1218 - Dämonenflucht
gezeigt. Ob aus Taktik oder weil er nicht anders konnte, das war van Akkeren unklar. An Sinclair hatte es nicht liegen können, denn der war waffenlos. Er hätte eigentlich längst ein Vampir sein müssen, wenn es nach Plan gelaufen wäre, doch er hatte es tatsächlich geschafft, Mallmanns neue Begleiterin, Justine Cavallo, zu überlisten. Eine Frau wie aus dem Bilderbuch. Blond, schön und sexy. Aber zugleich auch eine Blutsaugerin und von einem wahnsinnigen Durst nach dem Lebenssaft der Menschen getrieben. Sie hätte Sinclair leer saugen sollen, doch auch das war ihr nicht gelungen, und so musste van Akkeren seine erste schwere Niederlage eingestehen. Es wäre so gut gelaufen. Er hatte Mallmann die Templer im Kloster überlassen wollen. Als Vampire hätten sie sich später auf van Akkerens Seite geschlagen und dem großen Dämon Baphomet gedient. An dieser Armee wäre keiner vorbeigekommen.
Jetzt war alles anders geworden, denn auch der König der Vampire ließ sich nicht mehr blicken.
Der Grusel-Star gab zu, wieder ganz von vorn anfangen zu müssen. Er musste wieder zurück in das normale Leben kommen und seine verdammte Flucht beenden. Er wollte kein Getriebener sein, sondern jemand, der trieb. Momentan sah es nicht so gut aus.
Es war nicht mal die Zeit, um sich Visionen hinzugeben. Er musste wirklich von vorn anfangen, und er musste akzeptieren, dass in ihm mehr steckte als nur die Seele eines Menschen, denn zugleich hatte Baphomet bei ihm das Zeichen gesetzt und sich für ihn entschieden, auch durch seinen Geist.
Bei diesem Gedanken spürte er Hitzewallungen. In seinem Innern schien es zu brennen. Er merkte, dass sich die andere Seite wieder freie Bahn verschaffen wollte. Die Unruhe steigerte sich bei ihm, aber er stand nicht auf.
Stattdessen fuhr er mit den Händen durch sein Gesicht. Hinter der Haut spürte er die Schmerzen, die dafür sorgten, dass er sich auch äußerlich veränderte. Wieder beulte sich die Haut an seiner Stirn aus, sodass zwei Hörner entstanden. Nicht so lang und so spitz wie bei Baphomet und auch nicht so stark gekrümmt, aber sie waren vorhanden.
Van Akkeren sah es positiv. Der andere ließ ihn nicht im Stich. Er war noch bei ihm. Der Geist blieb im Körper, und mit einem heftigen Ruck stand van Akkeren auf. Er wollte nicht auf dem Friedhof bleiben. Den Plan, sich an den Templern zu rächen, hatte er noch immer nicht aufgegeben, und er dachte auch daran, ihnen einen besonderen Gegenstand wegzune hmen. Und zwar den Knochensessel, der ihn fasziniert hatte. Für ihn wäre es eine besondere Freude und ein großer Triumph gewesen, ihn in die Hände zu bekommen, denn er bestand aus dem Knochengerüst des letzten Templer-Führers, der auf der Ile de la Cite verbrannt worden war.
Nicht sein Skelett.
Van Akkeren wusste, dass besondere Kräfte in ihm wohnten, die er gern für sich genutzt hätte.
Mit diesen Gedanken ging er über den Friedhof. Eine einsame Gestalt, die trotzdem bei einem Beobachter kein Mitleid geweckt hätte, sondern eher Furcht und Unbehagen.
Er schaute sich die Gräber an. Er hasste sie plötzlich. Am liebsten hätte er sie zertreten. Er sah die verdammten Kreuze, er sah die Figuren, er dachte an all die angeblichen Gerechten, die in der Erde lagen und letztlich nichts anderes waren als nur verfluchte Heuchler.
Sein Gehör nahm etwas wahr. Er hörte den Schlag über sich.
Es war wie ein Windhauch oder Windstoß, der plötzlich gegen den Kopf und den Nacken wehte.
Zwischen zwei Gräbern blieb der Grusel-Star stehen und schaute in die Höhe.
Am Himmel bewegte sich etwas. Es sah aus, als hätte jemand einen Lappen in die Höhe geworfen, um ihn fliegen zu lassen.
Aber der Lappen besaß eine besondere Form, denn zwischen seinen Schwingen malte sich ein Kopf ab.
Die Riesenfledermaus schwebte über den Friedhof hinweg, und van Akkeren wusste sehr wohl, wer sich dahinter verbarg.
Es blieb nicht nur beim Fliegen und Beobachten, schon bald senkte sich das Wesen und schien mit dem dunklen Boden eins zu werden.
Van Akkeren ging nicht weiter. Wenn der Andere etwas von ihm wollte, würde er auch kommen.
Und so war es.
Es sah schon unheimlich aus, was in den folgenden Sekunden geschah. Über den dunklen Friedhofsboden bewegte sich eine ebenfalls dunkle Gestalt, die jedoch keine richtigen Umrisse erhalten hatte. Auch dort schien ein Teppich von einer Seite zur anderen zu schwingen, aber dieser Teppich oder dieses ungewöhnliche Laken faltete sich plötzlich zusammen, wurde
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