1208 - Leichenwelten
Raum zu gelangen.
»Bitte, Jane, kommen Sie!«
»Gut.«
Sie lächelte kurz und ging mit…
***
Habe ich das alles richtig gemacht? Bin ich nicht einen Schritt zu weit gegangen? Wäre es nicht besser gewesen, wenn ich den Rückzug angetreten hätte? Diese Vorwürfe waren einfach da, während sie in einem Zimmer auf einem Stuhl saß, auf den Tisch schaute und auch auf ein Fenster, das aus Glasbausteinen bestand.
Jane wunderte sich über sich selbst und über ihr Verhalten.
Sonst machte sie sich nach einer Entscheidung selten Vorwürfe oder Gedanken. In diesem Fall schon. Da hatte sie den Eindruck, über sich selbst zu stolpern. Sie war Goya gefolgt, doch ihr Gefühl warnte sie davor, das Falsche getan zu haben, obwohl sich der Fotograf anständig benahm.
Er kümmerte sich um den versprochenen Kaffee. Die Kanne stand auf einem kleinen Beistelltisch. Der Künstler hatte den Rest des alten Kaffees weggekippt und kochte nun frischen. Es war wirklich kein Raum, in dem man sich wohlfühlen konnte.
Zumindest nicht für länger. Zudem musste man auf Tageslicht verzichten, denn das Fenster mit den Glasbausteinen ließ nicht besonders viel Helligkeit durch.
»Wie trinken Sie den Kaffee, Jane?«
»Schwarz.«
»Ach, wie ich.«
»Für mich brauchen Sie wirklich nicht viel zu kochen, Mr. Goya. Mehr als eine Tasse…«
»Bitte, sagen Sie doch Aristide. So werde ich von all meinen Freunden und Bekannten genannt.«
»Gern.«
Er bewegte sich vor der Kaffeemaschine mit der Leichtigkeit eines Tänzers. Jane nahm ihn so wie er war. Nur über eines wunderte sie sich.
Auch in diesem recht kleinen Raum hatte er seinen Hut nicht abgenommen. Er hätte ihn auch an die Garderobe hängen können, die sich rechts neben der Tür befand.
Im Raum stand ein runder Tisch, um den sich die beiden Stühle platzierten. Mit zwei Tassen frisch aufgebrühtem Kaffee kehrte Goya an den Tisch zurück, an dem Jane wartete und nichts mehr sagte, denn noch immer machte sie sich ihre Gedanken über den Künstler und versuchte zugleich, ihre eigene Lage richtig einzuschätzen.
Hin und wieder kam ihr der Gedanke, in einer Falle zu stecken.
Möglicherweise hatte sie eben zu lange vor dem bewussten Bild gestanden. Das hatte Goya misstrauisch gemacht.
Wenn das stimmte, dann musste das Bild etwas zu verbergen haben.
Mit der Frau stimmt was nicht! Mehr denn je war Jane Collins davon überzeugt. Sie ließ sich jedoch nichts anmerken und versuchte, so locker wie möglich zu wirken.
Aristide Goya brachte die gefüllten Tassen zum Tisch. Dann setzte er sich. »Es ist kein gewöhnlicher Kaffee, müssen Sie wissen, Jane.«
»Wie soll ich das verstehen?«
»Nun, ich habe die Bohnen aus der Karibik mitgebracht. Eine Spezialität, wie sie nur ein Freund von mir herstellen kann. Vielleicht ist er für Sie ein wenig bitter, aber man kann sich daran gewöhnen, wie Sie an mir sehen.«
»Sehr schwarz ist er zumindest«, sagte Jane, als sie auf die Oberfläche schaute.
»Das muss so sein.«
Beide hoben ihre Tassen an und tranken. Jane trank sehr vorsichtig und in kleinen Schlucken, als sie merkte, wie heiß der Kaffee war.
Auch bitter, da hatte Goya Recht. Man musste sich wirklich an den Geschmack gewöhnen.
»Nun, habe ich zu viel versprochen, Jane?«
»Das haben Sie nicht«, erwiderte die Detektivin, als sie ihre Tasse abstellte.
»Meine ich doch.«
Sie wollte das Thema möglichst locker angehen und auch noch nicht sofort zur Sache kommen. Deshalb drehte sie sich auf dem Stuhl und schaute sich um. »Gemütlich ist es hier nicht.«
»Wem sagen Sie das? Es gab keinen anderen freien Raum. Hat man mir jedenfalls gesagt.« Goya zuckte mit den Schultern. »Da habe ich mich eben damit zufrieden gegeben. Ich bleibe ja auch nicht für immer hier und wohne ansonsten woanders.«
»Wo denn?«
»Im Dorchester.«
»Sehr gut. Eine feine Adresse.«
»Das habe ich mir auch ausgebeten. Wenn ich in das Hotel zurückkehre, denke ich nicht mehr an diesen Raum. Was mir auf keinen Fall schwerfällt.« Er lachte, schlug die Beine übereinander und zupfte die Schöße seiner Weste zurecht.
»Ja«, sagte Jane und nickte ihm zu. »Sprechen wir über das Bild, das mich so fasziniert hat.«
»Wunderbar, Jane. Bisher haben Sie mir noch nicht genau erklärt, was Sie daran so fasziniert hat.«
»Es ist einfach der Ausdruck im Gesicht. Ich will sogar behaupten, er ist erschreckend echt im Vergleich zu den anderen Aufnahmen, die ich gesehen habe.«
»Ist das alles?«, fragte
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