12 Stephanie Plum: Kalt erwischt (Twelve Sharp)
Mann beherrscht die Kunst der Selbstauslöschung.«
Ich wählte noch mal Rangers Nummer auf meinem Handy und bekam wieder nur seine Mailbox. »He, du Geheimniskrämer«, sagte ich. »Deine Frau ist hier und sucht dich, mit einer Waffe in der Hand.«
»Ich würde darauf anspringen«, sagte Lula.
»Aber nur, wenn ein Funkmast in der Nähe ist«, sagte ich. »Und manchmal hält sich Ranger an Orten auf, wo Funkmasten nicht hinreichen. Na gut, auf in den Kampf! Ich will mal gucken, was Lonnie Johnson heute so macht. Ob wieder jemand auf ihn ballert.«
Lula hatte ihren Firebird auf unserem Hinterhof geparkt, deswegen verließen wir das Büro durch den Hintereingang und nahmen ihren Wagen. Nach ein paar Minuten rief ich Connie an.
»Steht Carmen immer noch vorm Haus?«
»Ja. Sie hat nicht gemerkt, dass ihr hinten raus seid. Die Kniffe der Kopfgeldjagd lernt man anscheinend nicht, wenn man mit Ranger verheiratet ist.«
Ich legte auf. Lula gondelte die Hamilton entlang und bog ab in Johnsons Viertel. Wir waren noch einen ganzen Häuserblock entfernt, da sahen wir schon den Feuerwehrwagen, der einsam und verlassen vor Johnsons Bruchbude stand, besser gesagt vor dem, was davon übrig geblieben war.
»Hmm«, sagte Lula und kroch etwas näher, um es sich genauer anzusehen. »Hoffentlich war er versichert.«
Das Haus war nur noch ein Haufen verkohlter Trümmer.
Ich stieg aus und ging zu dem Feuerwehrwagen. Zwei Feuerwehrmänner gingen gerade eine Checkliste auf einem Klemmbord durch.
»Was ist passiert?«, fragte ich.
»Das Haus ist abgebrannt«, sagte der eine.
Die beiden sahen sich an und lachten. Feuerwehrhumor.
»Jemand verletzt?«
»Nein. Sind alle rechtzeitig raus. Sind Sie eine Bekannte?«
»Ich kenne Lonnie Johnson. Wissen Sie, wo er hin ist?«
»Nein. Aber der konnte nicht schnell genug abhauen. Hat seine Freundin im Stich gelassen, die musste den Mist ganz allein aussortieren. Sie sagt, das Feuer wäre in der Küche ausgebrochen, aber das halte ich für unmöglich.«
Schon mal was von Brandbombe gehört? Ich stieg wieder in den Wagen und lümmelte mich auf meinen Sitz.
»Immer das Positive sehen«, sagte Lula. »Es hat keiner auf dich geschossen. Und einen Raketenwerfer kann ich weit und breit auch nicht erkennen.«
3
»Lonnie Johnson können wir unter ungelöste Fälle ablegen«, sagte ich zu Lula. »Wenn er auch nur einen Funken Grips hat, nimmt er den nächsten Bus raus aus der Stadt.«
»Gute Idee«, sagte Lula. »Wen haben wir als Nächsten?«
Als Nächsten hatte ich mir den Brandstifter vorgenommen, aber nachdem ich meine Nase gerade in die verkohlten Reste eines abgefackelten Wohnhauses getaucht hatte, war mir die Lust vergangen. Wieder holte ich den Aktenstapel vom Rücksitz und ging ihn durch.
Luis Queen war wegen Prostitution aufgegriffen worden. Keine hohe Kaution, aber es wäre nicht schwer, ihn zu finden. Luis Queen hatte ich bereits x-mal dem Gericht zugeführt, jetzt war es allerdings leider noch zu früh für ihn. Er bezog seinen Posten an einer Straßenkreuzung erst am späten Nachmittag, um auf Kundenfang zu gehen. Morgens schlief er gerne aus.
Caroline Scarzolli war noch ganz vielversprechend. Ladendiebin, niedrige Kaution, Ersttäter, arbeitete in einem Laden für Sextoys und Dessous. Ich gab Lula die Akte. »Wie wäre es mit der?«
»Die gefällt mir«, sagte Lula. »Und bestimmt arbeitet sie gerade. Das Geschäft wollte ich mir sowieso immer schon mal angucken. Ich gehe zwar nicht mehr auf den Strich, aber in puncto Neuerungen halte ich mich gern auf dem Laufenden.«
Pleasure Treasures lag in einer Seitenstraße mitten in der Stadt. Der Geschäftsname stand in einem knalligen pinkfarbenen Neonschriftzug über dem Eingang. Die Damenunterwäsche, die im Fenster auslag, war reichlich exotisch. Kunstfellhöschen mit offenem Schritt, ziermünzenbesetzte Tangas, Warzenpflaster, Hüfthalter mit Tieraufdruck.
Lula stellte den Wagen auf dem kleinen Kundenparkplatz ab, und wir schlenderten zum Eingang. Das heißt, eigentlich schlenderte nur Lula, ich schlich eher, mit gesenktem Kopf, und dachte nur: Hoffentlich guckt kein Schwein!
Eine ältere Dame spazierte mit ihrem Hund vorbei, unsere Blicke trafen sich.
»Ich bin Kopfgeldjäger und suche nur jemanden«, erklärte ich ihr. »Nicht dass Sie denken, ich wollte hier was kaufen. Ich war noch nie hier drin.«
Die Frau machte, dass sie davonkam, und Lula sah mich kopfschüttelnd an.
»Das ist wirklich erbärmlich«, sagte sie.
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