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1227 - Verschollen im Mittelalter

1227 - Verschollen im Mittelalter

Titel: 1227 - Verschollen im Mittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Smith
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zwischen den Büschen hindurch angaffte wie eine Erscheinung. Er stand völlig reglos da, in seinen Augen ungläubige Angst, sein Mund halb geöffnet wie zu einem stummen Schrei. Es war eine gespenstische Situation, aus der er sich zu befreien suchte, indem er ganz ruhig seine Sachen zusammenklaubte und in den Beutel stopfte, das Feuer löschte und sich freundlich grüßend auf den Weg machte, als habe er Situationen wie diese schon unzählige Male erlebt.
    Er ging betont langsam und blickte sich mehrmals um, doch der Bauer folgte ihm nicht. So fühlte er sich schon in Sicherheit, als er kaum eine Stunde später plötzlich Pferdegetrampel hörte, das sich rasend schnell näherte. Er befand sich auf freiem Feld und rannte blind los, ein dummer Fehler, wie sich herausstellen sollte, schließlich hätte er sich noch verstecken können, bevor ihn die Reiter entdeckten. So war es ein Leichtes für sie, ihn einzuholen und zu umkreisen. Es waren sechs Ritter auf riesigen Schlachtrössern. Sie trugen keine Helme, aber Schwerter und Kettenhemden, auf denen ein schwarzes Kreuz prangte.
    Einer fragte ihn schroff, wer er sei, was er in dieser Gegend suche und warum er vor sechs ehrenwerten Rittern fliehe, wenn er nichts zu verbergen habe.
    Er stellte sich, wie er es Dutzende Male zu Hause geprobt hatte, als Laurentius von Byzanz vor, ein Spielmann, der auf dem morgen beginnenden Turnier die Gesellschaft feinfühliger Edelleute suche, die seine Kunst zu schätzen wüssten und begierig seien, jene Neuigkeiten zu erfahren, die er auf seinen Reisen gesammelt habe. Zur Bekräftigung seiner Worte, die keinerlei Wirkung zeigten, holte er seine Laute hervor und spielte einige Akkorde, die jedoch schief klangen, weil sich die Saiten im kalten Flusswasser verstimmt hatten.
    Daraufhin riss ihm der Ritter die Laute aus der Hand, packte ihn und warf ihn wie einen nassen Sack quer übers Pferd. Dann preschten sie mit ihm los, als sei der Teufel hinter ihnen her.
    Im nächsten Dorf hielten die Reiter vor dem prächtigsten der ansonsten eher armseligen Häuser und schickten nach dem Hausherrn.
    Als dieser endlich auftauchte – es war der Hagere –, begab sich der Wortführer der Ritter mit ihm außer Hörweite und ließ den Gefangenen bei seinen Kumpanen zurück. Jetzt, da er ihnen nah war, sah er, dass das schwarze Kreuz von zwei Schlangen gebildet wurde, die je zwei Köpfe besaßen. Einer der Ritter wies ihn wortlos an, sich auf den lehmigen Boden zu setzen, wo er reglos verharrte, bis seine Richter zurückkamen. Sie hatten entschieden, ihn in die nächste Stadt zu bringen, wo sie ihn zu dem Alten in den Stall sperrten.
    Zu diesem Zeitpunkt war er noch überzeugt gewesen, dass sich bald alles aufklären würde. Denn er hatte ja nichts weiter verbrochen, als vor sechs Furcht erregenden Rittern zu fliehen. So dachte er.
    Jetzt aber, da er auf diesem Platz stand, wo sich sein Schicksal entscheiden sollte, umringt von Menschen, die nichts sehnlicher herbeisehnten als seinen Tod, begann er zu ahnen, dass ihm eine Gedankenlosigkeit zum Verhängnis werden sollte.

10
     
     
     
    »Der achtzehnte August zwölfhundertsiebenundzwanzig.«
    Luk lehnte sich auf dem Sofa zurück. »Ich erinnere mich an dieses Datum. Oder war es der neunzehnte August? Professor van der Saale hat mit uns eine mittelalterliche Handschrift übersetzt, die in der Burgbibliothek aufbewahrt wird. Ein Mönch namens Benedikt singt darin das Hohelied auf Burg Rosenstoltz, die im Sommer des Jahres zwölfhundertsiebenundzwanzig nach fünfjähriger Bauzeit fertiggestellt worden ist. Fürst Balduin von Rosenstoltz, ein Vertrauter Friedrichs II. lud daraufhin sämtliche Herzöge, Fürsten und Grafen sowie sonstige Edelleute nebst Gefolge in sein neues Heim, um dessen Glanz in aller Gebühr zu feiern. Zu Ehren Kaiser Friedrichs II. der, so schreibt jedenfalls Mönch Benedikt, höchstselbst zugegen war, veranstaltete man ein Ritterturnier, das alle bis dato bekannten in den Schatten stellte. Die stärksten und mutigsten Recken seien gegeneinander angetreten und die edelsten Damen hätten die Heldentaten der Ritter durch ihre Anwesenheit geadelt. Drei Tage habe das Turnier gedauert, aber einen ganzen Monat lang habe man gefeiert, um den Burgherren von Rosenstoltz und seinen Gönner Friedrich hochleben zu lassen. Nebenbei bemerkt – Professor van der Saale hält diese Angaben für maßlos übertrieben. Schließlich hätten die hohen Herrschaften standesgemäß bewirtet werden wollen und

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