1206 - Das Blut der schönen Frauen
anschaue, frage ich mich, warum ich mich noch nicht zur Ruhe gesetzt habe. Ich habe in der Heimat ein Haus. Es steht sehr hoch. Man kann von dort wunderbar das Meer sehen.«
»Wie hier, nicht wahr?«
»Nein, nein, das ist kein Vergleich.« Er schüttelte heftig den Kopf.
»Nur ein minimaler Ersatz. Ich habe mir diese Gegend bewusst ausgesucht, weil auch die Nähe zum Wasser da ist. Außerdem habe ich das Haus hier kaufen können. Keiner wollte es haben. Keiner wollte ein Restaurant eröffnen, aber ich habe es gewagt, denn ich setzte auf die Familien, die hierher kommen.« Er schlug auf den Tisch. »Und ich habe damit richtig gelegen.«
»Wenn Sie das sagen.«
»Aber immer. Ich muss nur noch meine beiden Kinder dazu bringen, dass sie das Restaurant übernehmen, dann ist alles klar. Dann ziehe ich mich in die Heimat zurück, auch wenn meine Frau nicht so dafür ist. Aber daran kann ich nichts ändern.«
»Warum ist sie denn nicht dafür?«, fragte Suko.
Er winkte ab. »Ach, sie kann sich nicht von den Kindern trennen. Eine richtige Mutter, verstehen Sie. Sie würde immer hin- und hergerissen sein.« Er winkte ab. »Aber was rede ich da alles. Sie haben sicherlich anderes im Kopf, als einem heimwehkranken Narren zuzuhören.«
»Das sagen Sie mal nicht«, meinte Suko.
»Na ja. Man hat eben wenig Unterhaltung in dieser Jahreszeit. Die Einheimischen essen hier kaum. Wenn welche kommen, dann die Jüngeren. Europa ist auch hier zu spüren.«
»Da haben Sie Recht!«, stimmten wir zu.
»Und was treibt Sie hierher?« Er legte mir eine Hand auf den Arm.
»Bitte, ich will nicht neugierig sein, aber wie Touristen sehen Sie nicht eben aus.«
»Das ist wohl wahr«, sagte ich.
»Wollen Sie ein Haus bauen? Suchen Sie nach einem Grundstück? Oder sind Sie Investoren für eine Feriensiedlung? Es war mal die Rede davon, dass sie hier gebaut wird. Ich habe ja nichts dagegen einzuwenden, aber die Einheimischen sind schon dagegen…«
»Nein«, sagte Suko. »Das sind wir nicht. Wir suchen drei junge Frauen, die hier verschwunden sein können.«
»Ach.«
»Vielleicht können Sie uns helfen.«
»Ich weiß es nicht. Ich bin noch nicht lange wieder zurück…«
»Aber Sie könnten sich die Bilder anschauen.«
»Das tue ich gern.«
Suko legte drei Fotos auf den Tisch. Drei vermisste junge Frauen.
Jenny und Maja Hohn auf der einen und Gitty Truman auf der anderen Seite. Costa schaute sich zuerst die Fotos der Schwestern an, die uns die Kollegen noch mit auf den Weg gegeben hatten, dann griff er nach dem Bild der Gitty Truman.
»Hm!«, sagte er.
»Kommt sie Ihnen bekannt vor?«
»Die beiden ersten nicht…«
»Und was ist mit ihr?«
Es dauerte eine Weile, bis der Mann nickte. »Ja, die kenne ich. Die habe ich schon gesehen. Sie war sogar hier am Lokal und wollte etwas essen. Das war vor ein paar Tagen. Nur war ich noch nicht soweit. Ich musste sie wegschicken.«
Endlich ein Hoffnungsschimmer. Er sah, dass wir beide aufatmeten, und schaute uns fragend an.
»Ist was mit ihr passiert?«
»Ja«, sagte ich.
»Was Schlimmes?«
Ich sah die Furcht in seinen Augen schimmern und rückte trotzdem mit der Wahrheit heraus. »Die junge Frau ist tot. Sie wurde im Hafen angeschwemmt. Und sie ist keines natürlichen Todes gestorben.«
»Wurde sie umgebracht?«, flüsterte er.
»Ja.«
»Himmel, sie war doch noch so jung.«
»Darauf nehmen Killer oft keine Rücksicht.«
»Ja«, sagte er leise, »das ist wohl wahr. Darauf nehmen Killer keine Rücksicht.«
»Und Sie haben mit Gitty Truman gesprochen?«
»Natürlich.«
»Dann sind Sie unsere Spur.«
Costa riss seinen Mund auf. Auch die Augen weiteten sich. Er sah aus wie jemand, dem in diesem Augenblick die Erleuchtung gekommen war. »Sind Sie von der Polizei?«
»Scotland Yard.«
Die Ausweise brauchten wir ihm nicht zu zeigen. Er glaubte es uns auch so. Aber er stand auf, kam mit einem Teller zurück, auf dem zwei Bestecke lagen, eingewickelt in Servietten, und hatte auch die Flasche Ouzo wieder mitgebracht. Er wollte mir ebenfalls einschenken, aber ich lehnte ab.
»Gut, ich brauche einen Schluck.«
Noch während er das Glas in der Hand hielt, erschien seine Frau und brachte das Essen. Die Omeletts sahen wirklich gut aus. Da wir sie so trocken nicht essen wollten, bestellten wir noch eine große Flasche Wasser.
Costa zeigte seiner Frau das Bild. »Du kennst sie doch auch«, sagte er.
»Sicher. Sie war hier. Wir hatten noch kein Essen im Haus.«
Suko und ich aßen
Weitere Kostenlose Bücher