1210 - Todesgruß aus Aibon
einen fauchenden Laut, als hätte jemand mit einem Hilfsmittel Luft angesaugt. Im Nu sackten die Flammen nach unten, verschwanden und rissen auch das kleine Monster mit.
Es war plötzlich weg. Ebenso wie das Feuer. Ich stand da und schaute recht verdattert auf die leere Schale, aus der mir nichts entgegenströmte, denn auch beim Feuer hatte ich keine Hitze gespürt. Es war das magische Feuer einer anderen Welt. Es hatte auch keinen Sinn für mich, darüber nachzudenken, wie es entstanden war. Ich musste es einfach als eine Tatsache hinnehmen.
Verdutzt blieb ich stehen. Nachdem eine gewisse Zeit verstrichen war, kam mir die Stille im Zimmer besonders lastend vor.
Keiner versuchte mehr, mich anzugreifen. Ich kam mir plötzlich so verdammt allein vor und spürte auch den leichten kalten Schauer, der über meinen Körper hinweg glitt.
Dann trat ich bis an den Rand der Schale heran. Nein, es hatte sich im Innern nichts verändert. Die Farbe war geblieben, die Glätte der Fläche ebenfalls, es waren überhaupt keine Spuren vorhanden. Die Schale sah wieder völlig harmlos aus.
Aber sie war mehr als das. Sie war auch kein Schmuckstück.
Sie war nichts anderes als der Weg in das Paradies der Druiden, und genau auf den hatte sich auch Selina Green verlassen.
Sie konnte von hier nach Aibon gelangen und wieder von dort in die normale Welt zurück.
Sie und auch der Killer-Gnom!
Aber was war mit mir?
Ich fühlte mich wie unter einem heftigen Druck stehend. Es wäre alles anders gewesen, hätte man mir nicht das Schwert des Salomo gestohlen. So aber befand ich mich in einem Zugzwang. Ich wollte es unter allen Umständen zurückholen.
Es in der Gewalt des Guywano zu wissen, machte mich fast wahnsinnig.
Bei dem Killer-Gnom war alles klar gewesen. Der Sprung, das Feuer, das Verschwinden.
Und bei mir?
Wenn ich das Schwert zurückholen wollte, gab es nur den einen Weg für mich. Egal, wo Selina Green auch steckte, auf sie konnte ich jetzt keine Rücksicht nehmen. Auch wenn sie sich nicht in Aibon aufhielt, würde sie trotzdem herausbekommen, wo ich steckte, und ich rechnete auch damit, dass sie mir folgte.
Reisen nach Aibon kannte ich. Es lag noch nicht lange zurück, da war ich auf den Roten Ryan getroffen, denn ich hatte in dieser Welt nicht nur Feinde, sondern auch Freunde. Die allerdings lebten in dem positiven, märchenhaften und wunderbaren Teil des Landes.
Es war ein Risiko, was ich einging. Das Feuer musste nicht unbedingt auch auf meiner Seite stehen. Es konnte mich auch verbrennen. Zwar nicht so wie die normalen Flammen, aber es war schon ein Risiko. Auf der anderen Seite hatte ich nichts zu verlieren. Zudem stand der Drang dahinter, mein Schwert wieder zurückzuholen, und Risiken war ich verdammt viele in meinem Leben eingegangen.
Der Rand der Schale war nicht besonders hoch. Ein Tritt, als würde ich auf eine Treppenstufe treten, reichte schon aus.
Dann war ich im Zentrum.
Der letzte Blick zurück.
Niemand hatte die Wohnung betreten. Auch die Killer-Gnome waren ausgeschaltet, und von Selina Green hörte ich ebenfalls nichts.
Na denn!, sagte ich mir und hob den rechten Fuß an. Ich brachte ihn vorsichtig über den Rand hinweg, blickte dabei nach unten, trat auf den Boden der Schale und erlebte im gleichen Augenblick das Prickeln. Es blieb nicht nur im Fuß vorhanden, sondern drang durch die Wade bis hoch in mein Knie.
Der nächste Fuß folgte.
Jetzt stand ich in der Schalenmitte!
Noch war nichts passiert, nur das Kribbeln hatte sich verstärkt. Auch mein Kreuz erwärmte sich nicht, und ich hatte das Gefühl, als wäre die Schale für meine Reise nicht gemacht.
Ein Irrtum.
Es geschah urplötzlich!
Das Fauchen war da, und wie aus dem Nichts schossen die Flammen hoch, die mich einhüllten.
Was dann passierte, konnte ich nicht mehr steuern. Es fegte mich fort wie den Inhalt eines mörderischen Albtraums, bei dem die Flammen die Mauern des Gefängnisses bildeten…
***
Shao hatte für sich und auch für ihren Freund Wasser eingeschenkt. Die beiden standen sich gegenüber und schauten sich an, während sie langsam tranken.
Weder Shao noch Suko fühlten sich glücklich. Sie redeten zunächst nicht darüber, doch die Gefühle waren an ihren Gesichtern abzulesen.
Suko setzte das Glas als Erster ab. Er zuckte mit den Schultern. »Ich habe in der Tiefgarage nur den Wagen entdeckt und sonst nichts. Keine Spur von Selina Green, von dieser Frau, auf die John so abgefahren ist.«
»Das kannst du so nicht
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