1207 - Ich komme aus der Hölle
Sie angemeldet?«
»Nein.«
»Bedaure, dann…«
»Bevor wir hier lange reden«, sagte ich, »sehen Sie sich das bitte an.« Ich schob ihr meinen Ausweis zu.
Sie schaute, begriff schnell, räusperte sich und sagte dann:
»Da wäre Mr. Richard der richtige Mann für Sie.«
»Wenn Sie das sagen, Madam. In welcher Funktion arbeitet er hier?«
»Chef des Personalwesens. Ich hoffe, dass er sich nicht in einer Besprechung befindet.«
»Sollte das der Fall sein, werden wir ihn dort herausholen«, erklärte Suko.
Da sagte die Tante zunächst nichts mehr. Sie telefonierte und erklärte schließlich mit gnädiger Stimme, dass Mr. Richard uns erwartete. Im ersten Stock links.
»Wunderbar, danke.«
Es gab einen Fahrstuhl, aber wir nahmen die Treppe mit den breiten Stufen. Breit war auch der Flur, der uns eine Etage höher empfing. Eine kahle Decke, ebenfalls kahle Wände, ein kühler Geruch, und eine besondere Stille, über die ich mir meine Gedanken machte. Es konnte gut sein, dass die Menschen hier eingeschlafen waren, denn man hörte wirklich nichts. Alte Holztüren schluckten die Geräusche, und vor einer dieser Türen blieben wir stehen. Da wir freundliche Menschen waren, klopften wir zunächst an. Eine junge Frau im grünen Kostüm empfing uns, führte uns durch das große Vorzimmer in ein ebenfalls großes Büro, in dem sich der Personalchef verloren vorkommen musste.
Mr. Richard war klein, quirlig und hatte eine Glatze. Trotzdem lagen auf den Schultern seines braunen Anzugs einige helle Schuppen. Mochte der Teufel wissen, wo sie hergekommen waren. Durch die beiden großen Fenster fiel der Blick auf den Parkplatz und auf die mächtigen Buchen, die dort wuchsen.
»Die Polizei. Und dann noch Scotland Yard. Was kann ich für Sie tun, Gentlemen? Bitte, setzen Sie sich doch.«
Das taten wir und versanken fast in der alten, mit grünem Leder bezogenen Couch. Mr. Richard, der kleiner war als wir, saß trotzdem höher, denn er hatte sich einen hochbeinigen Sessel als Sitzmöbel ausgesucht.
»Wenn Sie etwas trinken möchten, dann…«
»Nein, nein«, sagte ich und versuchte, dem Blick seiner Augen zu entgehen, der mich nervös machte, weil er immer hin- und herwieselte. Ich konzentrierte mich stattdessen auf seine Hosenbeine, die von scharfen Bügelfalten geteilt wurden.
»Womit kann ich Ihnen dienen?«
»Wir benötigen einige Auskünfte über eine bestimmte Person und hoffen, bei Ihnen richtig zu sein«, sagte Suko, wobei er den Mann freundlich anlächelte.
»Ja, natürlich. Um wen handelt es sich?«
»Die Frau heißt Evelyn Fuller.«
»Ha.« Fast wäre er in die Höhe gehüpft. »Evelyn?«
»Ja, genau die. Ihre Reaktion zeigt uns, dass sie die Dame kennen, Mr. Richard.«
»Und ob ich sie kenne. Sehr gut sogar. Sie war die Vorgängerin von Christine.«
»Wer ist das, bitte schön?«, erkund igte ich mich.
»Sie ist meine Sekretärin. Sie haben Christine vorhin kennen gelernt.«
»Alles klar.« Ich räusperte mich. »Eine andere Frage, die uns wichtig erscheint. Warum hat sie den sicheren Job hier aufgegeben?«
Der Personalchef lachte. »Ja, das frage ich mich auch. Oder habe mich das gefragt. Sie wollte sich selbständig machen. Das war ihr hier zu langweilig. Sie wollte in die Internet-Branche. Dort sah sie größere Möglichkeiten für sich.«
»Wussten Sie denn, womit sie sich dort beschäftigte?«
»Nein. Es war damals noch nicht klar. Oder sie hat mir nichts gesagt. Sie hat sich sowieso verändert, nachdem das mit ihrem Mann passiert ist.«
»Was ist denn passiert?«
Mr. Richard senkte den Blick und winkte ein paar Mal ab.
»Das ist wirklich schlimm gewesen. Ich schaudere noch jetzt zusammen, wenn ich daran denke. Ein tragisches Unglück. Ben Fuller, Evelyns Mann, ist verbrannt. Man sagt, dass es bei lebendigem Leib passiert ist. Ob es den Tatsachen entspricht, kann ich Ihnen nicht sagen. Jedenfalls starb er in den Flammen.«
»Das ist allerdings hart.«
»Sie sagen es, Mr. Sinclair.«
»Wissen Sie, wie das geschehen konnte?«, erkundigte sich Suko.
»Nein, nicht genau. Es gibt zu viele Gerüchte um seinen Tod. Manche Menschen sprachen sogar von Selbstmord. Andere wiederum hielten es für ein normales Unglück und wieder andere sagten, dass es ja so hatte kommen müssen.«
»Warum das?«
»Ich weiß es nicht genau.«
»Wo passierte das Unglück?«, fragte Suko.
»Nicht in der Wohnung. Die Fullers hatten sich einen Garten gekauft mit einem kleinen Haus auf dem Grundstück. Dort ist es
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