Appaloosa-Pferde züchtete
    – Reiten und Golfspielen waren die einzigen Hobbys, die er noch ausübte – und das ruhige Leben eines Landgentleman führte. Außerdem arbeitete er sieben bis acht Stunden täglich auf dem Campus. Für den Weg zur Arbeit und zurück verfügte er über eine Cadillac-Stretchlimousine mit Chauffeur.
    Nunmehr 52-jährig, hoch gewachsen, schlank und silber-haarig, war Hendley allgemein bekannt, ohne dass irgendjemand ihn näher kannte – vielleicht das einzige Überbleib-sel seiner politischen Vergangenheit.
    »Ihr Einsatz in den Bergen war eine reife Leistung«, begann Jim Hardesty und bedeutete dem jungen Marine, sich zu

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