120 - Der Fluch der stählernen Hände
befreiter.
»Ich denke, wir können diese Unstimmigkeiten planieren«, sagte der Capo. »Das bedeutet, daß das ›Kohner’s‹ seine Pforten bald wieder öffnen könnte.«
Könnte? dachte Sean Kohner. Das hört sich nach einem Pferdefuß an.
Der Capo ließ die Katze auch sofort aus dem Sack. Er machte die Fortsetzung der Geschäftsbeziehungen von zwei Faktoren abhängig.
»Erstens wird der Gewinn nicht mehr fünfzig zu fünfzig, sondern siebzig zu dreißig geteilt«, sagte Don Vito.
Kohner brauchte nicht zu fragen, wer die siebzig Prozent bekommen sollte, das war klar. An diesem Brocken würgte er, aber er konnte unmöglich nein sagen, sonst verließ er dieses Haus nicht lebend.
»Ich habe mich im ›Kohner's‹ immer sehr wohl gefühlt«, sagte der Capo. »Das Restaurant hat Atmosphäre. Sie führen es mit Stil und Umsicht. Ich denke, die finanzielle Einbuße ist für Sie zu verschmerzen, und für uns ist der Gewinnzuwachs ein Auftrag, dafür zu sorgen, daß das ›Kohner’s‹ noch weiter aufsteigt. Wir werden uns zu gegebener Zeit geeignete Maßnahmen überlegen - Party-Service, Belieferung einiger uns nahestehender Hotelketten… Da läßt sich noch sehr viel machen. Unter dem Strich werden Sie letztlich mehr haben als bisher.«
Sean Kohner grinste. »So etwas hört man nicht ungern, Don Vito. Aber Sie sprachen von zwei Faktoren.«
»Die zweite Sache ist die: Wir mögen es nicht, wenn sich die Polizei zu oft in unseren Betrieben blicken läßt. Das schadet dem Geschäft, schadet auch uns. Dieser Mord an Carolyn Cassidy hat viel Staub aufgewirbelt. Auch das paßt uns nicht. Wir wickeln unsere Geschäfte gern ungestört ab. Das wird jedoch kaum möglich sein, solange Carolyn Cassidys Mörder frei herumläuft. Es liegt in unserem Interesse, daß der Mann so rasch wie möglich gefunden wird. Ob ihn die Polizei tot oder lebendig bekommt, ist Nebensache. Hauptsache ist, daß sie unsere Kreise nicht mehr stört.«
»Sie meinen, ich soll mich an der Suche nach dem Killer beteiligen, Don Vito?«
»Wollen Sie nicht auch, daß dieser scheußliche Mord so schnell wie möglich aufgeklärt wird?«
»Das schon«, antwortete Sean Kohner. »Aber…«
»Sie kriegen die entsprechenden Männer von uns und leiten die Sache. Schnappen Sie sich diesen Kerl - tot oder lebendig. Mir persönlich wäre ersteres lieber, denn dieser Mann hat uns einige Unannehmlichkeiten bereitet.«
Ich bin Gastronom, kein Bulle, dachte Sean Kohner verdrossen. Wie soll ich denn einen Mörder finden? Ich weiß doch überhaupt nicht, wie man das macht. Wie soll ich Erfolg haben, wo es nicht einmal die Polizei schafft, diesen Fall zu lösen?
Aber er behielt diese Gedanken für sich. Vielleicht arbeitete die Zeit für ihn, und vielleicht wußten die Mafiosi, die man ihm zuteilen würde, wie man den Fall aufrollen konnte.
Fürs erste sollte ihm wichtig sein, daß sich die Unstimmigkeiten eingerenkt hatten, daß er auf die Ehrenwerte Gesellschaft wieder zählen durfte und keine Angst mehr zu haben brauchte, von einem Mafia-Killer umgelegt zu werden.
Er erklärte sich mit allem, was Don Vito Alassio gesagt hatte, einverstanden, und der Capo reichte ihm zum Abschied sogar die Hand. Ein gewaltiger Felsblock fiel Sean Kohner vom Herzen.
Er hatte einen Fehler gemacht. Die Sache wäre beinahe ins Auge gegangen.
Noch einmal würde ihm so etwas nicht passieren. Er war ein Mann, der schnell lernte.
***
Im Hilton erfuhren wir vom zweiten Mord des Hexers. Noel Bannister war wütend. Der Mord war vor fast vierundzwanzig Stunden verübt worden, und niemand schien es der Mühe wert gefunden zu haben, uns zu informieren.
Das schluckte Noel Bannister nicht. Er rief Ian Wickham, den Polizeichef, von der Hotelrezeption aus an. Ich hörte das Gespräch am Nebenanschluß mit.
»Ich habe mir die Zusammenarbeit mit der Chicagoer Polizei etwas enger vorgestellt, Sir!« polterte Noel Bannister. »Halten Ihre Leute den Winterschlaf, oder sabotiert jemand absichtlich unsere Arbeit?«
»Tut mir leid, ich weiß nicht, was Sie meinen«, sagte der Polizeichef.
Noel klärte ihn auf, und Ian Wickham versprach, sich sofort darum zu kümmern. Außerdem sagte er, er würde in wenigen Minuten zurückrufen. Das tat er dann auch.
Der Polizeichef verbürgte sich dafür, daß es zu einer solchen Panne nicht mehr kommen würde. Er habe Anweisung gegeben, von nun an alles ihm zu melden, und er würde es dann an uns weiterleiten - mit einer Verzögerung von wenigen
Weitere Kostenlose Bücher