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12 Stunden Angst

12 Stunden Angst

Titel: 12 Stunden Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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wahrscheinlich, weil er dazu neigte, den Menschen zu erzählen, was sie hören wollten, ungeachtet seiner wirklichen Gefühle.
    Momentan war er mit drei Frauen liiert: mit Ehefrau Nummer Zwo, mit Vida sowie mit einer Pharmareferentin aus Hoche. Darüber hinaus verfügte er über einen ganzen Stall an Reservefrauen, doch in letzter Zeit hatte er in dieser Hinsicht nicht viel unternehmen können, vor allem wegen Vida. Sie war gewissermaßen ein zweischneidiges Schwert: Aktivposten und Belastung zugleich. Für eine ehemalige Kellnerin mit lediglich einem Jahr Junior College war sie ein Genie in Buchführung. Und sie war eine phantastische Fellatrice. Doch sie hatte eine Reihe höchst unrealistischer Erwartungen, was die Zukunft betraf. Sie klammerte sich an ihn wie ein Terrier, der sich in sein Bein verbissen hatte – oder in ihrem Fall, seinen Schwanz. Vida passte definitiv in keines der Szenarien, die Auster für seine Zukunft sah. In Las Vegas würde wahrscheinlich niemand großartig Aufhebens um sie machen, doch in den Clubs, die er in L. A. oder Atlanta besuchte, würden sie Vida auslachen.
    Auster überlegte, ob er die Flasche Diaka aus der unterstenSchublade holen sollte, als sein Telefon summte. Er legte die Hand an den Griff der Schublade, während er von dem exklusiven Wodka träumte, den fleißige Polen über Diamanten filterten, bevor er in Kristallflaschen abgefüllt wurde. Ein einziger Schluck vermochte eine Stunde Stress auszulöschen.
    »Ein Anruf für Sie, Doktor«, sagte Nell durch den verrauschten Hörer des Telefons. »Ein Agent Paul Biegler vom Büro der Medicaid in Jackson.«
    Auster ließ den Griff der Schublade los. Er fühlte sich wie ein Seemann, der tagelang hinaus auf das bedrohliche Meer gestarrt hatte, bis endlich ein feindliches Periskop vor ihm aufgetaucht war. Zumindest war es keine völlige Überraschung mehr. Zum Hundertsten Mal gratulierte er sich insgeheim dafür, dass er im Lauf der Jahre an die richtigen politischen Gruppierungen gespendet hatte. Auf diese Weise blieb man in diesem Staat auf dem Laufenden – in jedem Staat, was das anging –, und nur wer auf dem Laufenden war, konnte sich und seine Interessen schützen. »Äh … ist Vida bei Ihnen, Nell?«
    »Nein, Sir. Ich glaube, sie ist auf eine Zigarettenpause nach draußen gegangen. Möchten Sie, dass ich rausgehe und nach ihr suche?«
    Er dachte kurz nach. Vida im Rücken zu haben, die ihm soufflierte, während er den Anruf tätigte, konnte er am allerwenigsten gebrauchen. So schlimm konnte es nicht werden – sonst wäre Biegler gleich mit einem Durchsuchungsbefehl vor der Tür aufgetaucht, anstatt ihn aus Jackson anzurufen.
    »Hat dieser Biegler gesagt, von wo er anruft, Nell?«, wollte er wissen.
    »Nein, Sir, aber die Rufnummer auf dem Display ist aus Mississippi.«
    Auster hatte plötzlich eine Vision von einem Überwachungswagen draußen vor der Praxis, zusammen mit einem Konvoi schwarzer Limousinen voller Agenten, die nur darauf warteten, sein Büro auseinanderzunehmen. »Könnte es ein Handy sein?«
    »Wenn Sie mich fragen, es sieht nach einer Festnetznummeraus. Aber ich bin nicht sicher. Möchten Sie, dass ich eine Nachricht entgegennehme?«
    Auster wollte nicht, dass Biegler glaubte, er könne ihn durch einen Anruf einschüchtern. Er rechnete schon seit ein paar Tagen mit einer unangekündigten Durchsuchung. Das war die übliche Vorgehensweise der Finanzbehörden. Ein Team von Agenten tauchte unerwartet mit einem Durchsuchungsbefehl und einem Stapel richterlicher Verfügungen vor der Haustür auf. Sie konfiszierten Akten, Computer, einfach alles, was man brauchte, um eine Praxis zu führen. Sie taten freundlich und führten »belanglose« Gespräche mit dem Personal und dem Verdächtigen, doch in Wirklichkeit wurde jedes Wort aufgenommen und später gegen den Beschuldigten verwendet. Sie stoppten jede Zahlung von Medicaid an die Praxis, bevor man auch nur eine Chance bekam, ein Wort zu seiner Verteidigung hervorzubringen. Kurz gesagt, sie ruinierten einen, Monate bevor man einen Gerichtssaal von innen zu sehen bekam. Manchmal verweigerten sie einem sogar eine Geschworenenverhandlung. Austers Anwalt hatte ihm genaue Instruktionen erteilt, wie er sich im Fall einer überraschenden Hausdurchsuchung zu verhalten hatte – doch er hatte ihm keinen Ratschlag erteilt, was er bei einem formlosen Anruf tun sollte. Er würde improvisieren müssen.
    »Nein, schon gut, Nell«, sagte er jovial. »Stellen Sie den Anrufer

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