12 Stephanie Plum: Kalt erwischt (Twelve Sharp)
lachte, als ich auf ihn zukam.
»Wir haben ein Problem«, fing ich an.
»Oje. Das tut mir leid.«
»Nein, nein. Nicht, was Sie meinen. Bernie hat eine kleine Katastrophe auf seinem Kopf angerichtet, und er braucht jemanden, der ihm den Schädel rasiert. Nun weiß ich ja, dass Sie ständig Männer rasieren. Deswegen habe ich mir gedacht, dass Sie uns vielleicht weiterhelfen könnten.«
Bernie nahm seine Strickmütze ab, und Dave rief nach seinem Partner. »Scooter muss hier irgendwo stecken«, sagte Dave. »Make-up und Haare sind seine Spezialität. Da kann er wahre Wunder vollbringen, wirklich! Er hat früher am Estee-Lauder-Stand bei Saks gearbeitet.«
»Estee Lauder?«, sagte Bernie. »Ich weiß nicht. Das ist doch was für Frauen.«
Scooter erschien hinter uns. »Estee Lauder hat extra eine wunderbare Produktlinie für Männer entwickelt. Ein Tröpfchen von dem Augenserum, und Ihr Gesicht verjüngt sich um Jahre«, sagte er zu Bernie. Er reichte ihm die Hand. »Scooter«, stellte er sich vor. »Ich war gerade in der Küche, Plätzchen backen für die Aufbahrung heute Abend. Für Mrs. Kessmans Aufbahrung habe ich mich für Snickerdoodles entschieden, und bei Mr. Stanko für Schokoplätzchen mit echter Splitterschokolade. Richtig dicke Brocken. Für Mr. Stanko sollte es nämlich was echt Männliches sein. Er war Fernfahrer. Ein richtiger Männerberuf, finden Sie nicht?«
Bernie schüttelte Scooters Hand. Der Wunsch »nichts wie weg« stand Bernie ins Gesicht geschrieben. Schnell legte ich ihm Handschellen an.
»Reine Formsache«, erklärte ich Bernie. »Vergessen Sie es gleich wieder!«
»Ach, du Schreck«, sagte Scooter. »Ein Verbrecher?« »Nein«, beruhigte ich Scooter. »Er hat in letzter Zeit nur einiges durchgemacht mit seinen Haaren, und gerade dachte ich, er würde kalte Füße kriegen. Ob Sie ihm vielleicht den Kopf rasieren könnten?«
»Natürlich kann ich ihm den Kopf rasieren«, sagte Scooter. »Das steht ihm bestimmt gut. Ich habe auch Feuchtigkeitscreme, die viel besser ist als diese grässliche Fettcreme, die er jetzt benutzt. Kommen Sie, da hinten ist mein Arbeitszimmer.«
Wir verließen das Foyer und folgten Scooter in den neuen Anbau des verschachtelten Beerdigungsinstituts. »Wir nehmen Behandlungsraum Zwei«, sagte Scooter. »Nummer eins ist gerade besetzt.«
Bernie und ich spähten in den Raum. Kippbare Tische aus rostfreiem Stahl, Wägelchen, auf denen Instrumente auslagen, die man besser nicht bei Tageslicht betrachtete, leichter Geruch nach Formaldehyd.
»Das ist ja ein Einbalsamierungsraum!«, sagte Bernie. »Ist der nicht wunderschön?«, sagte Scooter. »Allerneueste Technik. Und hervorragend ausgeleuchtet. Setzen Sie sich auf den kleinen Hocker neben den Tisch, ich hole nur eben meinen Rasierapparat. Ich habe mich schon so daran gewöhnt, an Menschen in der Horizontale herumzuwerken, dass das hier bestimmt eine ganz lustige Erfahrung wird.«
»Ach, du Scheiße«, flüsterte Bernie. »Bringen Sie mich von hier weg!«
»Immer sachte. Er rasiert Ihnen nur den Kopf, er macht sonst nichts. Keine große Sache. Und wenn er fertig ist, bietet er Ihnen bestimmt ein Plätzchen an.«
»Da sind ja wohl Glückwünsche angebracht«, wandte ich mich an Scooter, als er sich hinter Bernie in Stellung brachte. »Volles Haus. Mrs. Kessman und Mr. Stanko. Und eine dritte Leiche in Vorbereitung.«
»Die dritte Leiche haben wir hier nur zur Lagerung. Die arme Carmen Manoso. Sie wurde obduziert und freigegeben, aber wir können sie erst Donnerstag überführen. Ich hatte gerade etwas Zeit, da habe ich unsere Carmen ein bisschen verschönert. Allerdings kann man bei jemandem, dem man das Gehirn praktisch chirurgisch entfernt hat, nicht mehr viel ausrichten, von dem großen Einschussloch im Kopf ganz zu schweigen. Trotzdem habe ich alles versucht, den Eltern den Anblick ein bisschen zu erleichtern, falls sie den Sarg noch mal öffnen.«
Carmen Monoso! Lag hier einfach tatenlos rum! Bis Donnerstag!
»Sie hat es verdient, aufgebahrt zu werden«, sagte ich zu Scooter.
»Wie bitte?«
»Die Frau ist berühmt. Chambersburg liebt seine ermordeten Mitbürger. Sie werden die vielen Trauergäste gar nicht alle unterkriegen können. Sie müssen Wartenummern ausgeben, wie in der Bäckerei.«
»Ich weiß nicht. Ich müsste erst ihre Eltern fragen.«
»Die Leiche gehört nicht ihren Eltern. Sie gehört ihrem Mann.«
»Dem Mörder?«
»Er ist immer noch ihr Ehemann. Ich gehe jede Wette ein, dass er
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