Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
12 - Wer die Wahrheit sucht

12 - Wer die Wahrheit sucht

Titel: 12 - Wer die Wahrheit sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
Vom Netzwerk:
was, aber das war auch schon alles. Wenn ich jetzt aussage, dass meine Haare an seinen Sachen waren, weil er - was? Mich umarmt oder geküsst hat?, dann steht meine Aussage gegen die sämtlicher Zeugen, die sagen werden, dass er mich nicht mal angeschaut hat. Wir könnten kontern, indem wir Cherokee aussagen lassen, aber nie im Leben würde ich von meinem Bruder verlangen, dass er für mich lügt.«
    »Er will dir unbedingt helfen.«
    China antwortete mit einem Kopfschütteln, das resigniert wirkte. »Er hat praktisch sein Leben lang immer irgendeinen Schwindel am Laufen gehabt. Erinnerst du dich an seine Geschäfte auf dem Rummelplatz? Diese pseudo-indianischen Kunstgegenstände, die er jede Woche den Leuten aufgeschwatzt hat? Pfeilspitzen, Keramikscherben, Werkzeuge - was ihm eingefallen ist. Sogar ich habe ihm fast geglaubt, sie wären echt.«
    »Du willst doch nicht sagen, dass Cherokee..?«
    »Nein, nein. Ich meine nur, ich hätte mir die Sache mit dieser Reise zweimal überlegen müssen - besser noch, zehnmal. Er findet immer alles total easy, ganz ohne Haken, zu schön, um wahr zu sein, aber trotzdem wahr. Mir hätte klar sein müssen, dass es bei dieser Geschichte um mehr geht, als ein paar harmlose Baupläne über den Ozean zu transportieren. Ich meine nicht, dass Cherokee was im Schilde führte. Ich meine, dass jemand anderer was ausgeheckt hatte.«
    »Dich als Sündenbock zu benutzen«, sagte Deborah.
    »Das ist die einzige Erklärung, die mir einfällt.«
    »Das würde heißen, dass alles, was geschehen ist, geplant war. Sogar dass man einen Amerikaner hier herüberlotst, um ihm den schwarzen Peter zuzuschieben.«
    »Zwei Amerikaner«, verbesserte China. »Zur Sicherheit: Wenn der eine als Verdächtiger nicht überzeugend sein sollte, ist immer noch der andere da. Und wir beide sind prompt in die Falle reingestolpert. Zwei doofe Kalifornier, die noch nie in Europa waren - es ist klar, dass diese Leute genau so jemanden gesucht haben. Zwei naive Trottel, die keine Ahnung haben würden, was sie tun sollten, wenn sie hier Probleme bekämen. Und der Abschuss ist, dass ich gar nicht mitkommen wollte. Ich wusste gleich, dass die Sache stinkt. Aber ich hab's mein Leben lang nicht fertig gebracht, meinem Bruder eine Bitte abzuschlagen.«
    »Er ist todunglücklich, dass alles so gekommen ist.«
    »Er ist immer todunglücklich«, erwiderte China. »Dann fühle ich mich schuldig. Du musst ihm eine Chance geben, sage ich mir. Du weißt, er würde das Gleiche für dich tun.«
    »Er dachte wohl, er würde dir mit der Reise was Gutes tun. Wegen Matt. Damit du ein bisschen Abstand bekommst. Er hat es mir übrigens erzählt. Das mit euch beiden. Von der Trennung. Das tut mir wirklich Leid. Ich hatte Matt immer gern.«
    China drehte ihren Becher in der Hand. Sie starrte ihn so intensiv und so lange an, dass Deborah schon glaubte, sie wolle mit ihr nicht über ihre langjährige Beziehung zu Matt Whitecomb sprechen. Aber gerade als Deborah das Thema wechseln wollte, begann China zu erzählen.
    »Am Anfang war es hart. Man wartet keine dreizehn Jahre darauf, dass ein Mann sich für einen entscheidet. Das ist viel zu lang. Ich glaube, irgendwie hab ich immer gewusst, dass es mit uns nichts werden würde. Aber ich hab eben so lang gebraucht, um den Mut zu finden, Schluss zu machen. Ich hatte Angst vor dem Alleinsein. Was mache ich ganz allein an Silvester? Wer schickt mir am Valentinstag Blumen? Wie verbringe ich den vierten Juli? Man muss sich mal vorstellen, wie viele Beziehungen wahrscheinlich nur aufrechterhalten werden, damit die Leute die Feiertage nicht allein verbringen müssen.« China schob den Teller mit ihrem Stück Guernsey Gache mit einem kleinen Schauder von sich weg. »Ich kann das nicht essen. Tut mir Leid.« Dann sagte sie: »Tja, jetzt muss ich mich um Wichtigeres sorgen als Matt Whitecomb. Warum ich jahrelang versucht habe, aus einer tollen sexuellen Beziehung eine Ehe samt Häuschen mit Garten und niedlicher Kinderschar rauszukitzeln, darüber kann ich nachdenken, wenn ich alt bin. Jetzt muss ich erst mal - Es ist schon komisch, wie das manchmal läuft. Wenn ich nicht hier säße und Angst haben müsste, ins Gefängnis zu wandern, würde ich jetzt vielleicht darüber grübeln, warum ich so lange gebraucht habe, um zu erkennen, wie Matt wirklich ist.«
    »Wie denn?«
    »Er ist ein riesiger Feigling. Ich hatte es dauernd vor der Nase, aber ich wollte es nicht sehen. Nur ein Ton davon, dass vielleicht was

Weitere Kostenlose Bücher