12 Stephanie Plum: Kalt erwischt (Twelve Sharp)
Kugel in den Lack geritzt hatte. Eine Delle am Einschlag. Wenn man bedenkt, dass ein Auto von mir mal von einem Müllwagen zerquetscht worden ist, zählte das kaum. Ich schloss den Mini ab und ging ins Haus.
Im Aufzug saß Mrs. Bestier. Mrs. Bestier war über achtzig, und ihr innerer Aufzug erreichte auch nicht mehr die letzten Windungen ihres Gehirns. »Aufwärts!«, verkündete sie.
»Erster Stock«, sagte ich.
Sie drückte den Knopf und lachte mich an. »Erster Stock. Damenunterwäsche und Abendgarderobe. Passen Sie auf beim Aussteigen, meine Liebe!«
Ich bedankte mich bei ihr für die Begleitung und trat aus dem Aufzug, schlenderte bis zum Ende des Hausflurs und schloss meine Wohnungstür auf. Schlafzimmer, Badezimmer, Küche, Esszimmer, Wohnzimmer. Alles in Beige, nicht meine Wahl, nach einem Wohnungsbrand vom Hauseigentümer renoviert. Beige Wände, beiger Teppich, beige Vorhänge. Siebziger-Jahre-Badezimmer, ganz in Orange und Braun. Das Badezimmer hatte das Feuer zum Glück verschont.
Mein Hamster Rex wohnt in einem Glaskäfig auf dem beigen Küchentresen. Als ich ins Zimmer kam, lugte sein Köpfchen aus der Suppendose hervor. Seine Barthaare bebten, und seine schwarzen Knopfäuglein waren erwartungsvoll aufgerissen. Ich begrüßte ihn und warf ihm ein paar Cheerios in seinen Fressnapf. Er schnellte hervor, stopfte sich die Cheerios ins Maul und tauchte wieder ab in seine Suppendose. So liebe ich meine Mitbewohner.
Ich rief Morelli an und sagte ihm, ich wäre in einer Stunde bei ihm. Ich duschte, machte mich hübsch und zog mir nette Unterwäsche, saubere Jeans und ein knappes sexy Shirt an. Dann hörte ich meinen Anrufbeantworter ab. Keine Nachricht von Ranger.
Ich steckte in einer Zwickmühle. Was sollte ich von dieser Carmen halten? Instinktiv hatte ich das Gefühl, dass sie log.
Meine Neugier machte mich rasend, und ich war immer noch ein bisschen eifersüchtig. Es hätte mich wahrscheinlich nicht weiter gestört, wenn die Frau nicht so hübsch gewesen wäre. Tatsächlich sah sie aus wie eine, die Ranger attraktiv finden könnte, ausgenommen ihre verrückte Seite. Ranger und eine unvernünftige Frau, das passte nicht zusammen. Ranger war überlegt. Ranger handelte nicht spontan.
Trotzdem, sie war nun mal da, und ich sollte anscheinend in irgendetwas hineingezogen werden. Ob sie wirklich die Frau von Ranger war oder nicht, war nicht mein drängendstes Problem. Weil sich Carmen ihrer Sache offenbar so sicher war, dass sie mit einer Knarre auf mich losging, stieg sie in meiner Bewertung automatisch aus der Kategorie Nervensäge in die Kategorie Ekel auf. Ranger hatte gesagt, dass ich mich bei Tank melden sollte, falls ich Hilfe brauchte, aber dieses Notsignal wollte ich lieber noch nicht loslassen. Wenn Tank der Meinung war, ich sei in Gefahr, dann beauftragte er jemanden, mir zu folgen, ob ich wollte oder nicht. Nach meiner Erfahrung mit Rangers Leuten ist das nicht immer wünschenswert. Sie sind groß und schwer zu übersehen. Und sie sind überfürsorglich, weil sie Angst haben, dass Ranger ihnen die Füße mit Blei beschichtet, wenn mir irgendwas passiert.
Ich stopfte eine zweite Garnitur Klamotten in meine Umhängetasche und schloss die Wohnungstür hinter mir ab. Dann lief ich nach draußen und untersuchte vorm Einsteigen schnell mein Auto. Keine Slogans aufgesprüht, ich wäre eine blöde Schlampe oder so. Keine Fenster mit einem Vorschlaghammer zertrümmert. Kein tickendes Geräusch unter der Karosserie. Meine Privatadresse hatte Carmen anscheinend noch nicht herausgefunden.
Ich fuhr die kurze Strecke zu Morellis Haus und stellte den Mini am Straßenrand ab. Morelli wohnte in einem angenehmen Viertel mit schmalen Straßen und kleinen Reihenhäusern, in denen fleißige Menschen lebten. Ich war bei Morelli so gut wie zu Hause, so dass ich mir das Anklopfen sparen konnte. Ich trat ein und hörte, wie Bob mir von der Küche entgegensauste. Er sprang an mir hoch, mit strahlenden Augen und wedelndem Schwanz. Theoretisch war Bob ein Golden Retriever, aber seine Genmischung war fragwürdig. Er war groß und flauschig und rotblond. Er liebte jeden und fraß alles, sogar Tischbeine und Polstersessel. Ich umarmte ihn, er sah, dass ich keine Tüte von der Bäckerei dabeihatte, und trottete wieder davon.
Morelli kam nicht angesaust, aber er schleppte sich auch nicht zu mir. Er kam mir auf halbem Weg zur Küche entgegen, drückte mich an die Wand, schmiegte sich an mich und küsste mich. Morelli war
Weitere Kostenlose Bücher