1218 - Dämonenflucht
nicht, aber allein der Schrei konnte schon das Blut in den Adern gefrieren lassen.
Ich schoss nach vorn. Den Gral hielt ich mit beiden Händen fest. Er musste in diesem Fall mein Kreuz und auch die Beretta ersetzen. Ich vertraute ihm voll und ganz, erreichte die Schwelle zum Schlafraum des Abbé und sah mich einer grauenvollen Szene gegenüber.
Drei Personen hielten sich im Zimmer auf!
Van Akkeren in seiner widerlichen und unnachahmlichen Präsenz. Dämon, Mensch und Monster zugleich. Er stand neben dem Bett und hatte seinen rechten Arm ausgestreckt. Die Hand war zur Faust geballt. Genau dieses Zeichen sagte mir, dass er der Sieger war.
Nicht weit von ihm entfernt stand Godwin de Salier. Nur noch ein Schatten seiner selbst. Eine schwankende Gestalt, die ebenfalls ihre Arme erhoben hatte. Beide waren flehend gen Himmel gereckt, der in diesem Fall die Zimmerdecke war.
Auf dem Bett lag der Abbé!
Stumm und regungslos. Wie dahindrapiert. Ich hörte ihn weder atmen noch stöhnen.
»Du hast ihn umgebracht! Du hast ihm das Genick gebrochen! Er ist tot! Der Abbé ist tot…!«
De Salier heulte die Worte heraus, denn er war nicht mehr in der Lage, etwas normal zu sagen. In seinen Worten schwang die Verzweiflung mit, die ihn durchtoste, und zugleich eine Hilflosigkeit, die auch mich hart erwischte.
Ich spürte, dass etwas wie ein feuriger Strahl durch meinen Körper fuhr, aber es war jetzt nicht die Zeit, darüber näher nachzudenken, denn es ging um van Akkeren.
Ihn allein wollte ich!
Mit einem großen Schritt ging ich vor. Es war ausgerechnet der Grusel-Star, dessen Aufmerksamkeit ich durch diese Bewegung erregte. Er hob den Kopf und drehte ihn zugleich etwas zur Seite. Im zuckenden Lichtschein erschien sein dämonisches Gesicht wie eine Maske, die das Jenseits blitzschnell verlassen hatte.
Er schaute mich an. Er wollte das siegessichere Grinsen aufsetzen, das aber zerbrach bereits im Ansatz, denn er hatte gesehen, was ich zwischen meinen Händen hielt.
Plötzlich bestand die untere Hälfte des Gesichts nur noch aus Maul. Wieder gellte mir ein fürchterlicher Schrei entgegen, der sich jedoch anders anhörte als der des Templers.
Ich spürte, wie sich der Gral in meinen Händen erwärmte. Ich sah plötzlich, dass Feuer als Zungen über seinen Boden huschten, und einen Augenblick später stieg die Flamme in die Höhe.
Van Akkeren sprang hoch. Seine dämonische Fratze hatte sich in einer irren Angst verzerrt. Er musste die Macht des Grals spüren, die sich über Jahrhunderte aufgebaut hatte.
Ich wollte van Akkeren.
Aber ich kam zu spät.
Van Akkeren warf sich einfach herum und stand plötzlich vor der Tür, die er mit einem gewaltigen Schwung aufriss.
Aus der Öffnung des Kelchs schoss die lange Flamme hervor.
Sie verfolgte ihn, aber sie war nicht schnell genug. Van Akkeren gelang die Flucht. Er rammte noch die Eingangstür auf, auf dessen Schwelle ich ihn für einen Moment wie eine tanzende Gestalt sah, die noch mal die Arme in den Himmel riss, als wollte sie ihm drohen.
Im nächsten Augenblick hatte ihn die Dunkelheit der Nacht verschluckt. Wenig später passierte mir das Gleiche, aber da war van Akkeren schon nicht mehr zu sehen. Der Teufel hatte ihn im letzten Augenblick die Hand gereicht und ihn gerettet.
Er war geflohen. Aber eines stand fest. Zu jeder Flucht gehörte auch eine Wiederkehr, und damit mussten wir bei van Akkeren immer rechnen…
***
Ich blieb noch draußen stehen und hielt den Gral zwischen meinen Händen fest. Ich roch die Luft, ich genoss den Wind auf meinem schweißnassen Gesicht und hatte jetzt erst die Gewissheit, dass dieser Fall abgeschlossen war.
Van Akkeren hatte seinen ersten Auftritt gehabt und sein Ziel nicht ganz erreicht. Trotzdem war etwas Schreckliches geschehen, denn ich hatte die Szene im Schlafzimmer nicht vergessen. Besonders den reglosen Abbé auf dem Bett, und jetzt erinnerte ich mich auch wieder an das schreckliche Geräusch, das ich nach meiner Rückkehr gehört hatte.
Mit einer müden Bewegung drehte ich mich um. Mit langsamen Schritten betrat ich das Kloster. Es hatte sich etwas verändert. Ich sah die anderen Templer hier unten oder auf der Treppe stehen. Es roch nach geweihtem Wasser. Die Männer hielten noch die Gefäße in ihren Händen.
Niemand sprach mich an. Selbst der Gral interessierte sie nicht. Sie alle schauten auf die offene Tür zum Zimmer des Abbé, aus dem Laute drangen, die mich ins Mark hinein trafen.
Ich ging den Weg trotzdem. Der
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