1217 - Abenteuer im Grauland
schaltete die Positronik aus, der Bildschirm wurde dunkel. Meister Dovhan stand auf und verließ diesen Teil des Labors. Ein langer Gang führte ihn an anderen Räumen vorbei zu seiner privaten Wohnsektion.
Vom Serviceautomaten ließ sich der Tizide eine Erfrischung und einen ziemlich lieblos zusammengestellten Imbiß liefern. Es gab für den Tiziden jetzt Wichtigeres zu tun, als sich mit Sorgfalt um Speisen und Getränke zu kümmern.
Als Leiter einer - vielleicht der wichtigsten - Forschungsstation war Meister Dovhan recht gut über die jüngsten Entwicklungen informiert Er wußte daher auch, daß dem Grauleben in Gestalt von zwei Personen Gefahr drohte, die sich offenbar als Ritter der Tiefe ausgaben. Unter diesen Umständen war es noch wichtiger als normal, daß er mit seinen Forschungen weiterkam.
Nach der Mahlzeit ging der Tizide zu einem niedrigen Schrank hinüber. Aus seinen reichhaltigen Vorräten wählte er ein hochwirksames Aufputschmittel aus, an dessen Erforschung er maßgeblich beteiligt gewesen war. Die Wirkung ließ nicht lange auf sich warten. Der hagere Körper des Tiziden straffte sich, seine Bewegungen wurden schneller und geschmeidiger.
Meister Dovhan kehrte in das Zentrallabor zurück: Noch einmal ließ er sich die Präparate zeigen, und wieder war seine Reaktion ein mißvergnügtes Knurren.
„So nicht", stellte er fest.
Da ein großer Teil des Problems weniger im Biologisch-Chemischen, sondern mehr im Gebiet der Paraphysik und Psimechanik lag, fühlte sich der Tizide nicht selten überfordert von der Aufgabenstellung. Es zeichnete sich mehr und mehr ab, daß zur Lösung ohne praktische Erprobung nicht auszukommen war, und eben davor schreckte Meister Dovhan zurück. Er würde sich mit den Grauen Lords allerlei Ärger einhandeln, wenn er ein Lebewesen erbrütete, das gegen die segensreiche Form des Graulebens unempfindlich war, vor allem dann, wenn es sich bei diesem Probelebewesen um eine Lebensform handelte, die möglicherweise andere Lebensformen anstecken konnte. Ein Bakterium, das nächstliegende Experimentiergut, das unter Umständen andere mit Grauresistenz infizierte, war für die Tiziden, die auch Gen-Techniker genannt wurden, eine alptraumhafte Vorstellung, desgleichen für die Grauen Lords.
Es sei denn...
Meister Dovhan dachte über Möglichkeiten nach, das Kernproblem zu isolieren und so zu gestalten, daß er es unter allen Umständen unter Kontrolle halten konnte. Ein Selbstversuch war vielleicht die beste Lösung, wie so oft in der Geschichte der Tiziden.
Meister Dovhan zögerte. Vor kurzer Zeit erst hatte er einen neuen Virus an sich erforscht und obwohl er dank der metabolischen Beschaffenheit seines Körpers keine Angst vor wirklich ernsthaften Folgen zu haben brauchte, gefiel ihm der Gedanke dennoch nicht, sich nach so kurzer Erholungszeit schon wieder als Versuchsobjekt einzusetzen.
„Habe ich eine andere Wahl?" murmelte der Tizide. Es sah nicht danach aus, mußte er sich nach gründlicher Prüfung eingestehen.
Meister Dovhan machte sich an die Arbeit. Probiermaterial stand in hinreichender Menge zur Verfügung, stets hielt der Tizide genügend eigene Gewebeproben, Blutvorräte und anderes Material aus seinem eigenen Körper zur Verfügung, um damit experimentieren zu können. Aus diesem Material wählte Meister Dovhan eine Zellkultur aus, die bei entsprechender Stimulation vor allem geistige Fähigkeiten erkennbar werden lassen würde.
„Wie gehe ich vor?"
Die Gen-Techniker, die vor Urzeiten von den RZI ins Tiefenland geholt worden waren, galten als rechte Eigenbrötler, bei einigen Bewohnern der Tiefe waren sie förmlich verrufen, bei anderen wiederum genossen sie den höchsten nur denkbaren Ruf. Aber selbst unter den Tiziden war. Meister Dovhan ein Einzelgänger besonderer Art, und in Ermangelung anderer Gesprächspartner hatte er sich angewöhnt, mit sich selbst zu reden. Die dadurch manifestierte neurotische Tendenz hielt er durch sorgsam entwickelte und angewandte corticotrophe Medikamentation unter Kontrolle.
Aufmerksam studierte er das Bild auf dem Bildschirm; was er zu sehen bekam, waren Ausschnitte aus seiner eigenen Erbsubstanz, allerdings nicht in der Form, in der sie bei seiner Geburt vorhanden gewesen Waren. Jahrzehnte einer erfolgreichen Forschung hatten den Gen-Kode des Tiziden immer wieder geändert, vom Ursprungsmaterial waren nur noch Ausschnitte vorhanden, der größte Teil dieser Änderungen war ziemlich sinnund nutzlos, Experimente, die
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