1216 - Kreislauf des Bösen
Wahl. Du hast die Jagd verloren. Du hast dich hier nicht verstecken können. Der Vorsprung ist dahin, und jetzt gehörst du mir. Mir ganz allein.«
Ich fühlte mich inzwischen wieder etwas besser, und es gelang mir auch, mich aufzurichten. Es tat gut, die Wand im Rücken als Stütze zu haben, aber die Zukunft sah deswegen nicht heller für mich aus. Ich war und blieb ein Gefangener dieser Welt und damit auch eine Beute der Blutsaugerin Justine Cavallo. Sie war wie ein Blitz in mein Leben getreten, als wäre sie von der Hölle geschickt worden.
Sie kam noch näher. Spöttisch blieb das Lächeln. Ebenso wie das Funkeln in den Augen. Als sie eine bestimmte Entfernung erreicht hatte, blieb sie stehen, bückte sich und streckte mir ihre rechte Hand entgegen.
»Gib mir deine Hand, ich helfe dir hoch.«
Das ließ ich erst mal bleiben. »Was hast du vor?«
»Du wirst es sehen.« Ich versuchte es mit Humor. »Party feiern?«
Justine war nicht beleidigt. »Kann sein, John. Wir können alles Mögliche machen.«
»Mit oder ohne Dracula II?«
»Das liegt an ihm.«
»Du meinst, dass er dir genug Freiheit lässt, damit du dich mit mir beschäftigen kannst.«
»Davon gehe ich einfach mal aus, John. Ja, ich werde die Freiheit bekommen. Sie ist doch wunderbar - oder nicht? Ich kann mich in dieser Welt bewegen, und ich kann auch zurück in deine gehen.«
»Wie der Grusel-Star?«
»Genau. Es hat alles gestimmt. Wir haben Vincent van Akkeren das Gastrecht gegeben, und jetzt wird er seine Pläne verfolgen, die sich mit unseren kaum kreuzen. Wir werden bestimmt gut zusammenarbeiten und zwei Machtblöcke bilden.«
»Wollt ihr wirklich die Hexen zu Blutsaugerinnen machen?«
Ich hatte die Frage nicht grundlos gestellt. Bei einem derartigen Fall hatte ich den Namen Justine Cavallo zum ersten Mal gehört und bereits geahnt, dass etwas Schlimmes auf mich zukommen würde.
»Ich werde mich dort einmischen. Es würde uns stärken. Hexen, die zu Vampiren werden. Eine einmalige Sache, denke ich. Leider ist der erste Versuch misslungen, aber wir geben nicht auf, darauf kannst du dich verlassen.«
Für mich stand fest, dass es innerhalb der schwarzmagischen Welten zu harten Kämpfen kommen würde. Allerdings war es fraglich, ob ich das noch erlebte.
Da Vincent van Akkeren ebenfalls frei gekommen war, sah es auch für meine Freunde, die Templer, nicht gut aus. Er würde Abbé Bloch und seine Brüder mit seinem wahnsinnigen Hass verfolgen, um sie schließlich zu vernichten.
Allerdings waren meine Templer-Freunde auch nicht ohne.
Ich hoffte, dass sie sich zu wehren wussten. Nur waren das Probleme, die in der Zukunft lagen und mich möglicherweise nicht mehr tangierten.
Justine Cavallo stand noch immer mit vorgestrecktem Arm.
»Willst du nicht?«
»Doch!« Es brachte ja nichts, wenn ich hier den Dickkopf spielte. Ich musste mich einfach fügen; denn meinem Schicksal wäre ich nicht entwischt.
Die Unpässlichkeiten hatte ich inzwischen überwunden. Das leichte Stechen im Kopf ließ sich ertragen. Ich stützte mich mit der linken Hand am Boden ab und streckte die rechte dabei vor.
Unsere Hände fanden sich, und mit einem lässigen Ruck zog mich Justine hoch.
Ich hatte Probleme mit dem Gleichgewicht, konnte mich allerdings wieder schnell fangen und blieb dicht neben der schönen Bestie stehen.
Sie war kleiner als ich. Mit funkelnden Augen schaute sie zu mir hoch. Den Triumph konnte und wollte sie nicht unterdrücken. Die Zähne schimmerten als helle Reihe, und sie konnte sogar ihre beiden Vampirhauer verstecken.
»Es gibt Situationen, auf die man sich freut!«, flüsterte sie mir zu. »So eine erlebe ich heute. Ich, die Blutsaugerin, und du, Sinclair, der Geisterjäger. Wer hätte je gedacht, dass es dieses Paar überhaupt mal geben würde?«
»Paar ist wohl übertrieben, denke ich.«
»Oh.« Sie lachte mich gurrend an. »Du weißt ja nicht, was ich alles mit dir vorhabe.« Ihre beiden Hände bewegten sich zur Seite. »Schau dich um. Was hier liegt oder steht, ist Abfall. Um es vornehmer zu sagen: Blutsauger ohne Niveau. Untote, die diese Welt bevölkern, weil es sich besser macht. Aber mit dir habe ich etwas anderes vor, John. Etwas ganz anderes.«
»Das können wir auch in meiner Welt erledigen.«
Die Antwort brachte sie zum Lachen. Ich hatte sie auch bewusst gestellt. Dann brach das Lachen ab. Sie sagte: »Du solltest dir endlich darüber im Klaren sein, dass du deine Welt nicht mehr wiedersiehst. Zumindest nicht als normaler
Weitere Kostenlose Bücher