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1227 - Verschollen im Mittelalter

1227 - Verschollen im Mittelalter

Titel: 1227 - Verschollen im Mittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Smith
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Dämon eingefangen haben, können wir dann wirklich sicher sein, dass er nicht wieder entkommt?«
    »Da könnt ihr gewiss sein«, entgegnete ihr Gastgeber. »Alpais und seine Gefolgsleute werden den Antichristen – wenn sie ihn nicht auf der Stelle erledigen – im Verlies der neuen Burg festketten, von wo es, wie allerorts zu hören ist, kein Entrinnen gibt.« Er nickte ihnen noch einmal zu und ließ sie allein.
    Das Innere des Verschlags lag im Halbdunkel. Es stank nach Jauche. Hinter einem Gatter quiekte ein Schwein. Auf dem Querbalken an der Decke hockte eine Reihe Tauben, die aufgeregt mit den Flügeln schlugen. Eine erleichterte sich platschend.
    »Flugratten!«, presste Luk angewidert hervor.
    Sie warfen sich ins Stroh.
    »Kannst du mir mal erklären, was das eben sollte?«, zischte Nelson. Sein Zorn war noch immer nicht verraucht.
    »Na, wo habe ich bloß wieder meine Gedanken gehabt?«, antwortete Judith spitz. »Wie gut, dass mein Captain für mich mitdenkt – nicht auszudenken, was sonst aus mir würde…«
    »Lass den Mist«, schnaubte Nelson. »Wenn er Verdacht geschöpft hat, dann gnade uns Gott!«
    »Wohl zu viele Thriller gelesen, mein Guter«, erwiderte Judith und schloss demonstrativ die Augen.
    Sie schwiegen sich eine Weile an. Plötzlich mischten sich Stimmen in die Stille. Sie kamen von jenseits der Wand, die ihren Stall vom Wohnhaus trennte. Nelson legte das Ohr ans Gemäuer.
    »Irgendetwas stimmt nicht mit ihnen«, hörte er ihren Gastgeber sagen. »Schau sie dir doch bloß mal an.«
    »Was meinst du?«, fragte eine Frauenstimme.
    »Frau, bist du blind? Sie sind zu groß für ihre jungen Gesichter.«
    »Britannien ist weit. Dort mögen die Menschen schneller wachsen.«
    »Aber sie geben sich als Mönche aus. Und sind nicht älter als Novizen.«
    »Das kannst du nicht wissen, Mann.«
    »Der Antichrist könnte auch in ihnen wüten«, beharrte ihr Gastgeber. »Warum, glaubst du, säen sie Zweifel an Rainalds Bericht?«
    »Haben sie nicht uns und unser Dorf gesegnet?«
    »Ich weiß, ich weiß. Aber hast du gesehen, wie er an seinem Essen würgte? Als ob der Dämon…«
    »Ruhig, Mann«, unterbrach ihn die Frau. »Wenn der Antichrist von ihm Besitz ergriffen hätte, wäre er dann nicht schon längst über uns hergefallen?«
    Eine Antwort blieb er ihr schuldig.
    Die Freunde lauschten noch eine Weile, doch es blieb still.
    »Tut mir Leid«, flüsterte Judith, die endlich einsah, dass sie sich zu weit vorgewagt hatte. »Es war nur wegen… Wenn Levent… Diese Leute glauben doch an den ganzen Mist! Ich hätte nie gedacht, dass… Stellt euch doch bloß vor, wenn sie ihn…« Sie brach ab und schüttelte den Kopf.
    Nelson blickte hinauf zu den Tauben, die jetzt friedlich vor sich hin gurrten. Er versuchte die Gedanken, die sich seiner bemächtigen wollten, wegzuwischen. Das, was Judith andeutete, mochte er sich einfach nicht vorstellen. Er atmete tief durch. »Wir müssen zur Burg«, flüsterte er. »So schnell wie möglich. Irgendwann wird Levent dort auftauchen. Wenn sie ihn noch nicht gefunden haben, werden sie in der Burg auf ihn warten. Vielleicht kommen wir ja noch rechtzeitig und können ihn warnen.«

14
     
     
     
    In dieser Nacht hatte Nelson einen wirren Traum. Eine Scheune brannte und er stand mittendrin. Die Flammen züngelten nach ihm, aber er konnte sich nicht rühren. Es war, als wäre er mit dem Boden der Scheune verwurzelt. Die Hitze war unerträglich, der Rauch nahm ihm den Atem, seine Haut spannte wie die vertrocknete Rinde eines sterbenden Baumes. Auf seiner Schulter spürte er etwas Schweres, das ihn tiefer in den Boden zu drücken schien. Er sah hinauf und blickte in das angstverzerrte Gesicht Levents, dessen lange, schwarze Haare bereits lichterloh brannten. In diesem Moment stürzte krachend das Dach über ihnen ein und wirbelte einen Sturm aus Funken, Staub und Rauch auf. Als sich der Nebel gelegt hatte, tauchte plötzlich der feiste Mönch aus seinem letzten Traum auf und grinste ihn böse an. »Der Antichrist ist tot, das Feuer hat seine Seele geläutert«, zischte er. Erst jetzt bemerkte Nelson, dass die Last von seiner Schulter abgefallen war. Er fühlte sich mit einem Mal leicht. So leicht, dass er sich vom Boden löste und in den mondbeschienenen Nachthimmel davonschwebte…
     
     
    Schweißnass wachte er auf. Irgendwo krähte ein Hahn. Licht fiel durch die Ritzen der Bretterwand und streute dünne, gelbe Streifen aufs Stroh. Das Schwein grunzte aufgeregt und trat

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