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12 - Im Schatten des Grossherrn 01 - Durch Wüste und Harem

12 - Im Schatten des Grossherrn 01 - Durch Wüste und Harem

Titel: 12 - Im Schatten des Grossherrn 01 - Durch Wüste und Harem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Scheik Adi, sondern nur die West- und die Ostseite für Truppen zugänglich sind. Zehn Stunden von hier versammeln sich im Westen tausend Mann bei Mossul, und zwölf Stunden von hier im Osten vereinigen sich fünfhundert Mann in Amadijah. Scheik Adi wird eingeschlossen, und es ist kein Entrinnen möglich.“
    „Herr, wäre dies so gemeint?“
    „Glaubst du wirklich, daß fünfhundert Mann hinreichend wären, in das Gebiet der Kurden von Berwari, von Bohtan, Tijari, Chal, Hakkiari, Karitha, Tura-Ghara, Baz und Schirwan einzufallen? Diese Kurden würden ihnen schon am dritten Tag sechstausend Streiter entgegenstellen können.“
    „Du hast recht, Emir; es ist auf uns gezielt!“
    „Jetzt, wo du dich von den Gründen der Wahrscheinlichkeit überzeugen ließest, vernimm denn: Ich weiß es aus dem eigenen Mund des Mutessarif, daß er euch in Scheik Adi überfallen will.“
    „Wirklich?“
    „Höre!“
    Ich erzählte ihm von meiner Unterredung mit dem Gouverneur das, was mich zu meiner Schlußfolgerung berechtigte. Als ich geendet hatte, erhob er sich und schritt einige Male auf und ab. Dann bot er mir die Hand.
    „Ich danke dir, o Herr; du hast uns alle gerettet! Hätten uns fünfhundert Soldaten unerwartet überfallen, so wären wir verloren gewesen; nun aber wird es mir lieb sein, wenn sie wirklich kommen. Der Mutessarif hat uns mit Vorbedacht in Schlaf gelullt, um uns zur Wallfahrt nach Scheik Adi zu verlocken; er hat sich alles sehr schlau ausgesonnen; eines aber hat er außer acht gelassen: – die Mäuse, welche er fangen will, werden so zahlreich werden, daß sie die Katzen zerreißen können. Erzeige mir die Gnade, keinem Menschen etwas von dem zu sagen, was wir gesprochen haben, und erlaube, daß ich mich für einige Augenblicke entferne.“
    Er ging hinaus.
    „Wie gefällt er dir, Emir?“ fragte Mohammed Emin.
    „Ebenso wie dir!“
    „Und dies soll ein Merd-es-Scheïtan, ein Teufelsanbeter sein?“ fragte Halef. „Einen Dschesiden habe ich mir vorgestellt mit dem Rachen eines Wolfes, mit den Augen eines Tigers und mit den Krallen eines Vampir!“
    „Glaubst du nun immer noch, daß dich die Dschesidi um den Himmel bringen werden?“ fragte ich ihn lächelnd.
    „Warte es noch ab, Sihdi! Ich habe gehört, daß der Teufel oft eine sehr schöne Gestalt annehme, um den Gläubigen desto sicherer zu betrügen.“
    Da öffnete sich die Tür, und ein Mann trat ein, dessen Anblick ein ganz ungewöhnlicher war. Seine Kleidung zeigte das reinste Weiß, und schneeweiß war auch das Haar, welches ihm in langen, lockigen Strähnen über den Rücken herabwallte. Er mochte wohl in die achtzig Jahre zählen; seine Wangen waren eingefallen, und seine Augen lagen tief in ihren Höhlen, aber ihr Blick war kühn und scharf, und die Bewegung, mit welcher er eingetreten war und die Tür geschlossen hatte, zeigte eine ganz elastische Gewandtheit. Der volle Bart, welcher ihm rabenschwarz und schwer bis über den Gürtel herniederhing, bildete einen merkwürdigen Kontrast zu dem glänzenden Schnee des Haupthaares. Er verbeugte sich vor uns und grüßte mit volltönender Stimme:
    „Günesch-iniz, söjündürme-sun – eure Sonne verlösche nie!“ Und dann fügte er hinzu: „Hun be kurmangdschi zanin – versteht ihr, kurdisch zu sprechen?“
    Diese letztere Frage war im kurdischen Dialekt des Kurmangdschi ausgesprochen, und als ich unwillkürlich mit der Antwort zögerte, meinte er:
    „Schima zazadscha zani?“
    Dies war ganz dieselbe Frage im Zazadialekt. Diese beiden Dialekte sind die bedeutendsten der kurdischen Sprache, die ich damals noch nicht kannte. Ich verstand daher die Worte nicht, erriet aber ihren Sinn und antwortete auf türkisch:
    „Seni an-lamez-iz – wir verstehen dich nicht. Jalwar-iz söjlem türkdsche – bitte, rede türkisch!“
    Dabei erhob ich mich, um ihm meinen Platz anzubieten, wie es seinem Alter gegenüber der Anstand erforderte. Er ergriff meine Hand und fragte:
    „Nemtsche sen – bist du der Deutsche?“
    „Ja.“
    „Izim seni kutschaklam-am – erlaube, daß ich dich umarme!“
    Er drückte mich in der herzlichsten Weise an sich, nahm aber den angebotenen Platz nicht an, sondern setzte sich an die Stelle, wo der Bey gesessen hatte.
    „Mein Name ist Kamek“, begann er. „Ali Bey sendet mich zu euch.“
    „Kamek? Der Bey hat bereits von dir gesprochen.“
    „Wobei hat er mich erwähnt?“
    „Es würde dir Schmerz machen, es zu hören.“
    „Schmerz? Kamek hat niemals

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