1202 - So enden sie alle
drückte die Mündung der Pistole gegen den Kopf des Jungen.
Es war schlimm!
Ich hatte versagt.
Aber ich sah noch mehr.
Die Waffe war eine Beretta, und sie gehörte Suko…
***
Das waren wieder Augenblicke, in denen man sich selbst verfluchen konnte. Elax brauchte keinen Befehl zu geben, ich wusste von allein, was ich zu tun hatte und ließ den Arm mit dem Beuterevolver sinken.
Der Professor lachte irre. Er kniete neben dem Jungen auf dem Bett. Seine Hand zitterte nicht mehr. Er hatte sich wieder in der Gewalt und lachte. Es war ein kaltes, widerliches Lachen, das die plötzliche Stille durchdrang.
Die Kinder waren geschockt. Ich rechnete zudem damit, dass sie genau wussten, was hier vorging. Da brauchte niemand ein Wort der Erklärung abzugeben, die Szene sprach für sich, und ich hatte den Eindruck, dass der Professor seinen Auftritt genoss.
Er hatte sich so hingekniet, dass er über den Jungen hinweg auf mich schauen konnte. Das Kind stand unter Schock. Ich sah kaum, dass es atmete. Mit der linken Hand hielt Elax es an der Schulter fest. In der rechten befand sich die Waffe, deren Mündung die rechte Schläfe des Kindes berührte.
Da war er kein Clown mehr. Er war wieder der kalte und brutale Egoist. Einer, der auch über die Leiche eines Kindes ging, um sein Ziel zu erreichen.
»Alles klar, Sinclair?«
»Ja, ich habe begriffen. Aber woher haben Sie die Waffe?«
Er fletschte die Zähne. Das Grinsen kam schon dem eines Teufels nahe. »Ich habe sie deinem Kollegen weggenommen. Es war ganz einfach. Es gab überhaupt keine Probleme. Ich bin eben besser, verstehst du? Ich bin der Chef im Ring.«
»Ja, sieht wohl so aus.«
»Das ist auch so«, flüsterte er. »Es gibt keinen, der mich aufhalten kann. Ich habe immer alle Probleme aus dem Weg geräumt. Jetzt bist du an der Re ihe.«
Für mich war er kein Wissenschaftler mehr. Eigentlich war er nie einer gewesen. Jetzt hatte er sich in einen brutalen Killer verwandelt, der ein Blutbad durchziehen würde, wenn ich nicht gehorchte.
Okay, ich hätte auch schießen können. Wahrscheinlich hätte ich sogar gesiegt, aber da gab es noch den Jungen, es würde zumindest ihn als Opfer geben, denn die Beretta war durchgeladen. So brauchte Elax nur abzudrücken.
Shirley Cannon stand in meiner Nähe. Sie brauchte nicht laut zu sprechen, um mit mir zu reden.
»Ich habe es Ihnen gesagt, Sinclair, Sie sollten den Professor nicht unterschätzen. Er weiß genau, was er will, und er führt alles eiskalt durch. Er ist ein Mann mit Zielen und Visionen. Pech für Sie, wirklich.«
»Das sehe ich.«
»Gut. Und deshalb sollten Sie genau tun, was er sagt. Grämen Sie sich nicht. Es sind schon viele Menschen gestorben, die wesentlich jünger waren als Sie.«
Auf den zynischen Trost konnte ich glatt verzichten. Leider hatte sie Recht. Mir blieb keine andere Wahl. Vorhin war ich am Drücker gewesen. Jetzt hielt Elax alle Trümpfe fest.
»Weg mit dem Revolver!«, fuhr er mich an. »Los, machen Sie schon, verdammt.«
»Okay. Aber lassen Sie den Jungen frei!«
Sein Lachen klang widerlich. »Wen oder was ich wann frei lasse, das müssen Sie schon mir überlassen, Sinclair. Ich bestimme, wann es hier weitergeht. Ich bestimme auch über dein Leben. Hast du gehört? Ich werde über dein Leben bestimmen…«
»Es reicht!«
Er verstummte tatsächlich, und ich fügte mich in mein Schicksal.
Shirley und Elax schauten genau zu, wie ich mich sehr langsam bewegte. Ich beugte den Oberkörper vor und streckte dabei auch den rechten Arm mit der Hand dem Boden entgegen. Der Griff um den Revolver lockerte sich, und einen Moment später bekam die Waffe Kontakt mit dem Boden und blieb dort liegen.
»Schön, sehr gut!«
Ich richtete mich wieder auf, auch in der Hoffnung, dass Elax die Beretta vom Kopf des Jungen nehmen würde, aber da hatte ich mich leider geirrt. Die Mündung drückte weiterhin gegen den Kopf. Die beiden bildeten auch noch jetzt einen Mittelpunkt, der von allen Kindern angestarrt wurde.
Die Angst hatte sie stumm werden lassen. Sie spürten, dass der Sensenmann als unsichtbarer Begleiter unter ihnen weilte und sie mit seinen Knochenhänden streifte.
»Das sieht ja alles sehr gut aus!«, flüsterte Elax, »aber ich will noch mehr, Sinclair. Du bist nicht zu unterschätzen, das spüre ich genau. Schieb den Revolver mit einem Fuß nach links zu meiner Assistentin hin. Aber vorsichtig. Hübsch langsam. So wie du es aus dem Kino kennst.« Er kicherte wieder, weil ihm der
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