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120, rue de la Gare

120, rue de la Gare

Titel: 120, rue de la Gare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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Hogan.“
    „Vielen Dank.“ Ich lachte ironisch. „Das ist mir neu. Kennen Sie eine Frau, die ihr ähnelt? Vorsicht: Die Frage haben wir Ihnen heute nachmittag schon gestellt.“
    „Ich weiß.“
    „Das ist keine Antwort auf meine Frage. Kennen Sie eine Frau, die der Schauspielerin ähnelt?“
    „Nein.“
    Ich brachte mein Gesicht ganz nah an ihres.
    „Kennen Sie eine Frau, die der Schauspielerin ähnelt?“ wiederholte ich noch einmal.
    „Nein.“
    Ich packte ihre Handgelenke.
    „Sie lügen!“
    „Nein!“ rief sie. „Lassen Sie mich los, Sie tun mir weh!“
    Sie wich zurück und ließ sich aufs Bett plumpsen.
    „Jetzt sage ich nein! Ich lasse Sie erst los, wenn Sie vernünftig geworden sind, Süße. Kennen Sie
    Gérard Lafalaise fiel mir in den Arm. Aufmerksam sah er mich mit verzerrtem Gesicht an. Zum ersten Mal lag Aggressivität in seinen Augen.
    „Monsieur Burma“, flüsterte er vorwurfsvoll. „Beenden Sie augenblicklich diese schreckliche Komödie! Es war ein Fehler, Ihren absurden Verdacht ernstzunehmen. Ihr Renommée hat mich geblendet. Aber das ist mir jetzt egal! Ich bereue es aufrichtig, Sie hierher gebracht zu haben. Hören Sie sofort auf, diese junge Frau zu belästigen. Ich bürge für meine Sekretärin. Solche Methoden sind...“
    „Seien Sie still! Man wollte mich in die Rhône werfen, Monsieur Lafalaise! Alles andere zählt für mich nicht. Aber genug geredet! Ich will gerne Ihrer Bitte nachkommen, die zarten Handgelenke dieses Unschuldsengels für einen Augenblick loszulassen. Aber nur einen Augenblick! Nur um Ihnen zu demonstrieren, welchen Methoden Dynamit-Burma seinen Erfolg verdankt.“
    Mit diesen Worten schickte ich meine Faust direkt an sein Kinn. Zusammen mit seinem Hut ging der Detektiv zu Boden. Ich warf Covet meinen Schal zu.
    „Fesseln Sie ihn“, sagte ich. „Das Zimmer ist zu klein für große Auftritte. Und stopfen Sie ihm das Maul. Vielleicht will er singen, wenn er wieder aufwacht. Mir gefällt sein Repertoire nicht.“
    „Wir kommen beide in den Knast, Nestor Burma“, seufzte der Journalist, kam aber meiner Aufforderung nach.
    Während der schnellen Szene hatte Louise Brel keine Zeit für einen Fluchtversuch gehabt. Sie saß immer noch auf dem zerwühlten Bett. Geistesabwesend, wie es schien. Ich ging zu ihr. Sie stieß mich zurück und drohte, die Polizei zu rufen, wenn wir nicht verduften würden.
    „Die Polizei?“ lachte ich amüsiert. „Hab ich Sie nicht gerade in den Justizpalast eingeladen, wo Kommissar Bernier darauf brennt, mit Ihnen zu reden? Von der Polizei hab ich nichts zu befürchten.“ Das stimmte nun auch wieder nicht so ganz. Ein Flic hätte mich ganz schön in Verlegenheit bringen können. „Wenn hier jemand vor der Polizei Angst haben muß, dann Sie! Sie behaupten immer noch, eine gewisse Frau nicht zu kennen, obwohl das eine Lüge ist. Sie wollen nicht, daß ich meine Nachforschungen fortsetze — und Sie werden mir erklären, warum! — , und haben mir einen Killer auf den Hals geschickt. Vorher haben Sie mich zu einem falschen Treffen gelockt... in eine Falle! Ich wurde telefonisch zu diesem Treffen bestellt. Nun weiß aber nur eine einzige Person, wie ich telefonisch zu erreichen bin: Ihr Chef! Nur eine einzige Person konnte sich die Telefonnummer besorgen: Sie, seine Sekretärin! Ihren Chef hatte ich keinen Augenblick in Verdacht. Bei unserem Gespräch heute nachmittag war er völlig offen zu mir. Bei Ihnen liegt der Fall anders. Sie haben sehr schnell auf meine Frage mit ,nein’ geantwortet, zugegeben... Aber nicht schnell genug, um nicht meinen Argwohn zu erregen. Und um Ihre Verlegenheit zu überspielen, wollten Sie uns eine saublöde Geschichte auftischen... die gar nicht zu Ihrem Gesicht paßt. So saublöd sehen Sie nämlich gar nicht aus, wenn Sie mir das Kompliment gestatten. Als mich dann auf dem Pont de la Boucle Ihr Komplize liebevoll umarmte, um mich zur Erforschung der tieferen Geheimnisse der Rhône von der Brücke zu schubsen, brauchte ich keine vierundzwanzig Stunden, um die Verdächtigen durchzugehen…“
    Ich holte meine Pfeife samt Tabaksbeutel aus der Tasche. Fluchend steckte ich beides wieder ein. Ich hatte keinen Tabak mehr.
    „Also, was ist?“ fuhr ich fort. „Wollen Sie immer noch die Polizei rufen? Die Uniformierten sind etwas langsam. Sollen wir nicht lieber gleich zu einem richtigen Kommissar gehen? Zu Bernier, zum Beispiel? Das ist nämlich der, der die Untersuchung im Mordfall Colomer

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