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12 Stunden Angst

12 Stunden Angst

Titel: 12 Stunden Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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bewusst, dass ihre Hände zitterten. Ihr Kinn bebte. Ihre Knie waren weich wie Butter.
    »Warum weinst du, Mom?«, fragte Grant besorgt. Er sah jetzt nicht mehr wie ein aufgeweckter Teenager aus, sondern wie der verängstigte Neunjährige, der er in Wirklichkeit war. »Dad … was soll das? Mir gefällt das nicht.«
    »Mir auch nicht. Aber eure Mom hat uns keine große Wahl gelassen. Sie hat ihre Entscheidung bereits getroffen.« Er winkteLaurel zu dem Stuhl neben sich. »Komm schon, Honey. Ich möchte, dass du Grant und Beth die Dinge erklärst, so gut es geht. Sie haben es verdient, die Wahrheit zu erfahren.«
    Wenn das hier vorbei ist, werde ich diese Ehe beenden, dachte Laurel. Warren möchte, dass ich den Kindern erzähle, ich hätte eine Affäre gehabt? Also schön, ich erzähle ihnen, was ich ihnen vor fünf Wochen schon hätte erzählen sollen. Nicht, dass ich jemand anderen liebe, sondern dass ich ihren Daddy nicht mehr liebe. Das dürfte nicht schwerfallen – ich liebe Warren wirklich nicht mehr. Aber ich liebe die Kinder mehr als je zuvor. Sie werden wissen, dass ich die Wahrheit sage, weil es die Wahrheit ist.
    »Na los, komm her!«, sagte Warren mit scharfer Stimme. »Steh zu deinen Überzeugungen, verdammt noch mal!«
    »Ich hab Angst«, wimmerte Beth. Tränen funkelten in ihren Augen. Sie hielt die Arme nach ihrer Mutter ausgestreckt, um sich von ihr hochnehmen zu lassen, doch als Laurel sich dem Mädchen nähern wollte, sprang Warren auf und stellte sich ihr in den Weg.
    »Dad, du machst uns Angst!«, sagte Grant mit erstaunlichem Nachdruck in der Stimme. »Du machst auch Mom Angst!«
    »Daran lässt sich leider nichts ändern, Sohn. Eure Mutter hat etwas sehr, sehr Böses getan.«
    »Nein!«, kreischte Beth. »Mom könnte nie etwas Böses tun! Mom ist eine gute Mama!«
    Warren sah aus, als würde er jeden Augenblick selbst in Tränen ausbrechen. »Ich weiß, dass du das glaubst, Elizabeth, aber ich fürchte, es stimmt nicht. Das ist eine der Schwierigkeiten, wenn man erwachsen wird – man muss erkennen, dass nicht alle Menschen gut sind. Eure Mutter hat sehr böse Dinge getan. Du und Grant, ihr werdet bestraft, wenn ihr böse wart, richtig?«
    Grant nickte zögernd.
    »Dann sollte Mom ebenfalls bestraft werden, meint ihr nicht? Wir müssen uns alle an die gleichen Regeln halten.«
    »Du elender Mistkerl!«, zischte Laurel leise. »Du solltest dich schämen!«
    Warren drehte sich zu ihr um. Seine Augen waren gerötet. »Ich soll mich schämen? Die Schande gehört allein dir. Hast du auch nur einen Gedanken an die Kinder verschwendet, als du uns alle betrogen hast? Hast du auch nur eine Sekunde an sie gedacht, als du die Beine breit …«
    »Hör auf!«, rief Beth. »Höraufhöraufhörauf!«
    »Halt’s Maul!«, brüllte Warren.
    »AAAAAAAAAAAAAAH!«
    Beth’ Schrei war ohrenbetäubend und voller Qual. Warren starrte sie an, als wollte er sie zum Verstummen bringen, aber das wäre nur mit körperlicher Gewalt möglich gewesen, was noch mehr Schreie nach sich gezogen hätte. Oder, schlimmer noch, völlige Stille.
    Hätte Laurel in diesem Moment den Revolver aus seiner Tasche reißen können, sie hätte wahrscheinlich keine Sekunde gezögert, ihn zu erschießen. Sie hatte ihre Pflicht gegenüber ihren Kindern vernachlässigt, aber nichts, absolut nichts auf der Welt rechtfertigte die seelischen Foltern, die Beth und Grant jetzt durch ihren Vater erleiden mussten. Und warum das alles? Nur aus Rache, der nutzlosesten Sache der Welt.
    Laurel sprang vor, als Beth einen weiteren schrillen Schrei ausstieß, riss sie vom Sofa hoch und hielt sie in den Armen. Beth’ Schreie verebbten zu einem herzzerreißenden Wimmern. »Nicht weinen, Liebling«, murmelte sie ihrer Tochter ins Ohr. »Alles wird wieder gut. Daddy hat nur eine Geschichte erzählt … eine dumme Geschichte.«
    »Stimmt das?«, fragte Grant voller Hoffnung.
    »Nein, Sohn. Ich fürchte nicht, leider. Aber nicht mehr lange, und wir alle wissen, wer der neue Freund von eurer Mom ist.«
    In diesem Moment zerbrach in Laurel etwas. Sie drehte sich nach links, holte aus und versetzte Warren eine schallende Ohrfeige. Sie hatte ihre ganze Kraft in den Schlag gelegt, und das Klatschen peitschte wie ein Pistolenschuss durchs Zimmer, gefolgt von totalem Schock. Während Warren sich die blutige Nase rieb, ächzte Grant zutiefst erschrocken.
    »Mom hat dich gehauen, Dad«, sagte er, als versuchte er zu begreifen, was seine Augen ihm gezeigt hatten. »Sie

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