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120, rue de la Gare

120, rue de la Gare

Titel: 120, rue de la Gare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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genau haben Sie ihm gesagt?“
    „Daß Monsieur Burma beim Chef gewesen sei, weil er Pauls Freundin suche. Und daß ich es für einen riesigen Irrtum hielte, der Frau irgendein Verbrechen anhängen zu wollen. Für mich sei sie das Opfer einer Verschwörung. Paul dankte mir, daß ich Sie angelogen hatte, und sagte, diese Frau sei tatsächlich über jeden Verdacht erhaben. Er werde persönlich von Nestor Burma eine Erklärung verlangen. Ob ich wisse, wo er wohne? Ich konnte ihm Ihre Telefonnummer nicht vorenthalten — oder besser gesagt, die Ihres Freundes. Paul versprach mir, mich nicht zu verraten. Ich hab mir nichts Böses dabei gedacht, Monsieur Burma. Hab doch nicht geglaubt, daß... Na ja, ich wußte nicht, daß mein Verhalten so tragische Folgen haben würde. Und jetzt...“ Sie schluchzte.
    „Beruhigen Sie sich“, sagte ich. „Ich bin ja nicht tot. Und jetzt den Namen der Frau!“
    „Ich weiß nicht, wie sie heißt.“
    „Wirklich nicht?“
    „Nein, Monsieur Burma.“
    „Ist Carhaix während Ihrer Unterhaltung nichts rausgerutscht? Nicht mal der Vorname seiner Freundin?“
    „Nein, nichts.“
    „Hat er sie Ihnen nicht irgendwann mal vorgestellt?“
    „N... nein. Ich bin immer auf die andere Straßenseite gegangen.“
    „Ach! Und Sie sind sicher, daß er heute abend nichts von ihr erzählt hat?“
    „Absolut sicher.“
    „War sie seine Geliebte?“
    „Ich... ich glaub schon.“
    „Hierin sind Sie sich also nicht sicher?“
    „Nein.“
    „Vielen Dank.“
    Ich wandte mich an meinen Detektiv-Kollegen:
    „Na, Monsieur Lafalaise? Begreifen Sie jetzt? Ihr Angestellter Paul Carhaix hatte einen triftigen Grund, mich von meinen Nachforschungen abzuhalten. Die junge Frau wird zwar von ihm gedeckt — wenn ich das mal so sagen darf — , ist aber nicht seine Geliebte. Sonst hätte er im Laufe der Zeit bestimmt einmal ihren Vornamen fallenlassen. Spätestens während seiner Unterhaltung mit Mademoiselle Brel. Eher schon ist sie eine Auftraggeberin, von der Sie nichts wußten. Von Ihrer Sekretärin alarmiert und informiert, ruft er mich an, wobei er sich die größte Mühe gibt, Ihre Stimme zu imitieren. Er behauptet, bei jemandem zu sein, der mir über die gesuchte Frau Auskunft geben kann; nennt mir einen Ort, den man unmöglich findet, wenn man Lyon nicht kennt; schlägt vor, mich von jemandem hinführen zu lassen. Zur Sicherheit, sagt der Witzbold noch! Und dann überfällt er mich auf dem Pont de la Boucle.“
    „Was ist mit ihm?“ flüsterte Louise Brel.
    „Lieben Sie ihn?“ fragte ich zurück.
    „Wir haben uns geliebt. Und ich liebe ihn immer noch. Und deshalb habe ich ihm alles erzählt. Ich wollte nicht, daß er Schwierigkeiten bekam. Was ist mit ihm?“ wiederholte sie.
    „Versuchen Sie, ihn zu vergessen“, riet ich ihr. „Sie werden ihn nie mehr wiedersehen. Abgehaun ist er! Er verdiente Ihre Liebe nicht.“

Hausdurchsuchung

    Wir stiegen wieder ins Auto. Gérard Lafalaise besaß glücklicherweise eine Fahrerlaubnis. In solchen bewegten Nächten ist das ein Segen.
    „Also auf zu Ihrem Paul“, sagte ich. „Mein Fehler, daß ich Ihre Sekretärin für die Seele des Komplotts gehalten habe. Schade, daß ich den Preisboxer von heute nacht nicht wieder vom Tode auferwecken kann. Aber vielleicht bringt mich die Durchsuchung seiner Räuberhöhle auf eine gute Idee.“
    „Sie... Sie wollen nicht die Polizei benachrichtigen?“ fragte Lafalaise schüchtern.
    Seine Erfahrungen mit meiner Intuition und meinen Methoden waren noch frisch.
    „Später, später“, antwortete ich. „Mit denen werden wir uns noch früh genug auseinandersetzen müssen. Ich bitte Sie übrigens, den Flics nicht mehr zu verraten, als ich selbst es für richtig halte.“
    „Natürlich“, versicherte Lafalaise, glücklich, mit mir unter einer Decke zu stecken. Nach kurzem Schweigen nutzte er das auch gleich aus und fragte:
    „Sagen Sie... äh... Warum sind Sie eigentlich hinter dieser Frau her?“
    „Weil sie mir vor kurzem in einem Bus begegnet ist und ich mich in sie verknallt habe.“
    Marc nahm seine Zigarette aus dem Mund und den Detektiv aufs Korn.
    „Na? Zufrieden?“ fragte er ihn. „Nestor Burma arbeitet nicht nur gerne mit der Polizei zusammen, er ist auch sonst die Offenheit in Person. Wenn Sie ihn dabei erwischen, wie er jemandem sein Herz ausschüttet, sagen Sie mir Bescheid! Das will ich erleben! Wär mir glatt ‘ne Sondermeldung wert... Mir hat er erzählt, die Doppelgängerin von Michèle Hogan

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