1202 - So enden sie alle
wusste nicht, wie lange ich auf Kevin Elax gelegen hatte.
Irgendwann rollte ich mich von ihm weg, stand auf und hob auch die Jacke an.
Vor mir lag ein Mensch.
Aber ein toter Mensch, denn das Feuer hatte ganze Arbeit geleistet. Ich drehte ihn auf den Rücken, um mir das Gesicht anzuschauen. Es war schlimm. Das Feuer hatte sich an der Haut zu schaffen gemacht, ihr die Flüssigkeit entrissen und sie zu einer dünnen, papierartigen Masse gemacht, die aussah, als ließe sie sich leicht abziehen. Nur die Augen glotzten mich an.
Sie erinnerten an irgendwelche glasigen Kugeln, die in die Höhlen gedrückt worden waren.
»So enden sie alle!«, sagte eine Stimme, die ich gut kannte.
Ich drehte mich der zweiten Tür zu.
Dort stand Suko.
Er sah nicht so ramponiert aus wie ich. Aber er lächelte. Ein Hinweis, dass es bei ihm gut gelaufen war.
Wäre der verdammte Rauch nicht gewesen, ich hätte tief durchgeatmet, so erleichtert war ich…
***
Was an diesem Tag noch geschah, hatte man bei HUMAN CHIP noch nie erlebt. Durch unsere Meldung war ein Sonderkommando eingetroffen, deren Mitglieder alles unter die Lupe nahmen und genauestens untersuchten. Hier musste einiges zurechtgerückt werden, der Meinung war auch Sir James, mit dem wir in ständiger telefonischer Verbindung standen, denn seine Aufgabe sollte es sein, nach den Hintermännern und Finanziers des Projekts Ikarus zu forschen.
Er machte mir wenig Hoffnung. Sir James war der Meinung, dass sich niemand freiwillig melden würde. Jemand wie Elax hatte bestimmt keine verräterischen Unterlagen aufbewahrt.
Wir saßen in der leeren Kantine. Ich sah aus, als wäre ich aus einem Backofen entkommen. Rauchgeschwärzt im Gesicht und ziemlich ramponiert, aber ansonsten okay.
Unsere Freundin Maxine Wells war erst gar nicht zum Nachdenken gekommen. Sie hatte sich angeboten, sich um die sechs Kinder zu kümmern. Sie mussten jetzt in die Obhut von Fachleuten. Das wollte sie so rasch wie möglich in die Wege leiten.
Carlotta saß bei uns. Sie wusste jetzt, dass ihre Flügel verletzt waren. Ob sie jemals wieder würde fliegen können, wusste sie selbst nicht. Aber es gab jemanden an ihrer Seite, der sie tröstete. Rosy Mills. Die neue Freundin. Sie hatte alles überstanden und war zu uns gelaufen.
Wie es mit Carlotta weiterging, stand auch schon fest. Zumindest für Maxine. Die Tierärztin wollte das elternlose Kind bei sich aufnehmen. Ich fand, dass es eine gute Lösung war.
Zudem lebte sie dann nicht weit von Rosy entfernt.
Erschöpft, aber irgendwie glücklich wirkte Maxine, als sie sich zu uns gesellte.
»Erfolg gehabt?«, fragte ich.
Tief durchatmend ließ sie sich auf einen freien Stuhl sinken.
»Ja, das kann ich behaupten. Wenn die Untersuchungen beendet sind, werden die Kinder wohl in verschiedenen Heimen Plätze finden. Ich hoffe, dass sie später ein normales Leben führen können.« Sie warf Carlotta einen beruhigenden Blick zu. »Wie das auch bei dir bald der Fall sein wird, meine Liebe.«
Carlotta konnte es noch gar nicht glauben. »Kann ich wirklich bei dir bleiben, Maxine?«
»Wenn sie das sagt, kannst du dich darauf verlassen«, sagte ich.
»Super!« Carlotta sprang auf und warf sich in Maxines Arme.
In den Augen der beiden schimmerten Tränen.
Diesmal waren es Tränen der Freude…
ENDE des Dreiteilers
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