Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
120, rue de la Gare

120, rue de la Gare

Titel: 120, rue de la Gare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
Vom Netzwerk:
aller Offenheit. Haben Sie den Mann gesehen, der auf Bob geschossen hat?“
    „Ja.“
    „War er derselbe, der gestern abend in der Rue de la Gare
    war?“
    »Ja.
    „Kennen Sie ihn?“
    ”Ja.“
    „Sein Name!“ brüllte Faroux und stürzte sich auf die Patientin, als wollte er sie erwürgen.
    „Halten Sie sich zurück“, knurrte Dorcières und packte den Inspektor am Arm.
    Hélène Parry stammelte:
    „Es... war...“
    Dann verlor sie wieder das Bewußtsein.
    „Wie der Vater!“ stellte ich fest. „Nichts zu machen im Augenblick. Wir können Schlafengehen. Übrigens hab ich alles erfahren, was ich wollte.“
    Der Inspektor sah mich schräg von der Seite an.
    „Sie sind leicht zufriedenzustellen“, brummte er.

    * * *

    Einige Stunden später — ich hatte lange und gründlich nachgedacht und war dann eingeschlafen — klingelte das Telefon.
    „Hallo! Monsieur Burma?“ meldete sich eine melodische Stimme.
    „Am Apparat.“
    „Guten Tag, mein Lieber! Hier Julien Montbrison.“
    „Was für eine angenehme Überraschung! Wieder in Paris?“
    „Nur für ein paar Tage. Hab endlich meinen verdammten Ausweis gekriegt. Können wir uns treffen?“
    „Kommt darauf an. Arbeit hab ich genug.“
    „Schade“, sagte der Anwalt enttäuscht. „Ich wollte Sie eigentlich mit einem Fall beauftragen.“
    „Sie? Mit einem Fall?“
    „Mein Butler, der mich unbedingt nach Paris begleiten wollte... Er ist verschwunden.“
    „Und ich soll ihn wiederfinden?“
    „Ja.“
    „Machen Sie sich deswegen mal keine Sorgen. Wahrscheinlich hat er sich was Blondes oder Rothaariges angelacht... Die beiden würden sich über soviel Fürsorge totlachen!“
    „Mir ist nicht nach Scherzen zumute. Er ist ein anständiger Junge und...“
    „Na gut. Der Hörer drückt mein Ohr platt. Kommen Sie doch zu mir, und wir reden in aller Ruhe darüber. Ich koche inzwischen ‘ne Kanne Kaffee.“
    Außerdem rief ich noch Kommissar Faroux an. Ich bat ihn um Erlaubnis, mir das einsame Haus in der Rue de la Gare ein zweites Mal ansehen zu dürfen, diesmal bei Tageslicht.
    „Von mir aus“, sagte der Inspektor. „Übrigens, wir haben das Hotelzimmer in der Rue Delambre durchsucht. Der Familien-stammbaum hat sich bestätigt: Briefe und Karten, wenn auch nicht tonnenweise, mit der Unterschrift ,Dein Vater’ aus La Ferté-Combettes oder Château-du-Loir. Absender: G. Péquet.“
    „Ziemlich beweiskräftig, was? Was den falschen Namen des Mädchens angeht... Parmentier... Dahinter sollten Sie keine krummen Sachen vermuten, Florimond. Sie haben doch sicher bemerkt, daß sie nicht grade begeistert ist von dem... äh... Beruf ihres Vaters. Die Kleine wollte nur vermeiden, daß sie deswegen dumm von der Seite angequatscht würde. Deswegen die Namensänderung... Sonst noch was?“
    „Allerdings! Noch was sehr Merkwürdiges... Aber das ist ja bei allen Fällen so, in die Sie verwickelt sind! Seitdem das Mädchen in Paris ist — also seit dem 14. — , schläft sie tagsüber und hält sich nachts irgendwo außerhalb auf. Was hat das zu bedeuten?“
    „Sie können sie ja fragen. Wann werden Sie mit dem Verhör fortfahren?“
    „Heute nachmittag.“
    „Darf ich auch dabeisein? Ach, Sie brauchen gar nicht lange zu überlegen! Ich werde einfach kommen, und Sie können dann zusehen, wie Sie mich wieder loswerden.“
    Als Antwort kam nur ein Seufzer durch die Leitung. Dann wurde aufgelegt.
    Mir blieb kaum Zeit für ein Bad, als an meiner Wohnungstür geläutet wurde. Es war der beleibte Maître Montbrison. Nachdem er sich’s bequem gemacht hatte, erklärte er mir seine Sorgen.
    „Dieser Butler ist ein Juwel! Sie haben das sicher auch in Lyon schon bemerkt. Ich wäre untröstlich, wenn ihm etwas zugestoßen wäre.“
    „Ein großes Wort, Maître! Sie haben bestimmt Ihre Gründe, es so gelassen auszusprechen?“
    „Jawohl. Er wußte, daß ich nach Paris wollte, und hat darauf bestanden, mich zu begleiten. Ohne mir etwas zu sagen, hat er die nötigen Schritte unternommen, um einen Passierschein zu erhalten. Am Abfahrtstag zog er ihn dann plötzlich hervor. Ich war sehr überrascht und nahm Gustave mit. Sie verstehen, das hatte nur Vorteile für mich. Sogar oder vielleicht vor allem auf Reisen gebe ich meine Bequemlichkeiten nur ungerne auf.“
    Ein menschliches Bedürfnis, sozusagen! Ich nickte verständnisvoll.
    „Gestern dann überraschte ich ihn in einem Café“, fuhr der Anwalt fort. „Er sprach mit einem Mann von höchst seltsamem Aussehen.

Weitere Kostenlose Bücher