12 - Wer die Wahrheit sucht
und die Trauergäste folgten. Frank parkte seinen Wagen an der Auffahrt und schlug wie alle anderen um ihn herum den Weg zum Herrenhaus ein.
Ein paar Schritte weiter bekam er Gesellschaft. Direkt neben ihm sagte jemand: »Das ändert alles«, und als er den Kopf hob, sah er Bertrand Debiere an seiner Seite.
Der Architekt sah schlecht aus. Ohnehin zu dünn für seine übermäßige Körpergröße, schien er seit dem Fest in Le Reposoir weiter an Gewicht verloren zu haben. Das Weiß seiner Augäpfel war kreuz und quer von feinen roten Äderchen durchzogen, und seine an sich schon hohen Wangenknochen stachen spitz hervor.
»Hallo, Nobby.« Frank nickte zum Gruß. Er gebrauchte den Spitznamen des Mannes ganz selbstverständlich. Er war an der höheren Schule Debieres Geschichtslehrer gewesen, und es war nicht seine Art, große Umstände zu machen, wenn er einen ehemaligen Schüler traf. »Ich hab Sie beim Gottesdienst gar nicht gesehen.«
Wenn es Debiere störte, dass Frank ihn mit seinem Spitznamen angesprochen hatte, ließ er es sich nicht anmerken. Wahrscheinlich aber war es ihm gar nicht aufgefallen, weil alle seine Freunde ihn so nannten. Er sagte: »Oder sind Sie da anderer Meinung?«
»Wie bitte?«
»Dass sich jetzt alles geändert hat. Dass wir zum ursprünglichen Plan zurückkehren müssen. Zu meinem. Wir können nicht erwarten, dass Ruth die Dinge in die Hand nehmen wird. Sie hat von dieser Art von Architektur keine Ahnung, und ich kann mir nicht vorstellen, dass sie große Lust haben wird, sich damit zu beschäftigen.«
»Ach so«, sagte Frank. »Das Museum.«
»Es wird trotzdem gebaut. Das würde Guy so wollen. Aber die Pläne müssen geändert werden. Ich habe mit ihm darüber gesprochen - wissen Sie das vielleicht schon? Ich weiß, wie dick Sie mit Guy waren, da hat er Ihnen sicher erzählt, dass ich ihn mir vorgeknöpft habe.
Noch am selben Abend. Nach dem Feuerwerk. Ich hatte mir den Aufriss noch mal angeschaut, und da war deutlich zu erkennen - ich meine, für jeden, der was von Architektur versteht -, dass dieser Kerl aus Kalifornien was hingehauen hat, was vorn und hinten nicht stimmt. Wie nicht anders zu erwarten von jemandem, der sich das Gelände nie angesehen hat. Ganz schön eingebildet, wenn Sie mich fragen. Ich hätte mir das nie erlaubt, und das hab ich Guy auch gesagt. Ich weiß, dass ich ihn schon fast überzeugt hatte, Frank.«
Debieres Stimme war drängend. Frank warf ihm einen Blick zu, während sie dem Zug der Trauergäste folgten, der sich zum Westflügel des Hauses hin bewegte. Er sagte nichts, obwohl er Debiere ansah, dass dieser seine Zustimmung erwartete. Der feine Schweißfilm auf seiner Oberlippe verriet ihn.
»Diese vielen Fenster, Frank«, fuhr Debiere fort. »Als gäbe es bei St. Saviour's einen tollen Blick oder so was, den wir mit einbeziehen müssen. Er hätte gewusst, dass von so was nicht die Rede sein kann, wenn er sich mal hierher bemüht hätte, um sich das Gelände anzuschauen. Und wenn man sich überlegt, wie viel man heizen muss bei diesen ganzen verdammten Riesenfenstern. Es wird ein Vermögen kosten, das Haus auch außerhalb der Saison geöffnet zu lassen, wenn das Wetter schlecht ist. Sie wollen es doch sicher das ganze Jahr durch offen halten, nicht wahr? Wenn es mehr für die Leute hier gedacht ist als für die Touristen, dann muss es auch zu Zeiten geöffnet sein, zu denen die Einheimischen kommen. Mitten im Sommer, wenn hier alles voll ist, tun sie das bestimmt nicht. Meinen Sie nicht auch?«
Frank wusste, dass er irgendetwas sagen musste. Schweigen wäre seltsam gewesen. Er sagte deshalb: »Geben Sie Acht, dass Sie das Pferd nicht vom Schwanz her aufzäumen, Nobby. Ich denke, man sollte vorläufig erst mal abwarten.«
»Aber Sie sind doch ein Verbündeter, oder?«, fragte Debiere. »F-frank, Sie s-sind doch auf m-meiner Seite?«
Das plötzliche Stottern verriet die hochgradige ängstliche Erregung. So war es schon in der Schule gewesen, wenn er aufgerufen und unvorbereitet ertappt wurde. Debiere hatte infolge seines Sprachfehlers immer verletzlicher gewirkt als seine Kameraden; er hatte etwas Rührendes an sich gehabt; dieses Handicap, das ihm nicht erlaubte, seine Gefühle zu verbergen, wie andere das taten, verdammte ihn auch zur Aufrichtigkeit um jeden Preis.
Frank sagte: »Es geht hier nicht um Verbündete und Gegner, Nobby. Diese ganze Geschichte hier« - er machte eine Kopfbewegung zum Haus, die sich auf all das bezog, was dort vorgegangen
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