12 - Tod Bei Vollmond
befahl, alle Ehefrauen der Priester als Sklavinnen nach Rom zu schicken, wo sie zur »freien Verfügung« des Papstes zu stehen hatten. Im Jahre 1139 setzte Papst Innozenz (Amtszeit 1130–1143) eine mildere Form des Zölibats durch und forderte alle Priester auf, sich von ihren Frauen scheiden zu lassen. Doch Papst Urban III. (Amtszeit 1185–1187) legte fest, daß alle Ehefrauen von Priestern von jedem feudaladligen Herrscher gefangengenommen und als Sklavinnen verkauft werden durften. Die Priester wehrten sich jedoch. Rom gelang es erst nach vielen Jahren, den Zölibat allgemein durchzusetzen. Die keltische Kirche gab erst nach jahrhundertelangem Ringen ihre antizölibatäre Haltung auf und schloß sich den Richtlinien Roms an, wohingegen in der östlichen orthodoxen Kirche die Priester unterhalb des Ranges von Abt und Bischof bis heute das Recht zur Eheschließung haben.
Das Wissen um die freie Einstellung der keltischen Kirche zu geschlechtlichen Beziehungen ist wesentlich für das Verständnis des Hintergrunds der Romane der Fidelma-Reihe.
Die Verurteilung der »Sünde des Fleisches« blieb der keltischen Kirche noch lange fremd, nachdem sie in der römischen bereits zum Dogma geworden war. Zu Fidelmas Zeit lebten beide Geschlechter in Abteien und Klöstern zusammen, die als conhospitae oder Doppelhäuser bekannt waren, und erzogen ihre Kinder im Dienste Christi.
Fidelmas eigenes Kloster der heiligen Brigitta in Kildare war solch eine Gemeinschaft beider Geschlechter. Als Brigitta sie in Kildare (Cill Dara = Kirche der Eichen) gründete, lud sie einen Bischof namens Conlaed ein, sich mit ihr zusammenzutun. Ihre erste überlieferte Biographie wurde 650, fünfzig Jahre nach ihrem Tode, von einem Mönch in Kildare mit Namen Cogitosus geschrieben, der keinen Zweifel daran läßt, daß es auch weiterhin eine gemischte Gemeinschaft war.
Zum Beweis für die gleichberechtigte Stellung der Frauen wäre noch darauf hinzuweisen, daß in der keltischen Kirche jener Zeit Frauen auch Priester werden konnten. Brigitta selbst wurde von Patricks Neffen Mel zur Bischöfin geweiht, und sie war nicht die einzige. Rom protestierte im sechsten Jahrhundert schriftlich gegen die keltische Praxis, Frauen die heilige Messe zelebrieren zu lassen.
Im Gegensatz zur römischen Kirche gab es in der keltischen kein System von »Beichtvätern«, denen man seine »Sünden« beichten mußte und die dann die Vollmacht hatten, jemandem im Namen Christi diese Sünden zu vergeben. Statt dessen suchte man sich unter den Geistlichen oder Laien einen sogenannten »Seelenfreund« (anam chara) aus und erörterte mit diesem Fragen der Seele, des Geistes und des Glaubens.
Damit sich der Leser leichter zurechtfindet, habe ich eine Liste der Hauptpersonen beigefügt.
So können wir nun Fidelmas Welt betreten. Die Ereignisse dieser Geschichte spielen im Jahre 667, in jenen Tagen im Anschluß an die Nacht, die einst Gelach a’bhruic genannt wurde, die Nacht des Dachsmondes. Denn in jener Vollmondnacht im Oktober trocknet nach Ansicht der alten Iren der Dachs im Mondlicht Gras, um damit sein Nest zu bauen.
H AUPTPERSONEN
Schwester Fidelma von Cashel , eine dálaigh oder Anwältin an den Gerichten im Irland des siebenten Jahrhunderts
Bruder Eadulf v on Seaxmund’s Ham, ein angelsächsischer Mönch aus dem Lande des Südvolks
I N C ASHEL
Colgú , König von Muman, Fidelmas Bruder
Ségdae , Bischof von Imleach, comarb von Ailbe
Sárait , die Kinderfrau
Alchú , der kleine Sohn von Fidelma und Eadulf
I N R ATH R AITHLEN
Becc , Stammesfürst der Cinél na Áeda
Adag , Beccs Verwalter
Accobrán , Beccs Tanist oder gesetzlicher Nachfolger
Lesren , der Gerber, Beccnats Vater
Bébháil , Beccnats Mutter
Seachlann , der Müller, Escrachs Vater
Brocc , Seachlanns Bruder
Sirin , Koch von Rath Raithlen, Ballgels Onkel
Berrach , Ballgels Tante, Sirins Schwester
Goll , der Holzfäller
Fínmed , seine Frau
Gabrán , Golls Sohn
Liag , der Arzt und Heilkundige
Gobnuid , ein Schmied
Tómma , Lesrens Gehilfe
Creoda , ein Gerbergehilfe
Síoda , ein Junge
Menma , ein Jäger
Suanach , seine Frau
I N DER A BTEI DES HEILIGEN F INNBARR
Abt Brogán
Bruder Solam
Bruder Dangila
Bruder Nakfa
Bruder Gambela
Bruder Túan , Verwalter im Kloster Molaga
Conrí , Kriegsfürst der Uí Fidgente
K APITEL 1
Es schien, als würde die große weiße Scheibe des Mondes den Himmel beherrschen. Sie hing tief, war
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