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1227 - Verschollen im Mittelalter

1227 - Verschollen im Mittelalter

Titel: 1227 - Verschollen im Mittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Smith
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gegen das Gatter.
    Nelson spürte so etwas wie ein schlechtes Gewissen. Levents wegen. In seinem Traum hatte er ihn im Stich gelassen. Er war verbrannt, ohne dass er ihm hatte helfen können. Wenn er doch bloß wüsste, was es mit dem fetten Mönch auf sich hatte! In seinen Träumen war er ihm schon zum zweiten Mal begegnet. Und beide Male hatte er das Gefühl gehabt, dass sie sich von irgendwoher kannten.
    Als er sich umdrehte, blickte er in das schlafende Gesicht Judiths. Sie lag keinen halben Meter von ihm entfernt. Er widerstand der Versuchung, näher zu rücken und sie zu berühren.
    Plötzlich schlug sie die Augen auf und sah ihn an, als ob sie schon lange wach wäre. »Hi, Captain«, flüsterte sie.
    »Hi«, antwortete er. Warum konnte sie ihn nicht einfach Nelson nennen?
    »Wie spät ist es?«
    »Hab meine Uhr in der Zukunft vergessen«, sagte er und verzog sein Gesicht zu einem schiefen Grinsen.
    »Ach ja.«
    Der Hahn krähte erneut und Luk setzte sich ruckartig auf. »Wo sind wir?«, fragte er schlaftrunken und starrte sie mit zerknittertem Gesicht und aufgerissenen Augen an.
    »Im Stall zu Bethlehem«, entgegnete Judith und grinste.
    Luk seufzte, schloss die Augen und rutschte tiefer ins Stroh. »Ich hab geträumt…«, seufzte er.
    »Du kannst unterwegs weiterträumen«, erklärte Nelson bestimmt und rüttelte an ihm. »Auf! Wir müssen los!«
     
     
    Als sie wenig später hinaustraten, lugte die Sonne gerade über die wellige Linie des Horizonts. Die Luft war so klar, dass sie kilometerweit blicken konnten. Vögel zwitscherten in den Bäumen, deren Äste sich bedächtig im Morgenwind wiegten, und nicht weit von ihnen entfernt stromerte ein räudiger Hund übers Feld.
    Ihr Gastgeber war bereits auf den Beinen. Mit einer riesigen Sense fuhr er durchs hohe Gras, weit ausholend und mit gleichmäßigem Schwung, wie das Pendel einer Uhr. Er bemerkte sie nicht – oder er wollte sie nicht bemerken. Ohne innezuhalten fuhr er in seiner Arbeit fort. Auch als sie an ihm vorbei um die Wiese herum Richtung Fluss liefen und ihm zuwinkten, reagierte er nicht.
    Am Ufer trafen sie auf den alten Fährmann, der ihnen entgegensah, als hätte er sie schon erwartet. »Ihr seid spät dran an diesem wunderschönen Morgen«, begrüßte er sie denn auch. »Hattet ihr eine bequeme Nacht?«
    Während er sie übersetzte, berichteten sie ihm, was sie bei ihrer Ankunft im Dorf erlebt hatten.
    »Sie haben ihn aufgegriffen«, teilte ihnen der Fährmann mit. »Der Gehilfe des Abdeckers hat’s mir vorhin erzählt. Der Dämon hat versucht sich in einen Falken zu verwandeln. Aber seine Häscher waren schneller.«
    »Und wo haben sie ihn hingebracht?«, fragte Judith, die sich diesmal besser im Griff hatte.
    Der Fährmann zuckte mit den Schultern. »Wer weiß? Vielleicht haben sie ihn sofort verbrannt«, antwortete er lapidar. Er machte am Ufer fest und erbat sich zum Abschied ihren Segen. »Das Böse lauert derzeit überall«, flüsterte er. »Nur Gott kann uns schützen.«
    Sie folgten dem Weg, den sie am Vortag gegangen waren, und gelangten nicht weit vom Katakombeneingang entfernt auf einen Trampelpfad, der sich mit dem Fluss durch die üppig bewachsene Landschaft schlängelte.
    »Wie einsam es hier ist«, murmelte Nelson.
    »Fast unheimlich, diese Stille«, stimmte ihm Luk zu.
    Der Fluss mäanderte um jenen Hügel herum, auf dem in ihrer ganzen Pracht Burg Rosenstoltz thronte. Irgendwann kreuzte der Pfad einen Weg, der geradewegs zur Burg hinaufführte. Hier trafen sie das erste Mal auf Menschen. Sie hatten dasselbe Ziel wie sie. Ein Ochsenkarren, der schwere Eichenfässer geladen hatte, überholte sie mühsam, und wenig später sprengten zwei Ritter heran, die sich in gestrecktem Galopp Derbheiten an den Kopf warfen, ohne von den drei jungen Mönchen Notiz zu nehmen.
    »Wahnsinn!«, stieß Nelson aus. »Die halten sich noch nicht einmal fest. Und ihre Pferde… Das sind gar keine Pferde, das sind…«
    »Brabanterhengste«, bemerkte Judith trocken. »Kaltblüter. Groß, stark, schnell und schön. Wie Männer eben sein sollten.« Dabei maß sie ihre Freunde mit einem Blick, der besagte, dass sie all diese Eigenschaften nicht besaßen.
    Der Weg wurde steiler und verjüngte sich zusehends. Bald war der Pfad so schmal, dass nur noch zwei Fußgänger nebeneinander Platz fanden. Judith lief vorneweg, Luk und Nelson folgten. Auf der Mitte des Hügels knickte der Weg nach rechts ab und beschrieb einen weiten Bogen hoch zur Burg. Nelson

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