Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
12 Stunden Angst

12 Stunden Angst

Titel: 12 Stunden Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
Vom Netzwerk:
Einer der Männer richtete seine Maschinenpistole auf die Kanzel. Im nächsten Moment rief Mr. Danny eine Warnung, und der Helikopter sprang förmlich in die Luft. Grant fiel aus seinem Sitz, sah Baumwipfel an den Fenstern vorüberhuschen und dann den Mond, hell und weiß durch eine Lücke zwischen den Wolken. Er wünschte, seine Mom wäre da, um das zu sehen.
    Danny war schon früher unter erschwerten Bedingungen geflogen, doch niemals war ihm dabei eine Waffe in den Leib gedrückt worden. Es war nicht die gleiche Waffe, die Shields aufseine Frau gerichtet hatte, sondern eine vernickelte Automatik. Die Pistole von Trace Breen?, fragte sich Danny. Oder die von Kyle Auster, falls er eine gehabt hat? Warren hielt die Pistole so, dass sein Sohn sie nicht sehen konnte. Nah genug, dass das Pulver Dannys Hemd in Brand setzen würde, während die Kugel sich durch seinen Leib bohrte.
    Der Chopper jagte in fünfhundert Metern Höhe nach Osten. Das Haus blieb rasch zurück. Danny fragte sich, wie Sheriff Ellis auf diese neue Entwicklung reagieren würde. Er hatte Sekunden nach dem Abheben über Funk nach Danny gerufen, doch Warren hatte bis auf den Bordfunk alles abgeschaltet.
    »Wohin fliegen wir?«, fragte Danny so beiläufig, wie er konnte. »Havanna?«
    »Den Fluss hinauf«, erwiderte Warren kurz angebunden. »Fünfzig Kilometer. Vidalia, Louisiana. Bringen Sie uns auf siebenhundert Meter Höhe.«
    Danny ging auf Nordkurs und stieg höher. Vidalia war eine Stadt mit fünftausend Einwohnern, hauptsächlich Arbeitern. »Warum Vidalia?«
    Warren legte den Kopf in den Nacken. »Wir setzen Grant bei seiner Großmutter ab, Laurels Mutter.«
    »Verstehe. Anschließend fliegen wir alleine weiter, Sie und ich?«
    Warren antwortete nicht.
    Danny hatte große Erfahrung, was Nachtflüge anging, hatte dabei aber fast immer ein Nachtsichtgerät getragen und einen sehr viel stärkeren Helikopter geflogen. Den Bell 206 durch berghohe Sturmwolken zu steuern war eine ganz andere Sache. Danny hatte keine Angst, musste sich aber so sehr konzentrieren, dass ihn die Waffe in der Seite immer wieder überraschte. Blau-weiße Blitze zuckten durch die Nacht und erhellten die turmhohen Wolkenberge. Hin und wieder vernahm er Grants staunende Rufe.
    Danny konnte von der nahezu lichtlosen Landschaft unter ihm kaum etwas sehen, doch die Flussarme und Seen, die ihm als Orientierungspunkte dienten, glänzten wie schwarze Spiegel, alsder Helikopter über sie hinwegraste. Der Buffalo River, der Lake Mary, der Homochitto River und schließlich der Hauptarm des Mississippi, der sich nach Osten auf Natchez zu schlängelte.
    »Hast du gesagt, wir fliegen zu Großmutter?«, rief Grant durch das Dröhnen und Pochen der Rotoren. Er beugte sich vor und klemmte das Kinn in die Engstelle zwischen Dannys und Warrens Schultern.
    Warren versteckte die Waffe unter seinem blutigen Hemdenzipfel und schob das Headset vom rechten Ohr. »Das ist richtig, mein Sohn.«
    »Wo ist Mom?«
    »Zu Hause.«
    Danny ließ sich nichts anmerken.
    »Wie geht es ihr?«
    »Gut. Die Männer waren nicht wegen Mom im Haus. Du wirst sie bald wiedersehen. Jetzt setz dich wieder hin und schnall dich an.«
    »Was ist mit dir? Du blutest an der Schulter!«
    »Nur ein Kratzer«, sagte Warren und berührte das an seiner verwundeten Schulter klebende Hemd.
    »Wow!«, rief Grant. Sie hatten das Great Bluff von Natchez überquert, und das Land blieb hinter ihnen zurück. Sechzig Meter unterhalb der historischen Stadt blinkten die Lichter eines langen Schubverbands im Fluss. »Cool!«, sagte der Junge. »Es gibt zwei Brücken hier!«
    »Schnall dich auf der Stelle an, Grant!«
    »Schon gut, Dad«, sagte der Junge kleinlaut und zog sich auf seinen Sitz zurück.
    »Sie wissen doch gar nicht, ob es Laurel gut geht«, sagte Danny leise. »Sie haben sie nicht untersucht.«
    Warren verzog das Gesicht. »Halten Sie den Mund!«
    »Was ist?«, rief Grant von hinten. »Worüber sprecht ihr?«
    »Nichts. Such nach Orientierungspunkten am Boden. Siehst du die Casino-Schiffe?«
    Während Grant den breiten schwarzen Fluss absuchte, sagteWarren: »Laurels Mutter wohnt gleich hinter der Carter Street, der Hauptstraße. Direkt hinter dem Deich. Aber das wissen Sie wahrscheinlich längst.«
    »Nein.«
    Danny war in den Sinkflug gegangen, nachdem sie die zwei gewaltigen Brücken überquert hatten, die den Fluss überspannten. Es gab in Vidalia nur eine einzige hell erleuchtete Straße, den Highway, der quer durch Louisiana

Weitere Kostenlose Bücher