1217 - Abenteuer im Grauland
keinen Erfolg gebracht hatten. Aber in Verbindung mit neuen Änderungen konnten alte Kodeverschiebungen zu ungeahnten, mitunter höchst unwillkommenen Veränderungen führen. Voraussagen waren, vor allem auf dem Gebiet der Psimechanik, nahezu unmöglich. Die ersten Arbeitsabläufe verliefen wie immer.
Meister Dovhan nahm die Positronik zu Hilfe, um seinen Gen-Kode neu zu initialisieren.
Es dauerte eine Stunde, bis durch gezielte Manipulation der Gen-Kode wiederhergestellt war, mit dem Meister Dovhan geboren worden war. Als nächstes bestimmte der Tizide die Multi-Kodes, die in seine Erbmasse eingearbeitet werden sollten. Multi-Kodes waren erprobte Gen-Veränderungen, die durch positronische Steuerbefehle nach Belieben abgerufen und mit neuen GenÄnderungen gekoppelt werden konnten, eine Art flinkes Testprogramm für die einzuarbeitenden Mutationen. Es gehörte einige Kunstfertigkeit dazu, diese Multi-Kodes richtig zu programmieren und an die richtige Stelle einzuarbeiten.
In gewisser Weise ließ sich diese Arbeit mit dem Programmieren einer primitiven Positronik vergleichen. Die Multi-Kodes entsprachen dabei vorprogrammierten Maschinensprachroutinen, die bei Bedarf abgerufen Werden konnten. Um zu funktionieren, mußten sie aber in das Grundprogramm so eingearbeitet werden, daß sie von anderen Programmen nicht überschrieben werden konnten. In der Regel wurden solche Routinen in Speicherbereiche geschrieben, die für im Augenblick nicht benötigte Zwecke gedacht waren und daher überschrieben werden durften, während das eigentliche Programm später in ganz anderen Speicherbereichen abgelegt werden konnte.
Überaus sorgfältig testete der Tizide den Gen-Kode durch, dann war er zufrieden. Die Programmierung der geplanten Mutation konnte beginnen.
Meister Dovhan ließ sich von der Positronik eine Liste der bereits erprobten Gen-Bausteine liefern. Rasch hatte er gefunden, was er suchte. Aus dem Erbmaterial einer simplen Hefezelle hatte er einen Virus-Kode geschaffen, der bei Infizierten für eine vollständige Spaltung der gesamten Geistestätigkeit sorgte, in den er jede Sinneswahrnehmung in einen rationalen und emotionalen Teil aufspaltete und dem Erkrankten nur den rationalen Teil zugänglich machte.
Meister Dovhan lächelte, als er diesen Baustein in sein Erbmaterial einpflanzte. Dieses mutierte Hefevirus hatte sich als ausgesprochen wirksames Verhörmittel erwiesen, mit dem nahezu jedes Lebewesen gesprächig zu machen war. Während sich im Unbewußten des Verhörten die Gefühle aufstauten, vor allem Angst, Schmerz und Wut, blieb es dem wachen Verstand vorbehalten, diesen Sachverhalt leidenschaftslos zu analysieren. Dem Verhörten mußte ziemlich rasch klar werden, daß er bei diesem Verhörverfahren sehr bald an handfesten, psychosomatischen Folgeschäden des Emotionsstaus zugrunde gehen mußte. Der Wille zum Erhalt der eigenen Existenz konnte durch solche Manipulationen nicht ausgeschaltet werden, wohl aber das System von Gefühlswerten, das ein Lebewesen dazu bringen konnte, sich zugunsten einer Sache zu opfern. Folglich waren die Verhörten nur zu bereit, ihre Informationen preiszugeben, und nur die wenigsten waren rational genug, sich selbst klarzumachen, daß sie damit gleichzeitig ihr Todesurteil unterschrieben hatten.
An diesem Tag griff Meister Dovhan auf dieses Kodestück nicht zu Verhörzwecken zurück; er wollte es vielmehr verwenden, um die einzelnen Komponenten des Tiefeneinflusses getrennt untersuchen zu können. Vorsichtshalber verband er den Kode mit einem anderen, der die Wirkung kontrollier- und abrufbar machte.
Ab und zu mußte der Tizide seine Arbeit unterbrechen. Er war sich klar darüber, daß dies wohl das gewagteste Experiment war, das er je an sich durchgeführt hatte, und bei aller Zuversicht in die eigenen Fähigkeiten und die besondere metabolische Leistungsfähigkeit seines Tiziden-Organismus empfand er doch ein wenig Furcht vor diesem Selbstversuch.
Mit allen nur erdenklichen Mitteln versuchte er, einen Fehlschlag so sicher wie möglich auszuschalten. Der größte Teil seiner Arbeit als Gen-Techniker bestand in diesen Stunden der Vorbereitung darin, die experimentellen Kode-Varianten mit Sicherungskodes zu verknüpfen und an die exakt passenden Stellen seines Erbmaterials einzuarbeiten. Es war eine Aufgabe, die Meister Dovhan alle Kunstfertigkeit abverlangte, die er in Jahrzehnten ununterbrochener Forschung gewonnen hatte. Als er den ersten Teil der Arbeit beendet hatte, war
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