1206 - Das Blut der schönen Frauen
müssen jeder nachgehen, das werden Sie verstehen.«
»Ja, das verstehe ich voll und ganz. Und ich bin auch froh darüber, dass Sie es tun. Ich glaube allerdings nicht, dass sie eine Mörderin ist, obwohl sie hier besonders bei den Frauen einen schlechten Ruf hat. Das ist fast wie im Mittelalter. Grauenhaft, kann man da nur sagen.« Er winkte ab. »Egal, ich kann es nicht ändern. Fahren Sie hin und schauen Sie sich die Person an.«
»Sie wird auch zu Hause sein?«
Costa richtete seinen Blick auf mich. »Das ist natürlich die Frage«, sagte er. »Sie ist auch oft unterwegs.« Er schnippte mit den Fingern.
»Jetzt, wo Sie es ansprechen, fällt es mir wieder ein. Ja, sie ist unterwegs. Ich habe sie heute Morgen sogar in ihrem Van wegfahren sehen.«
»Das Ziel kennen Sie nicht?«
»Nein.«
»Die Richtung denn?«
Der Grieche überlegte. »Ja, nach Westen. Das heißt, sie fuhr weg von der Halbinsel.«
»Sie haben die Frau nicht wieder zurückkommen sehen, nehme ich mal an.«
»Nein, das habe ich nicht. Ich hatte ja hier im Haus zu tun. Ich muss noch auf dem Dach etwas in Ordnung bringen, und da habe ich mir Material eingekauft.«
»Das ist schon sehr gut, was Sie uns alles gesagt haben. Vielen Dank übrigens.«
»Keine Ursache. Was hätte ich denn machen sollen? Sie anlügen? Ich will ja auch, dass Morde aufgeklärt werden.«
»Nicht jeder denkt so«, sagte Suko und fügte noch eine Frage hinzu.
»Sonst ist Ihnen hier in der Umgebung nichts Ungewöhnliches aufgefallen, worüber die Menschen reden?«
»Was denn?«
»Das frage ich Sie.«
Costa überlegte. Er schüttelte nach einer Weile so heftig den Kopf, dass das Fleisch an seinen Wangen in Bewegung geriet. »Also ich kann Ihnen nichts sagen, was mir…«
»Anderen möglicherweise?«, fragte ich und dachte dabei an das Bild am Himmel. An dieses schreckliche Vampirmonstrum, das für uns schon zu einem wahren Albtraum geworden war. Costa schwieg zunächst. Dann fuhr er über sein lackschwarzes Haar hinweg und schielte dabei auf die Ouzo-Flasche. Er nahm sie aber nicht in die Hand, um einzuschenken.
»Eigentlich dürfte ich Ihnen das nicht sagen. Das ist nämlich wieder so ein Gerede.«
»Wer redet denn?«
»Meine Frau. Aber mehr die anderen. Es hält sich da ein Gerücht. In der Nacht hat es eine komische Erscheinung am Himmel gegeben. Eine richtige Fratze, Einfach widerlich. Sie soll grünlich geleuchtet haben. Der Schädel einer Fledermaus oder so ähnlich. Ich weiß das nicht so genau, weil ich die Fratze nie zu Gesicht bekommen habe. Sie muss wie ein Komet über den Himmel gesaust sein, aber sie stand auch mal still und wurde da besonders genau gesehen. Deshalb konnten die Frauen sie auch beschreiben.«
»Glauben Sie daran?«, fragte Suko.
»Haha, jetzt wollen Sie mich aufs Glatteis führen. Ich kann daran nicht glauben. Auch nicht an die Hexe. Sollte es diese Fratze tatsächlich geben, dann hat sich da einer einen Scherz erlaubt. Es gibt ja wohl diese Ballons, die man in den Himmel steigen lassen kann. Mehr kann ich Ihnen auch nicht sagen.«
»Es war schon gut, was Sie uns da berichten konnten.«
»Man gibt sich eben Mühe.«
Wir blickten auf die Uhr. Draußen war es längst dunkel, und die Zeit war ebenfalls nicht stehen geblieben. Bis zur Tageswende waren es noch gut neunzig Minuten. Wir hatten uns bei Costa recht lange aufgehalten. Er gähnte auch, und dies war für uns das Zeichen, aufzubrechen.
Er brachte uns die Rechnung, die ich beglich und auch ein Trinkgeld darauf legte.
»O danke.« Er steckte das Geld ein. »Und Sie wollen tatsächlich jetzt losfahren, um Kalina zu besuchen?«
»Warum nicht?«, fragte ich und schob den Stuhl zur Seite.
»Wegen der Zeit…«
»Meinen Sie, Kalina liegt schon in den Federn?«
»Das glaube ich weniger.«
»Und warum?«
Er grinste. »Kann ich Ihnen sagen. Oft genug hat man in der Nacht hinter den Fenstern ihres Hauses Licht gesehen. Sie können fast darauf wetten, dass es heute auch so sein wird.«
»Das wollen wir hoffen.«
Costa brachte uns noch bis zur Tür. Es war kälter geworden.
Das mochte auch am Wind liegen, der aus Nordwesten wehte und den Frühling in den Hintergrund gedrängt hatte.
Eine sehr dunkle Nacht umschlang uns. Am Himmel sahen wir weder Sterne noch einen Mond. Es gab auch wenige Lücken zwischen den Wolken. Wie mächtige Klötze drängten sie sich zusammen und lagen dort oben wie ein unheimliches Gebirge.
»Willst du fahren?«, fragte ich meinen Freund.
»Okay, mache
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