12 - Im Schatten des Grossherrn 01 - Durch Wüste und Harem
meldete?“ fragte ich ihn.
„Ja, Emir.“
„So trage unsere Bitte weiter an den Scheik der Abu Mohammed. Er soll sich hart hinter dem Feind halten und sich nicht sehen lassen. Ist derselbe in das Tal Deradsch eingedrungen, so soll er ihn sofort im Rücken angreifen und ihn ja nicht wieder herauslassen. Alle Täler zwischen El Hamrin und el Kanuza sind zu besetzen. Das übrige wird unsere Sorge sein.“
Er jagte davon. Wir aber brachen unsere Übung ab, um den Leuten Ruhe zu gönnen.
„Du willst nach Deradsch?“ fragte der Scheik auf dem Rückweg.
„Ja.“
„Warum?“
„Um die beiden Spione gefangen zu nehmen.“
„Kann dies kein anderer verrichten?“
„Nein. Die Sache ist so wichtig, daß ich sie selbst übernehme. Wenn diese zwei nicht ganz ruhig und sicher aufgehoben werden, so ist unser schöner Plan vollständig verdorben.“
„Nimm dir einige Männer mit.“
„Das ist nicht nötig. Ich und unsere beiden Posten, das ist genug.“
„Sihdi, ich gehe mit!“ meinte Halef, welcher nicht von meiner Seite gewichen war.
Ich wußte, daß er auf der Erfüllung dieses Wunsches bestehen werde, und nickte ihm also Gewährung.
„Ich weiß nur nicht, ob dein Pferd einen so schnellen Ritt aushalten wird. Ich muß während der Nacht hin und zurück.“
„Ich werde ihm eines von meinen Pferden geben“, meinte der Scheik.
Eine Stunde später waren wir unterwegs: ich auf dem Rappen, und Halef auf einem Goldbraunen, der seinem Herrn alle Ehre machte. Wir legten die Strecke bis zum letzten Posten in kurzer Zeit zurück. Dort erwartete uns Ibn Nazar.
„Du hast die beiden Männer belauscht?“ fragte ich ihn.
„Ja, Herr.“
„Du sollst eine Extragabe von der Beute erhalten. Wo ist dein Gefährte?“
„Ganz in der Nähe der beiden Kundschafter.“
„Führe uns!“
Der Ritt ging weiter. Die Nacht war halbdunkel, und bald erblickten wir den Höhenzug, hinter welchem El Deradsch lag. Ibn Nazar bog seitwärts ein. Wir mußten ein Felsengewirr erklimmen und gelangten an den Eingang einer dunklen Vertiefung.
„Hier sind unsere Pferde, Herr.“
Wir stiegen ab und brachten auch unsere Pferde hinein. Sie standen so sicher, daß wir sie gar nicht zu bewachen brauchten. Dann schritten wir auf dem Kamm des Höhenzugs weiter, bis sich das Tal zu unseren Füßen öffnete.
„Nimm dich in acht, Herr, daß kein Stein hinabfällt, der uns verraten könnte!“
Wir stiegen vorsichtig hinab; ich hinter dem Führer, und Halef hinter mir, immer einer in den Fußstapfen des andern. Endlich langten wir unten an. Eine Gestalt kam uns entgegen.
„Nazar?“
„Ich bin es. Wo sind sie?“
„Noch dort.“
Ich trat hinzu.
„Wo?“
„Siehst du die Ecke des Felsens dort rechts?“
„Ja.“
„Sie liegen dahinter.“
„Und ihre Pferde?“
„Haben sie etwas weiter vorwärts angebunden.“
„Bleibt hier und kommt, wenn ich euch rufe. Komm, Halef!“
Ich legte mich zur Erde nieder und kroch vorwärts. Er folgte mir. Wir gelangten unbemerkt an die Ecke. Ich spürte Tabaksgeruch und hörte zwei halblaute Stimmen miteinander reden. Nachdem ich bis hart an die Kante vorgedrungen war, konnte ich die Worte verstehen:
„Zwei gegen sechs!“
„Ja. Der eine hat schwarz und grau ausgesehen, ist lang und dünn gewesen, wie eine Lanze, und hat ein graues Kanonenrohr auf dem Kopfe gehabt.“
„Der Scheïtan!“
„Nein, sondern nur ein böser Geist, ein Dschin.“
„Der andere aber ist der Teufel gewesen?“
„Wie ein Mensch, aber fürchterlich! Sein Mund hat geraucht, und seine Augen haben Flammen gesprudelt. Er hat nur die Hand erhoben, und da sind alle sechs Pferde tot zusammengestürzt, mit den anderen vier aber sind die zwei Teufel – Allah möge sie verfluchen – durch die Luft davongeritten.“
„Am hellen Tag?“
„Am hellen Tag.“
„Gräßlich! Allah behüte uns vor dem dreimal gesteinigten Teufel! Und dann ist er gar in das Lager der Abu Hammed gekommen?“
„Gekommen nicht, sondern sie haben ihn gebracht.“
„Wie?“
„Sie haben ihn für einen Mann gehalten und sein Pferd für den berühmten Rappen des Scheik Mohammed Emin el Haddedihn. Sie wollten das Pferd haben und nahmen ihn gefangen. Als sie ihn aber in das Lager brachten, erkannte ihn der Sohn des Scheik.“
„Er hätte ihm die Freiheit geben sollen.“
„Er glaubte immer noch, daß er vielleicht doch ein Mensch wäre.“
„Hatten sie ihn gefesselt?“
„Ja. Aber da kam ein Löwe in das Lager, und der Fremde
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