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1227 - Verschollen im Mittelalter

1227 - Verschollen im Mittelalter

Titel: 1227 - Verschollen im Mittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Smith
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Flüssigkeit war warm und schmeckte bitter. Nach wenigen Sekunden wurde ihm so schwindelig, dass er niedersank und sich nicht mehr rühren konnte. Der Mönch beugte sich über ihn. Sein gütiges Lächeln war zu einer hässlichen Fratze verzerrt. Aus winzigen Augen funkelte er ihn böse an. »Soso, mein Bürschchen, jetzt wirst du erfahren, was es heißt, den guten Benedikt zu bestehlen.« Kaum hatte er das gesagt, zückte er ein Messer und schnitt Nelson die rechte Hand ab. Der starrte ungläubig auf den Stumpf und wunderte sich, dass er keinerlei Schmerzen verspürte. Nur ein Kribbeln oberhalb des Stumpfs, ein penetrantes, nerviges Kribbeln…
    Nelson wachte davon auf. Erleichtert stellte er fest, dass seine rechte Hand noch dran war. Das Kribbeln rührte von seiner Vibrationsuhr, die ihm bedeutete, dass die Nacht für ihn vorüber war.
     
     
    Wie, um alles in der Welt, hatte es Levent geschafft, das Bose-Einstein-Kondensat unbemerkt aus dem Laboratorium zu schmuggeln?, dachte Nelson, als der Computer hochfuhr. Erst vor wenigen Jahren hatten die US-Physiker Carl Wieman und Eric Cornell und wenig später der deutsche Physiker Wolfgang Ketterle in Experimenten nachgewiesen, dass es neben den Materie-Zuständen fest, flüssig, gasförmig und Plasma einen weiteren, fünften Zustand gab, den man nach den Grundlagenforschern, dem indischen Physiker Satyendra Bose und dem Jahrhundertgenie Albert Einstein, Bose-Einstein-Kondensat genannt hatte. Die ultrakalten Atome waren für jeden Physiker von unschätzbarem Wert. Schließlich bedurfte es einer speziellen Kühltechnik, um die Atome auf nahezu minus 273,15 Grad, den absoluten Nullpunkt, herunterzukühlen – viel, viel kälter als die niedrigste Temperatur, die im Weltraum herrschte.
    Der Verlust des Kondensats einschließlich der Kühlapparatur war den Forschern des Max-Planck-Instituts sicher nicht verborgen geblieben. Auf Burg Rosenstoltz jedoch hatte niemand ermittelt, sonst hätte dies sicher die Runde gemacht und wäre mittlerweile auch Nelson zu Ohren gekommen.
    Vielleicht war Levent als Täter nur aus dem Grund nicht in Frage gekommen, weil man einem Zwölfjährigen eine solche Tat nicht zutraute?
    Nelson begann den Datenmüll abzutragen. Jeder Anwender hinterlässt eine Vielzahl von Spuren, die man jedoch unter einem Berg von gelöschten Objekten und Befehlen erst freilegen muss, was seine Zeit dauert. Zur Vorsicht hatte Nelson alle Verbindungen zu den Laserkanonen gekappt, schließlich verspürte er wenig Lust, unvorbereitet in irgendein unzivilisiertes Zeitalter zu schlittern.
    Nelson arbeitete hoch konzentriert und nach knapp drei Stunden schaltete er den Computer erschöpft aus. Er hatte gefunden, was er suchte. Er war nun sicher, jenen Weg entdeckt zu haben, auf dem sie Levent ins Mittelalter würden folgen können.
     
     
    »Der Rechner also. Wie wir vermutet haben.« Sie saßen auf Judiths Flokatiteppich und ließen eine Flasche Absinth kreisen, die Luk von seiner älteren Schwester Paula, ebenfalls Schülerin auf Burg Rosenstoltz, geschenkt bekommen hatte. Das giftgrüne Zeug in ihren Gläsern schmeckte etwas eklig, aber zunehmend entfaltete es seine berauschende Wirkung, die die Stimmung beflügelte und Nelsons Müdigkeit wenigstens für den Moment verscheuchte.
    »Du glaubst also« – Judith kicherte unvermittelt – »dass Levent heim wollte, Madonna aber nicht mitspielte, Levent deshalb wieder ausstieg und mit ansehen musste, wie sich seine tolle Maschine zeitverzögert ohne ihn in Gang setzte?«
    Nelson nickte und genehmigte sich noch einen Schluck, bevor er antwortete. »So oder so ähnlich könnte es gewesen sein. Der Rechner ist zu langsam. Das wird bei der Hinreise noch kein Problem gewesen sein. Aber aufgrund der ungeheuren Menge an Energie, die die Zeitmaschine bei der Ankunft bereits verbraucht hatte, schaltete der Rechner später automatisch auf Sparbetrieb um und befolgte Levents nächsten Befehl zeitversetzt. Ob Levent zusehen musste, wie sein Rückflug ohne ihn startete, oder den Verlust erst später bemerkt hat – keine Ahnung. Ist wohl auch nicht so wichtig.«
    »Du bist aber sicher, dass die Zeitmaschine an sich funktioniert?«, fragte Luk, dessen Gesicht allmählich die Farbe des Absinths annahm.
    »Absolut sicher.«
    Stille fiel ins Zimmer, tiefer als ein Bergsee. Jeder von ihnen wusste, was Nelsons Schlussfolgerung bedeutete. Was nun bevorstand, jagte allen dreien Angst ein. Aber ein Rückzieher kam nicht in Frage.
    »Wann?«,

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