120, rue de la Gare
surprise-party. Wir kommen grade von einer, die auf dem Pont de la Boucle gegeben wurde. Einer meiner Bewunderer wollte mich in die Rhône schmeißen.“
„Sie...!“ Jetzt war er wirklich überrascht. „Kommen Sie.“ Wir suchten uns einen stillen Ort. Ich erzählte ihm, was vorgefallen war.
„Gut, daß wir ausgemacht hatten, uns am Telefon mit dem Vornamen anzureden! Das konnte der Kerl natürlich nicht wissen. Ich hab sofort einen Floh husten hören.“
„Und wo ist er jetzt?“
„Der Floh?“
„Nein, der Anrufer.“
„Warm ist ihm bestimmt nicht. Und später noch weniger, im Leichenschauhaus... Aber jetzt würde ich vorschlagen, Sie ziehen Ihren Mantel an und begleiten mich.“
„Wohin?“
„Weiß ich nicht. Sie haben nämlich die Adresse, zu der ich möchte: die Ihrer reizenden Sekretärin. Nicht mal ihren Namen kenne ich.“
„Louise Brel. Aber ich verstehe nicht...“
„Sie kam mir heute nachmittag dümmer vor, als sie von Natur aus ist. Erinnern Sie sich? Als Sie sie nach der Doppelgängerin von Michèle Hogan fragten, wollte sie uns was über Fernandel erzählen. Genausogut hätte sie vom Papst anfangen können, nur um ihre Verlegenheit zu überspielen. Nein, sie kennt das Mädchen, das ich suche. Und aus irgendeinem Grund paßt ihr meine Schnüffelei nicht. Heute abend hat sie mir einen Killer auf den Hals gehetzt, um mich ein für allemal daran zu hindern. Aus Ihren Notizen, an die sie doch sicher leicht rankommt, wußte sie, wo sie mich erreichen konnte.“
„Unvorstellbar“, sagte Lafalaise und schüttelte ungläubig den Kopf. „Ich bin nur ein kleiner Provinzdetektiv und... äh... vielleicht ist meine Frage eine Zumutung für Sie, aber... Sind Sie sicher, daß Sie sich nicht irren? Louise soll Sie angerufen haben?“
„Nein, sie hat alles dem Killer überlassen. Einschließlich der unvorhergesehenen Tauchübung... na ja, für den andern unvorhergesehen..
„Unvorstellbar“, murmelte der Detektiv wieder. „Sie irren sich ganz bestimmt, Burma“, fügte er entschieden hinzu.
„Die beste Möglichkeit, mich davon zu überzeugen, ist ein Besuch bei der dummen Gans“, sagte ich ungeduldig. „Wenn Sie mir bis morgen früh die Gründe für Ihr Vertrauen auseinanderlegen, kann Sie sich in aller Ruhe aus dem Staub machen. Sind Sie soweit?“
„Ja... Unvorstellbar“, wiederholte er. „Ein Gläschen Rum vor dem Aufbruch?“
„Nein, einen Viertelliter.“
Louise Brel
Auch unfrisiert sah Louise Brel noch gut aus. Das durchscheinende Negligé stand ihr traumhaft. Ihre nackten Füße mit den rotlackierten Nägeln versanken in dem Bettvorleger. Ein steiler Zahn, wie man so sagt. Aber wenn es mir vergönnt war, diesen hübschen Anblick noch einmal zu genießen, dann bestimmt nicht mit ihrer wohlwollenden Zustimmung.
Nachdem Lafalaise an dem netten Einfamilienhaus am Stadtrand geklingelt und auf die Frage hin seinen Namen genannt hatte, war ihr der Überraschungsschrei im Halse steckengeblieben. Nach einigem Getue hatte sie zitternd die Tür geöffnet... und beim Anblick des Trios im Halbdunkeln am liebsten gleich wieder geschlossen. Ich setzte mein wichtigstes Gesicht auf. Man kann wirklich sagen, daß es nicht gerade verführerisch aussah.
Jetzt stand sie vor uns in ihrem kleinen, feminin-gemütlichen Schlafzimmer und wußte gar nicht, was gespielt wurde. Ihre vom Schlaf verquollenen Augen richteten sich fragend auf die nächtlichen Besucher. Ihr Atem ging unruhig.
Ich steckte meine Hand in die Manteltasche und gab meiner Pfeife das Aussehen einer Kanone.
„Ziehen Sie sich an“, befahl ich. „Nehmen Sie Ihre Ausweispapiere und folgen Sie uns. Sie schulden Kommissar Bernier ein paar Erklärungen für den Überfall, den einer Ihrer Komplizen heute abend auf mich verübt hat.“
Sie starrte mich verwirrt an. Dann sah sie flehend zu ihrem sichtlich verlegenen Chef, der ihr mitleidige Blicke zuwarf.
„Ich habe versucht, Monsieur Burma klarzumachen, daß er sich irrt“, sagte er im Beschützerton. „Er verdächtigt Sie, ihn in eine Falle gelockt zu haben. Sie und kriminell! Das ist... das ist... Stehen Sie doch nicht einfach so rum! Verteidigen Sie sich! „
„Wogegen soll ich mich denn verteidigen?“ fragte das Mädchen. „Gegen wen? Ich weiß gar nicht, wovon die Rede ist... Ich soll ihn in eine Falle gelockt haben? Ich...“
„Kennen Sie die Frau?“ unterbrach ich sie und hielt ihr das Foto der Schauspielerin unter die Nase.
„Ja. Das ist Michèle
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