12 Stunden Angst
Sie darüber zu informieren, dass die Vernichtung von Krankenunterlagen von diesem Moment an den Tatbestand der Behinderung der Justiz erfüllt.«
Empörung überlagerte die Angst in Austers aufgewühltem Inneren. »Wollen Sie damit sagen, dass meine Krankenunterlagen bereits unter richterlicher Beschlagnahme stehen?«
»So ist es, Sir. Und ich sollte Sie darüber hinaus informieren, dass digitale Unterlagen genauso unter diese Vorschrift fallen wie Akten. Falls Sie oder einer Ihrer Angestellten den Versuch unternimmt, Dateien zu löschen, werden wir es herausfinden und sie wiederherstellen. Die Strafen für ein derartiges Vorgehen sind ausgesprochen streng.«
»Ich verstehe.« Auster nahm einen raschen Schluck Wodka und wischte sich mit dem Ärmel seines Laborkittels über das Kinn. »Wissen Sie, was ich glaube, Agent Biegler? Ich glaube nicht, dass Sie mich aus Höflichkeit angerufen haben. Ich glaube, Sie haben mich angerufen, um meinen Blutdruck in die Höhe zu treiben. Sie haben mich angerufen, weil es Ihnen eine hämische Freude bereitet. Weil Ihnen auf diese Weise einer abgeht, stimmt’s? Sie haben etwas gegen Ärzte, und nun versuchen Sie, meine Kollegen in den Bankrott zu treiben oder sogar ins Gefängnis zu stecken. Nun, ich habe Neuigkeiten für Sie. Sie haben sich mit dem Falschen angelegt. Erstens habe ich mir absolut nichts vorzuwerfen. Zweitens kenne ich Anwälte bis zum Abwinken, und ich kann es mir leisten, sie für lange, lange Zeit zu bezahlen. Und drittens …« Auster rief sich ins Gedächtnis, dass dieses Gespräch mit großer Wahrscheinlichkeit aufgezeichnet wurde. Es ging nicht an, Biegler zu drohen, indem er dritte Parteien ins Feld führte, die er möglicherweise durch eine fragwürdige Nebentätigkeit kannte. »Vergessen Sie drittens«, sagte er lahm. »Sie wissen, worauf ich hinauswill.«
»Allerdings, Doktor«, sagte Biegler. »Sie malen ein sehrlebhaftes Bild. Lassen Sie mich genauso bildhaft antworten, Sir. Man wird Sie wegen Verstoßes gegen eine ganze Reihe von Bundesvorschriften anklagen, von denen viele eigens geschaffen wurden, um mit räuberischen Ärzten wie Ihnen fertig zu werden. Sie haben gegen zahlreiche Gesetze und Verordnungen verstoßen, und zwar …«
Er zählte eine Reihe von Paragraphen auf. Diesmal reichte ein Schluck Diaka nicht aus, um Austers flatternde Nerven zu beruhigen. Er öffnete eine Schublade, zog eine Medikamentenflasche hervor und schluckte zwanzig Milligramm Propanolol, um seinen Herzschlag zu beruhigen.
»… sind Sie noch da, Doktor?«
»Selbstverständlich.«
»Zusammengefasst würde ich angesichts der neuen Gesetzeslage schätzen, dass Ihnen hundertfünfundsiebzig Jahre Gefängnis drohen, dazu eine Geldstrafe von fünfundsechzig Millionen Dollar. Nicht eingeschlossen die zusätzlichen Strafforderungen, welche die Regierung zu stellen berechtigt ist, in bis zu dreifacher Höhe des verursachten Schadens. In jedem einzelnen Fall, versteht sich.«
Auster spürte einen scharfen Stich, der in seinen linken Arm hineinstrahlte. Allein die Andeutung eines Herzproblems jagte seinen Puls bis hinauf in die Stratosphäre.
»Dr. Auster?«
Auster schloss die Augen und zwang sich zur Ruhe. All diese Reaktionen waren rein stressbedingt. Paul Biegler hatte ihn überfallen, und die Panik, die ihm jetzt zu schaffen machte, war genau das Ergebnis, das Biegler erwünscht hatte. Doch er würde dem Mistkerl diesen Triumph nicht überlassen. Es war wie bei einem Pokerturnier in Vegas. Entweder man hatte den Mumm, oder man hatte ihn nicht. Eier. Cojones. Nerven aus Stahl. Man hatte einen hohen Einsatz riskiert und ein bescheidenes Blatt gezogen, aber das durfte niemand wissen, auf gar keinen Fall – ganz besonders nicht der Typ auf dem Platz gegenüber, der es wagte, sehen zu wollen. Man wusste, dass er die richtigen Karten hatte –man konnte es in seinen Augen lesen, so sicher, als wären sie Spiegel, die das Blatt in seinen Händen reflektierten. Und doch musste man es ausspielen. Mit einem Royal Flush konnte jeder gewinnen. Ein schlechtes Blatt richtig auszuspielen, das trennte die Spreu vom Weizen.
»Haben Sie gehört, Doktor?«, fragte Biegler zum wiederholten Mal. »Fünfundsechzig Millionen Dollar.«
Irgendwie brachte Auster ein Kichern zustande. »Das ist eine reine Phantasiezahl, Agent Biegler. Nichts von alledem wird je eintreten. Und wissen Sie warum? Sie leiern diese Zahlen herunter, um mir Angst zu machen, damit ich mich auf eine
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