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12 Stunden Angst

12 Stunden Angst

Titel: 12 Stunden Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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Warrens Augen flackerte ein irres Licht. »Vielleicht sollten wir den Kindern diese Bilder zeigen, wenn sie nach Hause kommen. Damit sie sehen, was Mami in ihrer Freizeit so treibt.«
    Als er die Kinder erwähnte, stockte ihr das Herz. Wie sollten sie überhaupt nach Hause kommen? Hatte er vielleicht vor, sie selbst abzuholen? Die Vorstellung erschien ihr längst nicht mehr so absurd wie noch eine Stunde zuvor.
    »Du bist ein Dreckskerl«, sagte sie. »Willst du vielleicht, dassdie Kinder aufbleiben und zusehen, wie du dir vor einem Softporno auf Cinemax einen runterholst, nachdem ich eingeschlafen bin? Krankenakten diktieren – dass ich nicht lache!«
    Er starrte sie hasserfüllt an.
    »Mein Gott, wie erbärmlich wir doch sind!«, sagte Laurel voller Inbrunst.
    Sie wusste nicht, was sie als Nächstes tun oder sagen sollte. Warren würde es ohnehin nicht interessieren, egal was sie vorbrachte. Seine Zwangsvorstellungen, was ihre Untreue betraf, hatten nicht das Geringste mit Liebe zu tun, sondern mit seinen eigenen Besitzansprüchen. Jemand hatte es gewagt, sich an seinem persönlichen Eigentum zu vergreifen, und nun wollte er Rache. Sie, Laurel, war wie all seine anderen Besitztümer – etwas, das er eifersüchtig bewachte, nicht weil es kostbar für ihn gewesen wäre, sondern weil es sein Eigentum war.
    Aber das war inzwischen eine für Laurel lächerliche Vorstellung. Keine zwei Wochen, nachdem sie Danny zum ersten Mal geküsst hatte, war die Frage des Eigentums geklärt gewesen. Ganz egal, wessen Ring sie trug, ganz egal, wer im Dunkel der Nacht auf ihr lag – sie gehörte Danny, mit Leib und Seele. Das war die Realität, und nichts konnte daran etwas ändern.
    Nur der Tod.

8
    K yle Auster saß in Untersuchungszimmer fünf auf dem Hocker und musterte schweigend seinen neunzehnten Patienten an diesem Tag, Arthur M. Johnston. Männlich, weiß, dreiundfünfzig Jahre alt, zwanzig Kilo Übergewicht, stark erhöhte Cholesterinwerte, hoher Bluthochdruck, vergrößerte Prostata, erektile Dysfunktion, langjähriger Alkoholmissbrauch, Osteoarthritis … die Liste ging weiter und weiter. Doch Auster wusste, dass er es miteinem klassischen Simulanten zu tun hatte. Nachdem Arthur Johnston sieben Jahre in der inzwischen stillgelegten chemischen Fabrik gearbeitet hatte, war es ihm irgendwie gelungen, sich eine 100-Prozent-Schwerbehinderung attestieren zu lassen (wegen Rückenbeschwerden natürlich); seither lebte er von einer Erwerbsunfähigkeitsrente. Das lag inzwischen zwei Jahrzehnte zurück. Heute verbrachte er seine Tage, eingelullt von einem Polster aus Schmerzmitteln, vor dem Fernseher oder bei der Arbeit in seinem Garten oder mit seinen Enkeln beim Angeln in einem Boot, das er von Staatsgeldern bezahlt hatte.
    Während Johnston über die ständige Erfordernis schmerzlindernder Medikamente lamentierte (selbstverständlich zeigten nur Opiate eine angemessene Wirkung), sinnierte Auster darüber, wie er in diesen privaten Vorhof der Hölle geraten war. An der Uni war er ein Ass gewesen. Es gab nur einen Grund, weshalb er nicht Chirurg geworden war: Er hatte nach draußen gewollt, in die richtige Welt, und richtiges Geld verdienen. Es war nicht so, als hätte er eine großartige Wahl gehabt. Er hatte einen kostspieligen Lebensstil, selbst damals schon. Die Leute hatten keine Vorstellung, wie viel Geld während der Football-Saison in einem Verbindungshaus den Besitzer wechselte. Man konnte sich tief verschulden, ohne ein einziges Mal aus dem Bett zu steigen.
    »Was denken Sie, Herr Doktor?«
    Die Frage des Patienten riss Auster aus seinen Gedanken. »Ich würde sagen, es geht Ihnen den Umständen entsprechend, Mr. Johnston. Sie werden keinen Marathonlauf mehr machen, aber Sie werden in nächster Zeit auch nicht tot umfallen. Wahrscheinlich werden Sie noch zum Angeln gehen, wenn ich längst tot und begraben bin.«
    Johnston stieß ein leises Kichern aus. »Das hoffe ich doch sehr … ohne Ihnen zu nahe treten zu wollen, Herr Doktor. Aber ich dachte, ein paar Untersuchungen wären vielleicht angebracht …«
    Auster starrte seinen Patienten verblüfft an. Johnston redete im Tonfall eines Mannes, der im Reader’s Digest einen Artikelüber Präventivmedizin gelesen hatte. Wahrscheinlich wollte er eine gottverdammte vierundsechzig Scheiben umfassende Computertomographie seines Herzens. »Welche Art von Untersuchungen?«
    Johnston blickte ihn so unschuldig an wie ein Baby. »Nun ja, Sie sind der Doktor, nicht wahr? Ich

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