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12 - Im Auge des Tigers

12 - Im Auge des Tigers

Titel: 12 - Im Auge des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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nicht alle so sprachkundig, wie sie es sich gewünscht hätten. Nachdem das Flugzeug seine Reiseflughöhe erreichte, aßen die Männer die von der Fluggesellschaft servierten Mahlzeiten, und die meisten hielten ein Nickerchen. Fast alle saßen in den hinteren Reihen. In den wachen Momenten fragten sie sich, welche ihrer Sitznach-185

    barn sie wohl in ein paar Tagen oder Wochen Wiedersehen würden – je nachdem, wie lange es dauern würde, bis die Einzelheiten geklärt wären. Jeder von ihnen hoffte, schon bald vor Allahs Angesicht zu stehen und den Lohn in Empfang zu nehmen, der ihnen für ihren Einsatz im Kampf für die heilige Sache gebührte. Den intellektueller Veranlagten kam der Gedanke, dass selbst Mohammed – Segen und Frieden sei mit ihm – nicht in der Lage gewesen war, die wahre Beschaffenheit des Paradieses uneingeschränkt zu vermitteln. Er hatte seine Erklärungen Menschen gegeben, die nichts von Passagierjets, Automobilen und Computern wussten. Wie also war das Paradies in Wahrheit beschaffen? Es musste so durch und durch wunderbar sein, dass es sich jeglicher Beschreibung entzog – in jedem Fall aber ein Mysterium, das es zu entdecken galt. Und sie würden es entdecken. In diesem Gedanken lag eine gespannte Erwartung, die zu erhaben war, als dass man sich darüber mit den Kameraden hätte austauschen können. Ein Mysterium, aber ein unendlich begehrenswertes. Und wenn andere dadurch auch vor Allah treten mussten – nun, auch das stand im großen Buch des Schicksals geschrieben. Zunächst einmal hielten sie alle ihr Nickerchen, schliefen den Schlaf der Gerechten, den Schlaf der künftigen Märtyrer. Milch, Honig und Jungfrauen.
    Bin Sali hatte, wie Jack feststellte, etwas Geheimnisvolles an sich. Die CIA-Akte über diesen Kerl gab in der »Schmud-delrubrik« sogar Aufschluss über die Länge seines Penis.
    Laut Aussagen der britischen Callgirls lag er von der Größe her etwa im Durchschnitt, war im Einsatz jedoch außerordentlich rege – und der Mann geizte nicht mit Trinkgeld, was den kommerziellen Neigungen dieser Frauen sehr entgegenkam. Anders als die meisten Männer sprach er allerdings nicht viel über sich selbst. Hauptsächlich redete er über das regnerische und kalte Wetter in London, oder er machte seiner jeweiligen Gefährtin Komplimente, die deren 186

    Eitelkeit schmeichelten. Auch die Geschenke, die er den Damen, bei denen er »Stammkunde« war, gelegentlich überreichte – hübsche Handtaschen, meist Louis Vuitton –
    verschafften ihm bei ihnen Sympathien. Zwei der Damen standen im Dienst des Thames House, wo sowohl der Britische Secret Service als auch der Security Service neuerdings ansässig waren. Jack fragte sich, ob sie wohl für ihre Dienste doppelt bezahlt wurden – einmal von bin Sali und einmal von der Regierung Ihrer Majestät. Bestimmt ein gutes Geschäft für die Mädchen, auch wenn das Thames House mit Sicherheit nichts für Schuhe und Handtaschen springen ließ.
    »Tony?«
    »Ja, Jack?« Wills blickte von seiner Arbeit auf.
    »Woher wissen wir, ob dieser bin Sali einer von den bösen Jungs ist?«
    »Wir wissen es nicht sicher. Nicht, solange er nicht tatsächlich etwas anstellt oder wir nicht ein Gespräch abhören können, in dem er mit jemandem kommuniziert, der uns nicht gefällt.«
    »Das heißt, ich nehme den Vogel erst mal nur auf Verdacht unter die Lupe.«
    »Genau. Arbeit von dieser Sorte werden Sie noch häufiger zu tun kriegen. Schon ein Gefühl für den Kerl?«
    »Er ist ein geiler Hurensohn.«
    »Falls es Ihnen noch nicht aufgefallen ist, Junior – es ist nicht leicht, ein reicher Single zu sein.«
    Jack blinzelte. Vielleicht hatte er diesen Kommentar verdient. »Okay, aber ich will verdammt sein, wenn ich dafür zahle. Und er zahlt eine ganze Menge.«
    »Was noch?«, fragte Wills.
    »Er ist nicht gerade die Redseligkeit in Person.«
    »Was sagt uns das?«
    Ryan lehnte sich auf seinem Drehstuhl zurück, um nachzudenken. Er erzählte seinen Freundinnen auch nicht viel, jedenfalls nicht über seinen neuen Job. Sobald man das 187

    Wort »Finanzmanagement« aussprach, neigten die meisten Frauen dazu, auf der Stelle einzudösen – quasi ein Schutz-reflex. Hatte bin Salis Verschwiegenheit etwas zu bedeuten?
    Vielleicht war er einfach kein besonders gesprächiger Mensch. Vielleicht besaß er genügend Selbstvertrauen und hatte nicht das Bedürfnis, seine Damen mit etwas anderem als mit seinem Geld zu beeindrucken – er zahlte immer in bar, nie mit

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