Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
12 - Im Schatten des Grossherrn 01 - Durch Wüste und Harem

12 - Im Schatten des Grossherrn 01 - Durch Wüste und Harem

Titel: 12 - Im Schatten des Grossherrn 01 - Durch Wüste und Harem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
zählen. Als wir die Dritte hinter uns hatten, machte der Fluß eine Krümmung, und nun lagen die Zelte des Lagers vor unseren Augen. Die ganze Ebene ringsumher war von Kamelen, Rindern, Ziegen und Schafen angefüllt. Pferde sah ich nur wenige. Ebenso erblickte ich nur wenige Männer, die noch dazu alt und kraftlos, also ungefährlich waren. Wir ritten in die Zeltgasse ein.
    Vor einem der Zelte stand ein junges Mädchen, welches ein dort angebundenes Pferd liebkoste. Als es mich erblickte, stieß es einen Schrei aus, sprang zu Pferd und jagte davon. Sollte ich der Flüchtigen nachreiten? Ich tat es nicht; es würde auch nicht viel gefruchtet haben, denn ich wurde jetzt von allen umringt, welche im Lager anwesend waren: von Greisen, Kranken, Frauen und Mädchen. Ein Greis legte die Hand auf den Hals meines Pferdes und fragte:
    „Wer bist du, Herr?“
    „Ich bin ein Bote, den euch Zedar Ben Huli sendet.“
    „Der Scheik! Mit welcher Botschaft sendet er dich?“
    „Das werde ich euch sagen, wenn alle hier versammelt sind. Wie viele Krieger hat er hier zurückgelassen?“
    „Fünfzehn junge Männer. Ajehma wird fortgeritten sein, um sie zu holen.“
    „So erlaube, daß ich absteige. Du aber“ – und nun wandte ich mich an Halef – „reite sofort weiter, denn die Dschowari müssen dieselbe Botschaft empfangen.“
    Halef wandte sein Pferd und sprengte davon.
    „Kann dein Gefährte nicht hier bleiben, um sich auszuruhen und Speise zu nehmen?“ fragte der Alte.
    „Er ist nicht müde und nicht hungrig, und sein Auftrag leidet kein Zögern. Wo befinden sich die jungen Krieger?“
    „Bei der Insel.“
    Ah, wieder diese Insel!
    „Was tun sie dort?“
    „Sie“ – er stockte und fuhr dann fort: – „Sie weiden die Herde.“
    „Ist diese Insel weit von hier?“
    „Nein. Siehe, da kommen sie bereits!“
    Wirklich kam ein Trupp Bewaffneter vom Fluß her auf uns zugesprengt. Es waren die Jüngsten des Stammes, fast noch Knaben; sie und die Alten hatte man zurückgelassen. Sie hatten keine Schießgewehre, sondern nur Spieße und Keulen. Der Vorderste und zugleich auch der Ansehnlichste von ihnen erhob die Keule im Reiten und schleuderte sie nach mir, indem er rief:
    „Hund, du wagst es zu uns zu kommen?“
    Ich hatte zum Glück die Büchse vorgenommen und konnte mit ihrem Kolben den Wurf parieren; aber die Lanzen sämtlicher Knaben waren auf mich gerichtet. Ich machte mir nicht sehr viel daraus, gab vielmehr meinem Rappen die Schenkel und drängte ihn hart an das Roß des Angreifers. Er allein von allen mochte das zwanzigste Jahr erreicht haben.
    „Knabe, du wagst es, einen Gast deines Stammes anzugreifen?“
    Mit diesen Worten riß ich ihn zu mir herüber und setzte ihn vor mir auf den Hengst. Er hing an meiner Hand mit schlaffen Gelenken wie ein Gliedermann; die Angst war ihm in den Leib gefahren.
    „Nun stecht, wenn ihr jemand töten wollt!“ fügte ich hinzu.
    Sie hüteten sich wohl, dies zu tun, denn er bildete einen Schild vor mir; aber die wackeren Knaben waren nicht ganz unentschlossen. Einige von ihnen stiegen vom Pferd und versuchten, von der Seite oder von hinten an mich zu kommen, während die andern mich vorn beschäftigten. Sollte ich sie verwunden? Es wäre jammerschade gewesen. Ich drängte daher das Pferd hart an eines der Zelte, daß ich den Rücken frei bekam, und fragte:
    „Was habe ich euch getan, daß ihr mich töten wollt?“
    „Wir kennen dich“, antwortete einer. „Du sollst uns nicht wieder entkommen, du Mann mit der Löwenhaut!“
    „Du sprichst sehr kühn, du Knabe mit der Lämmerhaut!“
    Da hob eine alte Frau heulend ihre Hände empor und rief:
    „Ist es dieser? O, tut ihm nichts, denn er ist fürchterlich.“
    „Wir töten ihn!“ antwortete die Bande.
    „Er wird euch zerreißen, und dann durch die Luft davonreiten!“
    „Ich werde nicht davonreiten, sondern bleiben“, antwortete ich und schleuderte nun meinen Gefangenen mitten unter die Angreifenden hinein. Dann glitt ich vom Pferd und trat in das Zelt. Mit einem Schnitt meines Dolches erweiterte ich den Eingang so, daß ich das Tier, welches ich keiner Gefahr aussetzen wollte, zu mir hineinziehen konnte. Nun war ich vor den Stichen dieser Wespen so ziemlich geborgen.
    „Wir haben ihn! Hamdullillah, wir haben ihn!“ jubelte es draußen.
    „Umgebt das Zelt, laßt ihn nicht heraus!“ rief eine andere Stimme.
    „Schießt ihn durch die Wände tot!“ ertönte ein Ruf.
    „Nein, wir fangen ihn lebendig. Er hat den

Weitere Kostenlose Bücher