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1227 - Verschollen im Mittelalter

1227 - Verschollen im Mittelalter

Titel: 1227 - Verschollen im Mittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Smith
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auf Schneckentempo verlangsamte, könnte man mit deren Hilfe in die Vergangenheit reisen. Licht verzerrt die Raumzeit. Je langsamer das Licht, desto stärker die Raumzeit-Krümmung. Um Licht von seiner Geschwindigkeit von 299792,458 Kilometer pro Sekunde auf wenige Meter pro Sekunde abzubremsen, müsste man es auf eine Temperatur von minus 273 Grad Celsius abkühlen. Nelson hatte eine Möglichkeit entdeckt, wie dies zu bewerkstelligen war: Man musste das zirkulierende Licht nur durch ein extrem kühles Bad aus Atomen schicken, ein so genanntes Bose-Einstein-Kondensat, das schon 1925 von Einstein vorausgesagt, aber erst 1995 experimentell hergestellt worden war. Das Bose-Einstein-Kondensat war einer der fünf bekannten Zustände von Materie. Unter dem zum Kreis gekrümmten Laserlicht wäre eine Zeitreise möglich. Allerdings hatte Nelson bislang keine Ahnung, wie er an die Laser und das Atombad gelangen könnte…
    Er schlang den letzten Rest seines Brötchens hinunter, klappte seine Kladde zu und stand auf. Mittlerweile war der Frühstückssaal zur Hälfte gefüllt. Er entdeckte Judith, die mit zwei Mädchen am Fenster saß und gerade in ein Hörnchen biss. Sie wandte ihm den Rücken zu. Eines der Mädchen beugte sich zu ihr hinüber und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Daraufhin drehte sich Judith um und blickte in seine Richtung. Nelson tat so, als bemerke er sie nicht, und verließ eilig den Raum.
    Im Sekretariat empfing ihn die immer freundliche Frau Kodiak mit einem strahlenden Lächeln. »Na, Nelson, so früh schon auf den Beinen? Was kann ich für dich tun?«
    »Hallo, Frau Kodiak«, antwortete Nelson und gab sich Mühe, ebenso zu strahlen. »Ist es möglich, die Bewerbungsbögen von vor drei Jahren einzusehen?«
    Die Sekretärin blickte ihn überrascht an. »Na, das musst du mir aber erklären.«
    »Professor Winkeleisen hat uns gestern von einem Schüler erzählt, der vor zwei Jahren spurlos verschwunden ist. Ich glaube, dass ich ihn kenne. Und da dachte ich, wenn Sie ein Foto von ihm hätten oder…«
    »Na, du meinst sicher den Levent«, entgegnete Frau Kodiak. »Traurige Geschichte damals. Und höchst mysteriös.« Sie gab sich einen Ruck. »Na, eigentlich darf ich das ja nicht, wegen des Datenschutzes. Aber in diesem Fall kann ich wohl eine Ausnahme machen. Wer weiß, ob er überhaupt noch…« Sie brach unvermittelt ab.
    Kopfschüttelnd stand sie auf und schlurfte in den hinteren Teil ihres Büros, wo sich die Aktenschränke bis zur Decke streckten. Sie zog mehrere Schubladen auf, murmelte unverständliche Sätze und kam nach einigen Minuten mit einem blassgelben Ordner zurück. »So, dann wollen wir doch mal sehen, ob…« Sie setzte sich, blätterte einige Seiten um und – »… hier ist er ja, Levent Atasayar, aufgenommen am… Moment, ich hab’s gleich.« Sie entnahm dem Ordner eine dünne Mappe und reichte sie Nelson rüber. »Wenn du einen Blick darauf werfen willst… Aber beeil dich, du weißt ja, eigentlich…«
    Das Foto, das auf der Innenseite des Einbands klebte, war ein Schnappschuss. Es zeigte einen Jungen mit langen, rabenschwarzen Haaren, der vor einem Computer saß und den Fotografen mit einer Mischung aus jähem Erstaunen und Verärgerung ansah, während seine Finger wie erstarrt über der Tastatur schwebten. Seine Augen waren sehr dunkel, die Brauen darüber hochgezogen und die Stirn in Falten gelegt. Levent hatte ein schmales Gesicht, mit einer großen Nase und einem spitzen Kinn. Auf dem Foto sah er älter aus als zwölf.
    Nelson überflog die wenigen Seiten und prägte sich ihren Inhalt ein. Er erfuhr, dass Levents Mutter aus der Türkei stammte, ihren Sohn kurz nach der Geburt in einem deutschen Krankenhaus zurückgelassen und sich mit unbekanntem Ziel aus dem Staub gemacht hatte. Alle Anstrengungen, ihren Aufenthaltsort, Levents Vater oder weitere Angehörige zu ermitteln, waren im Sande verlaufen. Levent war in einem Waisenhaus aufgewachsen, wo man seine außergewöhnlichen Begabungen erst spät entdeckte und dafür sorgte, dass der Junge im Alter von elf Jahren dank eines Stipendiums seine Schulbildung im Internat Burg Rosenstoltz fortsetzen konnte. Das Stipendium war ihm vom Max-Planck-Institut für Quantenphysik verliehen worden, wo er, wie aus den Unterlagen hervorging, in der Folgezeit mehrere Praktika absolviert hatte.
    Nelson klappte die Mappe zu und reichte sie Frau Kodiak zurück. »Und?«, fragte sie.
    Nelson schüttelte den Kopf. »Ist wohl ein anderer«, sagte er und

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