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120 - Sterben in Berlin

120 - Sterben in Berlin

Titel: 120 - Sterben in Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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unserer Seite.«
    »Natürlich tun sie das. Hast du ihnen auch die Geschichte vom künftigen König Johaan erzählt?«
    »Ja. Alle sind heimliche Anhänger des alten Menenkultes. Mit einer Frau als neuer Königin wären sie niemals einverstanden.«
    »Da wäre ich mir nicht so sicher.« Naura lachte.
    »Du musst aufpassen.« Meister Johaans blasses Gesicht nahm einen ernsten Ausdruck an. »Sie reden schon über dich in der Stadt. Und nicht alle reden Gutes.«
    »Lass sie reden.« Sie hakte sich bei ihrem Geliebten unter.
    »Und jetzt gehen wir zum Palast. Die Königin wartet.«
    Auf der Vortreppe blieb Johaan plötzlich stehen. Von der Seite musterte er seine Mätresse. »Was geschieht mit ihrer Tochter, wenn die Königin tot ist?«
    »Das lass ganz meine Sorge sein, Meisterchen. Vielleicht adoptiere ich sie ja.«
    Sie verließen das Haus und das Gartengrundstück. Arm in Arm schlenderten sie auf der breiten Straße zwischen Ost- und Westtor. Der Abend war warm und der Himmel wolkenlos.
    Frekkeuscherreiter überholten sie oder kamen ihnen entgegen, Wakudagespanne holperten über die trockene und zerfurchte Fahrbahn, Fußgänger flanierten entlang der Mauern und Zäune.
    Der Palast war nur wenig mehr als einen Speerwurf weit entfernt.
    »Das ist sie!«, schrie plötzlich eine Frawenstimme.
    Naura fuhr herum. Auf dem Bock eines Wakudakarrens saß eine junge, dunkelhaarige Frau von schlanker Gestalt.
    »Das ist sie!« Maiiskolben häuften sich auf der Ladefläche des Karrens. Neben der Schreierin hockte mit gesenktem Blick ihr Mann. Naura kannte ihn gut.
    »Das ist das Weibsstück, das allen Männern von Beelinn den Kopf verdreht!« Der Karren rollte an Naura und Johaan vorbei. Beide waren so perplex, dass ihnen die Worte fehlten.
    »Die Schlampe, die in allen Häusern herumhurt!«
    Fußgänger blieben stehen, drehten sich um. Reiter hielten ihre Frekkeuscher an. Viele Blicke hefteten sich an Nauras Gestalt, wütende Blicke und bewundernde Blicke. Manche zeigten mit dem Finger auf Naura.
    »Verfluchte Schlampe!« Die Frau spuckte vor ihr in den Staub. »Orguudoo soll dich holen!«
    Schon war der Karren vorüber, und ihr Gezeter verlor sich allmählich.
    Hoch erhobenen Hauptes schritt Naura weiter und zog Johaan mit sich. Reiter und Passanten glotzten ihr nach.
    »Wie heißt sie?«, zischte Naura.
    »Edelgaar.«
    »Keinen Tag länger darf sie ihr Gift in Beelinn verspritzen. Sergant Deenis soll zu mir kommen. Noch heute Abend…«
    ***
    Durch die offenen Fenster hörten sie den Hund bellen und Kinder lachen. Der Doyzdogger, Bulldoggs Kinder und die Königstochter tobten im Palastgarten herum. Bulldogg hatte Maakus und Wulfgang mit ihrem Schutz beauftragt.
    Wenigstens kann die Kleine wieder lachen, dachte Bulldogg. Miouus Tod hatte die Tochter der Königin schwer getroffen. Sieben Tage lang sprach das Kind kaum ein Wort, sieben Tage lang musste man sie zum Essen zwingen. Auch Bulldogg steckte der Schock noch in allen Knochen. Acht Tage war es her, dass er neben der Königin vor dem leeren Becken mit den beiden Schwertern und der blutigen Pfütze gestanden hatte. Acht Tage hatten Sergant Deenis’ Soldaten vergeblich nach dem Mörder gesucht.
    Bulldogg stand hinter Königin Jenny. Seit Miouus Tod wich er kaum noch von ihrer Seite; hatte auf ihr Bitten hin sogar seine Familie im Palast einquartiert. Jenny saß am runden Tisch, ihr zur Seite Johaan, ihr gegenüber Lucida, die Tochter Olaafs. Die Königin hatte sie zu ihrer Privatsekretärin befördert.
    »Die Zeiten sind schwer«, begann Jenny. »Der bewaffnete Arm unbekannter Feinde reicht bis in den Palast. Miouus Tod beweist es. Die Last der Arbeit wird von Tag zu Tag mühseliger. Auf die Dauer könnt Ihr sie nicht allein bewältigen, Meister Johaan. Ich habe die Hoffnung auf Gertruuds Rückkehr aufgegeben. Wir sollten eine Nachfolgerin für sie berufen.«
    Bulldogg bemerkte den Ruck, der plötzlich durch Lucidas Körper ging. Reglos hockte sie auf der Stuhlkante, ihr Blick bekam etwas Lauerndes, sie fixierte den Ersten Königlichen Berater.
    »Auch ich habe darüber schon nachgedacht, meine Königin«, hob Johaan an. »Es gibt nicht viele fähige Frauen in Beelinn, und selbstverständlich muss eine Frau Zweite Königliche Beraterin werden.«
    Lucida schien ein Stück zu wachsen. Bulldogg sah, dass sie schluckte. Einen Atemzug lang war es so still im Empfangssaal, dass Bulldogg die Holzwürmer im Treppengeländer kauen zu hören glaubte.
    »Die Frau muss Lebenserfahrung

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